Dinner für eine Leiche
er säuerlich hinzu.
Steve schaute sie erwartungsvoll an. »Und?«
Obwohl Gloria leicht beschwipst war, schaute sie ebenfalls erwartungsvoll, wenn auch durch einen Sherry-Nebel. »Na, Hannah, mach schon, Liebes, raus damit!«
»Das Fleisch. Nur darum ging es.« Sie wandte sich Steve zu. »In Richard Carmellis Magen wurden verschiedene Fleischsorten gefunden. Ich weiß genau, dass seine letzte Mahlzeit aus Coronation Chicken bestand. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie er die Portionen in Plastikdosen füllte, und er hat mir selbst gesagt, dass er das auch zu Mittag essen wollte. Er meinte, er hätte jede Menge davon und wollte alles loswerden. Er hatte vor, etwas davon mit nach Hause zu nehmen. Ehe er sich nach Charmy Down verkrümelt hat, hat er seinen Kühlschrank ausgeräumt. Da war nichts drin, als wir nachgesehen haben.«
Steve wollte es nicht glauben. »Und jemand hat ihn umgebracht, weil er selbstzubereitete Speisen mit nach Hause genommen hat? Das begreife ich nicht. Diebstahl, schön und gut, aber wenn man Hühnerfleisch klaut, dann steht das doch in der Hackordnung der Diebe ziemlich weit unten.«
Er grinste und zupfte sich an einer Locke, die ihm in die Stirn fiel.
Honey warf ihm aus zusammengekniffenen Augen einen warnenden Blick zu, jetzt bloß keine blöden Witze mehr zu machen. »Rasend komisch. Aber genau das war’s. Es
war
kein reines Hühnerfleisch, sondern eine Mischung aus Hühner- und Schweinefleisch. Die ist billig und kommt aus Osteuropa ins |275| Land. Mein Prüfer vom Gesundheitsamt hat mir alles darüber erzählt.«
Honey war so in Fahrt, dass sie ihre rechte Hand nicht mehr unter Kontrolle hatte, die nach dem Sherry langte und ihr Glas noch einmal vollschenkte. Jetzt war sie nicht mehr aufzuhalten.
»Das Fleisch kommt aus Osteuropa«, sagte sie. »Mead hat da einen Verarbeitungsbetrieb für Fleisch. Die Kontrollen sind dort nicht so streng wie bei uns. Um Zeit und Geld zu sparen, werden verschiedene Fleischsorten wie Geflügel- und Schweinefleisch einfach zusammen in den Zerkleinerer geworfen, besonders wenn das Fleisch für Pasteten und Curry-Gerichte verwendet werden soll. Niemand kann wirklich den Unterschied schmecken – deswegen hatte Smudger recht, als er sagte, dass Oliver Stafford unsere Hühnerbrüste gestohlen hat. Oliver und Stella hatten herausgefunden, dass Casper in letzter Minute für Sylvester Pardoe eingesprungen war. Und Casper ist einer der wenigen, die solche Unterschiede schmecken können. Casper St. John Gervais ist der pingeligste und kritischste Epikureer, den ich kenne.«
Steves Gesichts spiegelte Verständnislosigkeit.
Sie erklärte es. »Ein Epikureer hat einen sehr sicheren Gaumen. Das Wort kommt aus dem Lateinischen. Epikur war bei den Römern der Gott des Essens oder so was – glaube ich.«
Er nickte gut gelaunt. »Damit kann ich leben. Und der Mörder ist?«
Honey antwortete nicht. Steve bemerkte, wie sie ihrer Mutter einen Blick zuwarf.
»Dem Kerl würde ich alles zutrauen«, knurrte Gloria, ehe sie auf dem Sofa zurücksackte und ihr Kopf auf eines der Samtkissen sank.
Es hatte keinen Sinn, sie jetzt aufzuwecken. Das Abendessen wartete, und Anstandswauwaus konnten sie dabei nicht gebrauchen.
[ Menü ]
|276| Kapitel 33
Steve hatte das Leben in einem Stadtapartment satt gehabt und sich ein Häuschen am Wellsway gekauft. Das war die Hauptstraße, die Bath mit der uralten Stadt Wells verband. Die beiden Orte wetteiferten miteinander um die Touristen. Bath warf seine Römischen Badeanlagen in die Waagschale, Wells seine tausend Jahre alte Kathedrale.
Tagsüber brandete ein ununterbrochener Verkehrsstrom vor dem Haus entlang. Um halb sieben ebbte er ab, und in der Nacht kamen nur noch sporadisch Autos vorbei.
Das Häuschen hatte einen Hintereingang und einen praktischen Parkplatz. Steve fuhr hinter das Haus und parkte an der Gartenmauer. Ein Dutzend Stufen führte zu einem kleinen, aber sehr hübschen Garten hinunter.
Zwei Schritte in die andere Richtung, und man erreicht einen achteckigen Wintergarten. Noch zwei Schritte, und die beiden standen im Koch- und Essbereich.
Honey schaute sich interessiert um. Sie hatte einen leicht chaotischen Männerhaushalt erwartet, wo niemand auch nur einen Gedanken an Design oder Ordnung verschwendete. Einen Ort, wo man essen und schlafen konnte. Aber weit gefehlt! In Boden und Decke waren Spots eingelassen, deren gebündelte Strahlen die einzige Barriere zwischen dem Koch- und dem Essbereich waren.
Weitere Kostenlose Bücher