Dinnerparty
Mühe, sich zu konzentrieren, und ihr war so schwindelig, als wäre sie bereits ziemlich betrunken. Sie musste jetzt irgendetwas tun! In ein paar Minuten war sie vielleicht zu nichts mehr in der Lage. Aber was? An Flucht war nicht zu denken. Wahrscheinlich würde ihr schwindelig werden, wenn sie aufstand. Ohne das Gift in ihrem Körper hätte sie zumindest versuchen können zu kämpfen. Es musste doch irgendeinen Ausweg geben. Die Vorstellung, in einer überfüllten Bar zu sitzen, umringt von gut gelaunten Menschen, die nichts von dem Mord an ihr mitbekommen würden, war ein Albtraum. Man würde ihr auch nicht helfen. Die anderen Gäste würden nur den Kopf schütteln. Plötzlich hatte sie eine Idee. Auch wenn die Chance, dass sie damit Erfolg haben würde, sehr gering war, musste sie es versuchen. Was hatte sie schon zu verlieren?
»Ich muss kotzen.«
Er sah sie entsetzt an. Sophie fing an zu würgen. »Nicht auf meine Designercouch!«
Er sprang auf und rannte los. Sophie nahm an, dass er einen Eimer holen würde. Jetzt oder nie. Sie musste schnell handeln. Eine zweite Chance würde sie sicher nicht bekommen. Sophie zog mit zitternden Fingern die Visitenkarte von Robert aus der Tasche und griff das Handy von Lasse. Vor Jahren hatte der ihr einmal verraten, dass er sich Zahlen schlecht merken könne, und deshalb sein Geburtsdatum als PIN nutzte. Sophie schaltete das Mobiltelefon ein und betete, dass Lasse den Zahlencode nicht geändert hatte.
*
Ben rannte die Lange Reihe entlang. Keine Spur von Sophies BMW. Er beschloss, sich die Nebenstraßen vorzunehmen. Und tatsächlich. In der Gurlittstraße stand ihr Auto. Ben keuchte erschöpft. Die Türen des Wagens waren natürlich verschlossen. Ben sah sich um. Die Baustelle. Er lief hinüber und griff sich den erstbesten Stein. Er überlegte nicht lange. Die Seitenscheibe zersprang in tausend Stücke. Die Alarmanlage machte einen entsetzlichen Lärm. Ben öffnete die Tür und sah sich um. Auf dem Beifahrersitz lag ein Zettel. Maris Kerker. Das war Sophies Handschrift. Maris Kerker? Ben schnappte sich die Notiz und rannte los, bevor die Polizei ihn schnappen würde und er erklären musste, warum er die Scheibe des Wagens seiner Freundin eingeschlagen hatte. Gurlittstraße. Er war schon an dem sogenannten Kerker vorbeigelaufen. Ben rannte zurück. Die Haustür war verschlossen. Auf Sophies Notiz stand ›Kellerwohnung‹. Ben drückte einen Klingelknopf für die oberste Etage.
»Ja«, meldete sich eine Stimme.
»Lieferung für …« Bens Blick flog hastig über die Klingelschilder. »… Akin.«
Es summte, und die Eingangstür ließ sich öffnen. Ben ging ins Haus und sah sich um. Rechts stand ein Name an der Tür. Er konnte Leute reden hören. Sie sprachen Türkisch. Da war die Kellertreppe. Ben atmete durch und eilte die Stufen nach unten. Die Tür und das Schloss waren alt. Wenn die Tür nur zugezogen worden war, konnte er sie vielleicht mit seiner Kreditkarte öffnen. Er steckte die Karte in den Spalt. Die Tür gab nach. Ben schlich hinein. Es war dunkel, aber er hörte ein Keuchen. Es kam aus einem der hinteren Zimmer. Hier war jemand. Eine Frau schrie plötzlich auf. Sophie? Ben lief es kalt den Rücken herunter. Er folgte den spitzen Schreien. Hinter dieser Tür geschah etwas Furchtbares. Sollte er die Polizei rufen? Viel zu spät. Das hätte ihm früher einfallen müssen. Leise drückte er die Klinke hinunter und öffnete die Tür. Am liebsten hätte er die Augen geschlossen. Die langen blonden Haare, die Handschellen, der Knebel. Mari kniete vor der gefesselten Frau.
»Mari! Du Arschloch!«
Mari sah sich hektisch um.
»Ich ruf die Bullen! Du bist ja krank!« Trotz der Abartigkeit der Szenerie war Ben unendlich erleichtert. Wer auch immer die arme Frau war, sie war nicht Sophie.
39
Robert parkte den Wagen in zweiter Reihe gegenüber dem Cox. Er hatte gerade den Motor abgeschaltet, als sein Handy klingelte. Ungläubig starrte er auf das Display. »Jetzt wird es ganz verrückt.«
Lasse sah ihn verwirrt an.
»Der Anruf ist von dir!«
»Was?«
»Von deinem Handy.«
Lasse schüttelte den Kopf.
»Mein Telefon ist seit gestern weg.«
Robert schaltete die Freisprechanlage ein.
»Feller.«
»Rob?«
Die Stimme war so leise, aber er erkannte sie sofort.
»Sophie?«
»Hilfe. Er wird mich töten. Er hat mir irgendwas gegeben …«
Robert Feller wurde vor Angst übel.
»Mit wem sprichst du da?« Eine schrille Männerstimme war plötzlich
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