Dinotod: Tannenbergs vierter Fall
Peter, red’ jetzt endlich mit mir!“
In Zeitlupe wandte sich Peter nun zu ihm hin.
„Ich ... hab ... sie ... um-ge-bracht“, sagte er mit abgehackten Worten.
Paul schüttelte ihn abermals. Dann richtete er sich auf.
„Mensch, Junge, komm endlich zur Besinnung! Wen hast du umgebracht?“, fragte er mit sich absenkender Stimme, während er seinen flackernden Blick über das Fahrzeugdach hinweg die finstre Umgebung sondieren ließ.
„He-le-ne“, erwiderte Peter schniefend.
„Welche Helene?“
Peter räusperte sich. „Unsere ... Helene.“ Erneut wurde er von einem Weinkrampf durchgeschüttelt.
„Tante Helene?“ Paul ging wieder in die Knie. „Warum?“
Peter antwortete nicht, sondern warf die Hände vor’s Gesicht, schluchzte laut auf.
„Los, sag schon! Warum?“, drängte Paul. Plötzlich tauchten in seinem Bewusstsein zwei Buchstaben auf, die er sofort an seine Frage anhängte: „Wo?“
„Hier.“
„Wo, hier?“
Peter schob seine rechte, zitternde Hand über die Schulter in Richtung des Bildungszentrums. „Dort ... oben.“
„Also hier direkt in der Nähe?“
Mit der Andeutung eines Nickens untermauerte Peter seine vorherige Aussage.
Geistesgegenwärtig erkannte Paul den Ernst der Lage. „Hat dich jemand gesehen?“
Nur stummes Kopfschütteln.
„Hast du jemanden gesehen?“
Wieder die gleiche Reaktion.
„Wo genau ist das passiert?“
„In ihrem ... Büro.“
„Wo ist dieses verdammte Büro? Da muss ich sofort hin. Spuren von dir beseitigen.“ Paul schoss in die Höhe, wollte sogleich losstürmen. Aber eine plötzliche Eingebung stoppte seine Aktion. „Scheiße, verdammte! Was mach ich denn mit der Leiche? Die kann doch dort nicht liegen bleiben.“
„Da ist sie ... auch nicht mehr.“
„Was?“ Paul blickte seinen Bruder völlig entgeistert an. „Ja, wo ist sie denn dann?“
„Auf der ...“ Peter zog wie ein Asthmatiker nach Luft. Dann stieß er das Wort mit einem gewaltigen Stoßseufzer aus: „Gartenschau.“
„Wieso auf der Gartenschau?“
Nun endlich drehte Peter seinen Kopf zu Paul, schaute ihn mit einem müden, verstörten Blick ins Gesicht. „Ich hab sie dort ... von einem Felsen ... geworfen.“
„Ich kapier überhaupt nichts mehr!“ Paul schüttelte nervös den Kopf, trippelte unruhig auf der Stelle. „Ich weiß nur eins: Wir müssen so schnell wie möglich von hier weg.“ Dann korrigierte er sich. „Quatsch! Zuerst muss ich noch in ihr Büro. Vielleicht hast du dort irgendwas verloren oder irgendwelche Spuren hinterlassen. Hast du dort irgendwas in die Hand genommen?“
„Nein ... Ich glaub nicht.“
„Bist du dir sicher? Los, denk nach!“
„Nein, ich hab ...“
„Außer den Türgriffen natürlich“, warf Paul dazwischen. „Wie find ich ihr Büro?“
„Gleich im ersten ... Gebäude. Wenn du reinkommst ..., rechts.“ Entsetzt ergänzte er: „Licht. Da brennt bestimmt noch Licht.“
„Los, setz dich rüber. Ich bin gleich wieder da.“ Paul schaltete die Innenraumbeleuchtung des Passats aus und machte sich eilig auf den Weg.
Etwa eine Viertelstunde später trafen die beiden Brüder in Pauls Wohnung auf dem Bännjerrück ein. Paul hatte das Auto in der Tiefgarage abgestellt. Es war ihnen niemand begegnet. Er hatte Peter wie einen Alzheimerpatienten an der Hand in den Fahrstuhl geführt und durch den Flur geleitet.
Erst in der von grellem Neonlicht erhellten Küche entdeckte er den großen nassen Fleck, der sich um den Reißverschluss von Peters Hose herum gebildet und der sich über den Schritt hinaus ausgedehnt hatte. Ohne dieses Malheur zu kommentieren, schob Paul seinen Bruder wortlos ins Badezimmer. Er ließ Wasser in die Wanne einlaufen. Währenddessen streifte er ihm vorsichtig die Kleidung vom Körper. Als Peter zitternd wie Espenlaub nackt vor ihm stand, inspizierte er ihn ausgiebig, fand aber weder Kratzspuren noch irgendwelche anderen Besonderheiten.
„Sehr gut“, murmelte er erleichtert, während seine linke Hand in das schaumbesetzte Wasser eintauchte und die Temperatur prüfte.
Peter stieg vorsichtig in die lindgrüne Badewanne. Paul half ihm dabei und ging anschließend zurück in die Küche. Wenig später erschien er mit zwei Whiskeygläsern und einer Flasche Bourbon im Bad. Er setzte sich neben die Wanne auf den Toilettendeckel, befüllte die schweren Gläser fast bis zur Hälfte und überreichte eines davon seinem Bruder.
„Los, trink! Und zwar ex! Das hilft“, befahl er und ging sogleich mit gutem
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