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Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Titel: Dinotod: Tannenbergs vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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tagtäglich vom Gegenteil: Die PALZ hatte mit Hilfe dieses ›kriminalistischen Rätselspiels‹, wie sie diesen heimtückischen Wolf im Schafspelz nannten, ihre Auflagenhöhe fast verdoppelt.
    Es wurden Sonderbeilagen gedruckt, die neben Experteninterviews auch Stadt- und Gebäudepläne enthielten, angebliche Insiderinformationen feilboten oder vermeintlich neue Erkenntnisse präsentierten. Sponsoren drängten sich mit Geldspenden in den Vordergrund, Politiker streckten ihre Köpfe in die Scheinwerferkegel.
    In unverantwortlicher Weise wurden völlig unhaltbare Vermutungen hinsichtlich der möglichen Verstrickung bestimmter Personen in die beiden Mordfälle geäußert. Ja, es wurden sogar regelrechte Privatjagden veranstaltet, bei denen erst vor kurzem ein angeblich Tatverdächtiger deshalb schwer misshandelt wurde, weil man ihn auf diese Weise zu einem Geständnis nötigen wollte. Zutiefst angewidert von diesem skrupellosen Sensationsjournalismus hatte Tannenberg daraufhin sein PALZ -Abonnement gekündigt.
    „Hallo mein liebes Wölfchen“, säuselte plötzlich eine wohlbekannte Stimme aus Richtung der Zimmertür.
    „Wieso ... bist du denn noch ... hier?“, stotterte Tannenberg der Kriminalpsychologin verwundert entgegen. „Ich dachte, du wärst schon heute Morgen zurück nach Mainz gefahren?“
    „Nein, nein. Aber ich fahr jetzt gleich los. Ich wollte dir nur noch ein schönes Wochenende wünschen.“
    „Danke.“
    „Und geh mir ja dieser armen Frau Herdecke nicht so sehr auf den Wecker. Du weißt ja, wir Frauen sind im Gegensatz zu euch grobklotzigen Kerlen sehr sensible Lebewesen, die für vieles, was ihr mit eurem eindimensionalen Wahrnehmungssystem überhaupt nicht registrieren könnt, sehr empfindliche Antennen haben“, entgegnete Eva nebulös.
    Noch bevor Tannenberg irgendetwas erwidern konnte, war die Psychologin in Diensten des Landeskriminalamtes genauso plötzlich wieder aus seinem Blickfeld verschwunden, wie sie kurz zuvor darin aufgetaucht war.
    „Eindimensionales Wahrnehmungssystem“, wiederholte Tannenberg, wobei er die beiden Worte extrem gedehnt aussprach. „Diese Psychos mit ihren Wortungetümen.“ Sichtlich erheitert wiegte er schmunzelnd ein paar Sekunden seinen Kopf hin und her.
    Dann änderte sich schlagartig seine Mimik, das süffisante Lächeln verflüchtigte sich und wurde durch einen ziemlich deprimierten Gesichtsausdruck ersetzt. Es folgte ein tiefer Schluck aus seinem Weizenbierglas.
    Er dachte an einen unangenehmen Vorfall, der sich vor etwa zwei Wochen ereignet hatte. Nach einem überaus harten Arbeitstag hatte ihn die Kriminalpsychologin zum Essen eingeladen. Einen Moment lang hatte er gezögert, zumal er an diesem Abend mit Ellen Herdecke ein Konzert in der Apostelkirche besuchen wollte.
    Aber nachdem ihn Eva lachend darauf hingewiesen hatte, dass er ihr nach ihrem letzten Besuch in Kaiserslautern wohl noch ein gemeinsames Abendessen schulde, willigte er ein, schließlich erinnerte er sich noch sehr gut daran, dass das von ihm geplante Überraschungs-Highlight › Menue Surprise ‹ damals ein ziemliches Fiasko gewesen war.
    Diesmal jedoch stellte das gewählte Restaurant die Gäste mehr als zufrieden. Der Wein mundete köstlich, die Stimmung war locker und ausgelassen. Die Zeit verging wie im Fluge – und Tannenbergs Vorfreude auf das ihn erwartende Kirchenkonzert reduzierte sich immer mehr.
    Deshalb war es auch nicht weiter verwunderlich, dass er sich eine knappe halbe Stunde vor dem vereinbarten Treffzeitpunkt zur Toilette begab und Ellen via Handy mitteilte, dass ihn ein unaufschiebbarer dienstlicher Anlass zu seinem großen Bedauern vom Besuch dieses Konzertes abhielte.
    Als Tannenberg und seine Begleitung das in der Pariserstraße gelegene italienische Restaurant verließen, hatten die beiden zwei Flaschen Barbera d’Alba und je zwei Grappa verköstigt. Eva hakte sich im Freien sogleich bei ihm unter.
    Ausgelassen wie ein Schülerpärchen tänzelten sie, einen eben gehörten Eros Ramazotti-Titel singend, leichtfüßig auf dem Bürgersteig in Richtung des Stadtparks, wo Eva während ihres Aufenthaltes in Kaiserslautern in einem kleinen Hotel untergebracht war. Für den Leiter des K 1 war es selbstverständlich, seine Kollegin zu ihrem Hotel zu geleiten, zumal dieser kleine Spaziergang durch die belebende Nachtluft kaum einen Umweg für ihn bedeutete.
    Aber wie es der Zufall wollte, strömten just zu diesem Zeitpunkt die Konzertbesucher aus der Apostelkirche heraus.

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