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Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Titel: Dinotod: Tannenbergs vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Tannenberg hatte sein eigentlich für den heutigen Abend vorgesehenes Programm völlig vergessen und war deshalb nicht minder überrascht, als plötzlich Ellen Herdecke vor ihm stand.
    Obwohl Eva für ihn – trotz einer gewissen zeitweiligen körperlichen Annäherung anlässlich eines rauschenden Festes vor einiger Zeit – nach wie vor nicht mehr als eine sehr nette Kollegin war, mit der man sich wunderbar streiten konnte und mit der man, wenn auch oft recht kontrovers, sehr produktiv zusammenarbeiten konnte, benahm er sich an diesem späten Frühlingsabend Ellen gegenüber so, als ob er gerade bei einem Schäferstündchen mit Eva ertappt worden sei.
    Ellen ihrerseits interpretierte diese prekäre Situation durchaus in diese amouröse Richtung, wobei das mehr als seltsame Verhalten Tannenbergs einen gewichtigen Beitrag zu diesem Fehlschluss leistete.
    In dieser Nacht hatte er kaum ein Auge zugemacht und alle Möglichkeiten hinsichtlich eines strategisch klugen Verhaltens gegenüber Ellen geprüft, war aber zu keinem nach seiner Meinung auch nur annähernd akzeptablen Ergebnis gelangt.
    Also griff er, ohne dass es ihm bewusst gewesen wäre, erneut zu seiner bewährten Problemlösungsstrategie: Er verscheuchte die selbstkritischen, vorwurfsvollen Gedanken bereits ab dem nächsten Morgen sehr erfolgreich dadurch, dass er sich noch intensiver in die Bearbeitung der beiden mysteriösen Mordfälle stürzte.
    Einige Tage später wartete die Kriminalpsychologin mit einem Täterprofil auf, das sich nur recht wenig von dem unterschied, das sie damals der SOKO ›Pilze‹ präsentiert hatte: Nach ihrer Analyse deuteten alle Indizien wieder eindeutig auf einen Frauenhasser-Typus hin, der sich für irgendeinen von ihm als traumatisch erlebten Schock innerhalb seiner Biographie rächen wolle.
    Die Profilerin spekulierte, dass es sich dabei um einen stark karriereorientierten Mann mittleren Alters handeln könne, der in seinem Berufsleben bei Bewerbungen auf besser dotierte und mit höherem sozialen Status versehene Positionen an objektiv qualifizierteren Frauen gescheitert sei – und das möglicherweise mehrfach.
    Diese Personalentscheidungen habe er als völlig ungerechtfertigte, böswillige Zurückweisungen empfunden, die er irgendwann psychisch einfach nicht mehr habe verkraften können. Seine Unfähigkeit, sich konstruktiv mit diesen frustrierenden Ereignissen auseinanderzusetzen, habe sich mit der Zeit zu einer regelrechten Psychose gesteigert, die sehr wahrscheinlich von abstrusen Verschwörungstheorien und anderen Wahnvorstellungen begleitet worden sei.
    Und dieses explosive Gemisch habe dann schließlich zu den bekannten fatalen Zwangshandlungen geführt: einer Bestrafungsaktion der vermeintlich Schuldigen – im vorliegenden Falle von medienpräsenten Vertreterinnen der Frauenbewegung.
    Vermochte Tannenberg diesen theoretischen Konstrukten noch einigermaßen inhaltlich zuzustimmen, schließlich hatte die Kriminalpsychologin in seinem ersten Fall mit dem von ihr entwickelten Täterprofil genau ins Schwarze getroffen, so zeigte er sich doch hinsichtlich einer weiteren von ihr getätigten Aussage mehr als skeptisch.
    Eva hatte nämlich die Vermutung geäußert, dass der Täter möglicherweise deshalb seine Opfer ausgerechnet im Dinopark der Polizei präsentiere, weil er durch diese Symbolik plakativ darauf hinweisen wolle, dass nach seiner Meinung die Frauenbewegung inzwischen in unserer Gesellschaft so mächtig geworden sei wie zu Urzeiten die Dinosaurier.
    Tannenberg hatte nach diesem, ihren kleinen Vortrag abschließenden Statement noch das allgegenwärtige ungläubige Stirnrunzeln der Zuhörer in Erinnerung. Und er wusste auch noch sehr genau, dass er sich in diesem Moment nichts sehnsüchtiger herbeigewünscht hatte als das plötzliche Auftauchen einer geständigen Täterin.

13
    Peter und Paul
     
    (Todestag der Helene Bender-Bergmann)
     
    Als sein Bruder den Parkplatz unterhalb des Bildungszentrums erreichte, saß Peter immer noch wie angewurzelt hinter dem Steuer seines roten Passat-Kombis.
    Paul riss die Fahrertür auf, kniete sich neben ihm nieder. „ Was ist los?“, fragte er
    Aber Peter reagierte nicht.
    „ Was hast du da vorhin für einen Blödsinn gefaselt?“
    Peter machte immer noch keinerlei Anstalten, sich zu seinem Bruder umzudrehen oder ihm gar zu antworten. Stattdessen schlug er mehrmals verzweifelt seinen Kopf aufs Lenkrad.
    Paul fasste ihn an der Schulter und rüttelte ihn fest. „Mensch,

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