Diplomat der Sterne
Retief«, zischte eine Stimme. Retief blickte den Tisch hinunter. Der Botschafter hatte sich vorgebeugt und funkelte ihn erbost an. Sein Gesicht war hochrot.
»Ich warne Sie, Mr. Retief«, sagte er heiser. »Ich habe im Sudan Schafsaugen gegessen, ka swe in Burma, hundert Jahre alten cug auf dem Mars und alles andere, was man mir im Laufe meiner diplomatischen Karriere vorgesetzt hat, und bei den heiligen Reliquien des Sankt Ignazius, Sie werden das gleiche tun!« Er ergriff ein löffelartiges Instrument und tauchte es in seine Schüssel.
»Essen Sie das nicht, Herr Botschafter«, sagte Retief ruhig.
Der Botschafter starrte ihn mit großen Augen an. Dann öffnete er den Mund und hob den gefüllten Löffel.
Retief stand auf, packte den Tisch unter dem Rand und hob an. Der riesige Holztisch neigte sich, und die Zinnäpfe rutschten scheppernd auf den Boden. Der Tisch folgte mit einem ohrenbetäubenden Krach. Milchige Suppe spritzte über die Fliesen, und einige Schüsseln rollten klappernd durch den Saal. Rufe erklangen aus den Reihen der Yill, in denen der Schrei von Botschafter Spradley unterging.
Retief ging an den entsetzt blickenden Mitgliedern der Delegation vorbei zu dem vor sich hinbrabbelnden Botschafter.
»Herr Botschafter«, sagte er, »ich möchte Ihnen …«
»Sie möchten! Ich werde Sie vernichten, Sie Verbrecher, Sie! Ist Ihnen überhaupt klar …«
»Bittee …« Der Dolmetscher stand plötzlich neben Retief.
»Meine Entschuldigung«, sagte Botschafter Spradley und fuhr sich mit dem Taschentuch über die Stirn. »Meine allerehrerbietigste …«
»Seien Sie still«, unterbrach ihn Retief.
»Wa-was?«
»Entschuldigen Sie sich nicht«, erwiderte Retief.
P’Toi bedeutete ihnen, ihm zu folgen. »Bittee mittkommen.«
Retief wandte sich um und folgte ihm.
Der Teil des Tisches, zu dem sie nun geführt wurden, war mit einem bestickten weißen Tischtuch bedeckt, und das Geschirr war aus feinstem, dünnem Porzellan. Die bereits dort sitzenden Yill erhoben sich und machten unter lebhaftem Gebrabbel Platz für die Terraner. Sie setzten sich ein Stück weiter unten am Tisch wieder hin, und am wieder aufgerichteten Endtisch besetzten die schwarzgekleideten Yill die freigewordenen Stühle.
Retief setzte sich und fand sich neben Magnan.
»Was geht hier vor?« fragte der Zweite Sekretär.
»Sie haben uns Hundefutter vorgesetzt«, erklärte Retief. »Ich habe gehört, was einer der Yill sagte. Sie haben uns an den Tisch des Personals gesetzt.«
»Wollen Sie damit sagen, daß Sie die Sprache verstehen?«
»Ich habe sie auf der Reise hierher gelernt – genügend davon jedenfalls …«
Die Musik schmetterte eine Fanfare, und eine Schar von Jongleuren, Tänzern und Akrobaten strömte in das hohle Tischviereck und jonglierte, tanzte und schlug Purzelbäume in wildem Durcheinander. Diener schwärmten herbei und häuften duftendes Essen auf die Teller der Yill und Terraner, schenkten blaßpurpurne Flüssigkeit in schlanke Gläser. Retief probierte das Essen. Es war köstlich. Unterhaltung war in dem Lärm unmöglich. Er sah dem fröhlichen, heiteren Schauspiel zu und aß herzhaft.
Retief lehnte sich satt und zufrieden zurück, dankbar für die Ruhepause in der Musik. Die letzten Teller wurden abgeräumt, die Gläser frisch gefüllt. Die erschöpften Unterhaltungskünstler sammelten die dicken, viereckigen Münzen auf, die ihnen von den Gästen zugeworfen wurden. Retief seufzte. Es war ein ungewöhnliches Festmahl gewesen.
»Retief«, sagte Magnan in der relativen Stille. »Was sagten Sie gerade über Hundefutter, als die Musik loslegte?«
Retief sah ihn an. »Haben Sie das Verhaltensmuster nicht bemerkt, Mr. Magnan? Die Folge absichtlicher Beleidigungen?«
»Absichtliche Beleidigungen? Einen Augenblick, Retief! Sie sind ungehobelt, ja, drängen sich an den Türen vor und so weiter. Aber …« Er blickte Retief unsicher an.
»Im Flughafen haben sie uns in einen Gepäcklagerraum getrieben. Dann haben sie uns in einem Müllwagen hierhertransportiert.«
»Müllwagen!«
»Nur symbolisch, natürlich. Sie führten uns durch den Lieferanteneingang ins Haus und wiesen uns Schlafkammern im Personalflügel zu. Dann wurden wir mit den Straßenkehrern der Kuli-Klasse zusammen an das unterste Ende des Tisches gesetzt.«
»Sie müssen sich irren! Ich meine, schließlich sind wir die Terranische Delegation – die Yill müssen sich doch unserer Macht bewußt sein.«
»Genau, Mr. Magnan. Aber …«
Mit dem
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