Diplomat Im Abseits
festzuhalten.
Draußen hatten die Objekt- und Personenschützer den Kiefernweg nach wie vor voll im Griff. Moskito ließ seinen BMW langsam durch den Polizeikordon rollen und ergötzte sich an der Vorstellung, daß auch der Abtransport des Geldes unter Polizeiaufsicht stattfand.
»Du bist früh zurück; hat es Probleme gegeben?« empfing ihn Amara. Sie hatte geduscht und nur einen hauchdünnen Kimono übergestreift.
»Ich habe die Flucht ergriffen«, erklärte er mürrisch, »vor allem mit dem Hinweis, daß die Polizei die Besucher des Kiefernweges überwacht.«
»Du hast mit der Polizei zu tun gehabt?«
»Nein, nicht so, wie du denkst. Am Kiefernweg liegt das Gästehaus des Auswärtigen Amts. Da muß wohl ein Würdenträger zur Stippvisite eingetroffen sein. Die Ausweiskontrolle paßte mir gar nicht in den Kram. Ich hoffe nur, daß meine Daten nicht im Computer gespeichert worden sind.«
»Das können die?« wunderte sich Amara.
»Ja, die können alles und tun alles, auch wenn sie es nicht dürfen. – Und dann sind auch noch eintausendfünfhundert Dollar bei dem Geschäft auf der Strecke geblieben – à fonds perdu.«
Amara lächelte verständnisvoll. »Bei eurer Polizei hilft das also auch!«
Moskito schüttelte den Kopf. »Du bist vielleicht naiv! Bei so einem Angebot wäre ich für den Rest der Nacht im Gefängnis gelandet. Auf versuchter Bestechung reagieren unsere Ordnungshüter zumeist anders als die in Swirna. – Nein, nein; nicht die Polizei hat kassiert, sondern Frau Henkmann hat es für richtig gehalten, Barzahlungsskonto abzuziehen. – Hier ist der immer noch reichlich bemessene Rest von achtundvierzigfünf.«
»Darf sie so einfach weniger zahlen, wenn der Preis fest vereinbart war?«
»Normalerweise nicht, aber ich war froh, mit einem blauen Auge und im übrigen ungeschwächt davongekommen zu sein. War das nicht auch in deinem Interesse?«
Amara schob ihm einen Taschenspiegel zu, auf dem sie zwei Spuren weißes Pulver gezogen hatte. Dann nahm sie das Geldbündel in die Hand; geschickt fingerte sie eine Hundertdollarnote unter dem Gummiring hervor und drehte daraus ein Röhrchen. Moskito nahm es zwischen Daumen und Zeigefinger und zog die kristalline Köstlichkeit mit einem wohligen Schnüffeln durch die Nase ein. – Dann begann er, Amaras Hülle aufzuknöpfen.
Sie ließ ihn gewähren und stellte lachend fest: »Ich habe auch schon genascht. – Aber eintausendfünfhundert Dollar für die erste Nacht in Bonn sind ein stolzer Preis – auch für einen starken Mann. Denk immer dran: Was gut ist für die Hühner, ist auch gut für den Hahn.«
16
Botho von Campen hatte versucht, Amara Javakul in ihrem Hotel in Hamburg zu erreichen. Die Swirna-Airlines hatte im »Adlerhof« eine Zimmerflucht reservieren lassen, um einen Standort für ihr hier verbleibendes Personal zu haben, während die Boeing 747 überholt wurde. Die Nachricht aus der Rezeption, daß Frau Javakul gebeten habe, ihr Zimmer nicht anderweitig zu vergeben und die für sie bestimmten Mitteilungen entgegenzunehmen, wenn sie für ein paar Tage nicht zu erreichen sei, hatte Botho stutzig werden lassen. Doch dieser Eindruck ging in der Verwirrung unter, in die ihn das Telefongespräch aus Bonn gestürzt hatte. Er bat, für Frau Javakul eine Nachricht in das Fach zu legen, daß er dringend nach Bonn reisen müsse. Er werde versuchen, sie von dort aus anzurufen.
Für den Flug nach Deutschland kam diesmal nur die Lufthansa in Betracht, weil sie den nähergelegenen Flughafen Köln-Bonn anflog und er den Zeitverlust durch die Autofahrt von Hamburg nach Bonn vermeiden wollte. Botho hatte in der kleinen Pension in der Bismarckstraße ein Zimmer bestellt, wo er auch während der Dienstreise vor einer Woche abgestiegen war. Nur zwei Häuser weiter lag sein früheres Appartement, das er mit der Versetzung nach Swirnabad aufgegeben hatte. Die Wohnung seiner Frau in der Viktoriastraße und ein eigenes Appartement zu halten, wäre zu teuer geworden, zumal er davon ausging, nach dem Vierjahresturn in Swirna nicht gleich wieder in der Zentrale in Bonn Dienst tun zu müssen. Obwohl Amara noch nicht einverstanden war, wollte er sich anschließend nach Afrika versetzen lassen, um sich dort neben dem Dienst den anthropologischen Fragen der Entwicklung der Bantustämme Kenias und Tansanias zu widmen. Er hatte schon begonnen, Suaheli zu lernen.
Die Maschine der Lufthansa war im Morgengrauen in Köln-Wahn gelandet. Botho von Campen
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