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Diplomat Im Abseits

Titel: Diplomat Im Abseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Appartement habe ich vor vier Monaten, gleich nach meiner Versetzung nach Swirnabad aufgegeben. Im Moment wohne ich in einer kleinen Pension ganz in der Nähe.«
    »Kannte Ihre Frau die Wohnung in der Bismarckstraße?«
    »Ja, sicher; sie kam hin und wieder, um die Post zu bringen, die noch für mich in der Viktoriastraße gelandet war.«
    »Sie war also auch dort in Ihrer Wohnung?«
    »Aber ja – wir waren doch nicht verfeindet. Nur mit der Ehe lief es nicht mehr. Ich habe die Scheidung eingereicht.«
    »War Ihre Frau damit einverstanden?«
    Die Antwort kam noch zögerlicher. »Nun ja, nach einjähriger Trennung kommt es darauf bei einem kinderlosen Ehepaar wohl nicht mehr an.«
    Freiberg nahm das Lineal auf und legte es langsam auf die Schreibunterlage zurück. »Ihre Frau war also nicht einverstanden? Das werden Sie doch für das Protokoll bestätigen?«
    »Ja, wenn Sie es so genau haben müssen – einverstanden war sie nicht.«
    »Haben Sie sich mit ihr auch während Ihres Aufenthaltes in Bonn vor einer Woche getroffen?«
    Lupus hob den Kopf, und Fräulein Kuhnert drehte beim Warten auf die Antwort den Stenostift zwischen Daumen und Zeigefinger.
    Abermals schien es, als wolle Botho von Campen der Antwort ausweichen, als er sagte: »Ich war dienstlich in Bonn und hatte einen vollen Terminkalender.«
    »Das beantwortet meine Frage nicht«, drängte Freiberg. »Haben Sie sich nun mit ihr getroffen oder nicht?«
    »Also…«
    »Herr von Campen«, forderte der Kommissar mit härter werdender Stimme, »machen Sie sich und uns das Leben nicht unnötig schwer. Wir wissen, daß Sie am Dienstag in der Wohnung Ihrer Frau waren. Bestätigen Sie das?«
    »Ja, aber ich wollte sie nur fragen, ob sie sich die Scheidungssache anders überlegt hat.«
    »Und?«
    »Sie wollte mir nicht antworten.«
    »Haben sie miteinander gestritten?«
    »Naja, zum Schluß war es wohl kein ganz leises Gespräch mehr.«
    Auf so ein Stichwort hatte Lupus gewartet. Er beugte sich vor: »Und dann haben Sie Ihre Frau tätlich angegriffen?!« fuhr er dazwischen, wohl wissend, daß Suggestivfragen dieser Art nicht zum erlaubten Repertoire der Vernehmungstaktik gehören.
    Botho von Campen zuckte zusammen. »Was ist denn das für eine Unterstellung? Ich bin um die halbe Welt geflogen, um bei der Aufklärung des Schicksals meiner Frau mitzuwirken, und Sie machen mir absurde Vorwürfe. Herr Kommissar, ich verwahre mich ganz entschieden gegen das Vorgehen Ihres Kollegen. Ich bin nicht bereit, mir so etwas bieten zu lassen.«
    Freiberg wußte, daß Lupus mit dieser Provokation beabsichtigte, den Aussagenden aus dem Konzept zu bringen – wenn er sich eines zurecht gelegt hatte. Ihm, dem moderaten Kommissar, blieb dann die Aufgabe, die Wogen wieder zu glätten und zu vermitteln. Aber das tat er nur, wenn es angezeigt erschien. Jetzt stieß er nach: »Bitte, Herr von Campen, ich frage Sie ganz direkt und ohne jede Unterstellung: Haben Sie Ihre Frau angefaßt oder nicht?«
    »Nun, ich habe meine Hände beschwörend auf ihre Schultern gelegt und auf sie eingeredet; aber ich habe sie doch nicht tätlich angegriffen.«
    »Wissen Sie eigentlich, wie hellhörig das Haus ist?« biß Lupus abermals zu.
    Bothos Blick wirkte gehetzt. »Ich verwahre…«
    Freiberg schnitt ihm das Wort ab. »Lassen sie bitte diese Floskeln; die hören wir hier jeden Tag. Auch als Zeuge brauchen Sie nichts zu sagen, wenn Sie sich durch eine wahrheitsgemäße Aussage selbst einer Straftat bezichtigen würden. Was ist nun, wollen Sie unsere Fragen beantworten, oder wollen Sie es nicht?«
    Fräulein Kuhnert wußte, daß die Vernehmung ein Stadium erreicht hatte, in dem schon mancher lautstarke Protest in ein Schluchzen übergegangen war. Sie hielt jedes Wort im Stenogramm fest.
    Lupus sah keine Notwendigkeit, sich rücksichtsvoller zu geben. »Die Geräusche Ihrer Auseinandersetzung waren bei den Mitbewohnern nicht zu überhören!«
    »Mein Gott, ich bin vielleicht etwas unbeherrscht und laut geworden. Aber bedenken Sie: die Enttäuschung und die Aufregung.«
    Freiberg blieb hart. »Vom Hände-auf-die-Schulter-legen gibt es keine Poltergeräusche; davon fallen auch keine Möbel um. – Sollen wir Sie den Zeugen gegenüberstellen, die Ihre Auseinandersetzung gehört haben?«
    Botho von Campen schüttelte den Kopf. »Um Himmels willen – das eine hat mit dem anderen nichts zu tun: Ich habe ohne Absicht, aus reinem Versehen, einen Stuhl umgestoßen, als ich ziemlich wütend die Wohnung verlassen

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