Diplomat Im Abseits
auf das Klingeln die Tür öffnete und Moskito im Hause verschwunden war.
Frau Hochbau-Henkmann war genau der Typ Frau, den sich Normalverdiener als wohlhabend oder reich vorstellen: üppig gewachsen, wallende Kleider, goldblond gefärbte Haare und ein trotz des schon etwas fortgeschrittenen Alters glattes Gesicht, wie man es oft bei Molligen sehen kann.
Sie begrüßte Moskito überschwenglich und brach in Entzückensschreie aus, als er ihr die Figur überreichte. »Welch eine Kostbarkeit – nein, wie reizend! Dort auf dem Louis-quinze-Tisch wird der König des Tanzes seinen Ehrenplatz haben.«
Ohne Übergang hatte ihre Stimme die normale Tonlage angenommen, und sie sagte nüchtern: »Fünfzigtausend Dollar ist doch ein stolzer Preis; so schwer ist die Figur ja auch wieder nicht.«
Moskito zuckte zusammen. Kunst nach Gewicht zu berechnen wäre ihm nie in den Sinn gekommen. Blitzschnell wurde ihm klar, daß er die Summe höher ansetzen mußte, um wenigstens den Ursprungspreis zu retten.
»Gnädige Frau, sechzigtausend müßten es sein, wenn nicht nur meine Unkosten gedeckt werden, sondern auch ein mäßiger Gewinn für mich gewährleistet sein soll.«
In dem glatten Gesicht zeigte sich ein wissendes Lächeln. »Sie scherzen wohl. – Wir sollten aber erst einmal mit Cognac auf Gott Shiva anstoßen. – Bitte dort.«
Moskito ließ sich in einen der viel zu wuchtigen Zweisitzer fallen. Er wußte, daß er sein ganzes Können aufbieten mußte, um dieses Geschäft möglichst schnell und ohne größere Einbußen abzuwickeln.
Die Dame des Hauses schenkte den Cognac aus einer Kristallflasche in riesige Schwenker ein und setzte sich neben Moskito. Ganz schnell hatte sie nach einem »Santé« ihr Glas zum Mund geführt und einen kräftigen Schluck genommen. Bevor Moskito den Trinkspruch erwidern konnte, sprang sie auf, um Shiva Natraj auf dem kleinen Ecktisch noch etwas günstiger für den Betrachter zu plazieren. Unvermittelt sagte sie: »Wir hatten Barzahlung vereinbart, nicht wahr?«
Moskito nickte: »Ja, Zug um Zug.«
Frau Henkmann ging zum bureau-pupitre, klappte den Deckel auf und entnahm einen Packen Geldscheine, die mit einem Gummiband zusammengehalten wurden. »Das sind genau achtundvierzigtausendfünfhundert Dollar. Ich denke, Sie werden nichts dagegen haben, wenn wir uns als Geschäftsleute das übliche Skonto einräumen.«
Moskito war von so viel Geschäftssinn derart überrascht, daß er die Gelegenheit zum Protest verpaßte. Er verlagerte sein Gewicht, um aus der Sitztiefe hochzukommen, und sagte nicht sehr entschlossen: »Aber…«
Mit den Worten: »Nun, dann sind wir uns ja einig«, übergab sie ihm das Geld. »Sie haben ein gutes Geschäft gemacht, und ich darf mich an einem kleinen Kunstwerk erfreuen. – Übrigens, ich habe bei meinem Mann auf dem Schreibtisch ein paar Reiseführer gesehen. Wie er mir vor seinem Flug nach Berlin gesagt hat, will er mit einer kleinen Gruppe von Fachleuten zu Tempelstudien nach Thailand reisen. Sie, Herr Muskitus, kennen doch den südostasiatischen Raum. Bringt das wohl wirklich etwas für seine Projekte hier?«
Moskito hatte das Bündel Dollarnoten eingesteckt. Frau Henkmanns Frage bot ihm die willkommene Gelegenheit, ihr das Skonto heimzuzahlen. Mit einem feinen Schmunzeln sagte er: »Sicherlich bringt die Reise nach Bangkok modernen Architekten und Bauunternehmern starke Eindrücke. Noch interessanter als die Tempelbauten sind allerdings die zarten Frauen Thailands. Wer sich ihren Reizen entziehen kann, muß ein Herz aus Stein haben.«
»Sie meinen doch nicht…?«
»Wie könnte ich? Das hängt alles davon ab, wie gut eine Ehe funktioniert.« Moskito hatte nicht das Gefühl, mit diesem Hinweis beruhigend gewirkt zu haben. Genüßlich fuhr er fort: »Ihr Gatte sollte mit der Swirna-Airlines ab Hamburg fliegen, non-stop bis Bangkok. Ich kenne die Chefstewardeß sehr gut und werde ihr gern eine VIP-Betreuung nahelegen.
In ihrer Gesellschaft wäre Ihr Gatte besonders gut aufgehoben. Sie brauchen mir nur rechtzeitig Nachricht zu geben. – So, nun muß ich mich aber verabschieden. Mir steckt die Fahrt von Hamburg doch etwas in den Knochen, und draußen paßt die Polizei auf, wo und wie lange sich die Besucher am Kiefernweg aufhalten.«
Frau Henkmann bedauerte es, ausgerechnet heute abend auf die Anwesenheit dieses erfahrenen Mannes verzichten zu müssen, aber der Hinweis auf die Polizeiüberwachung ließ es ihr angezeigt erscheinen, den Besucher nicht
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