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Diplomat Im Abseits

Titel: Diplomat Im Abseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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in der kommenden Woche hier erreichbar blieben. Geben Sie bitte Nachricht, wenn Sie den Rückflug nach Swirnabad antreten wollen.«
    »Ja«, kam die bedrückt klingende Antwort. »Als Tatverdächtiger habe ich wohl keine andere Wahl.«
    Freiberg dementierte die Feststellung nicht.
    Weit vor dem Koblenzer Tor stauten sich die Fahrzeuge. Niemand in UNI 81/12 hatte ein Auge für die weitausschwingende Anlage des Stadtschlosses, durch dessen Seitenflügel sich der Verkehr hindurchzwängen mußte.
    »Rote – englische Telefonzellen in Bonn«, stellte von Campen am Hofgarten fest. »Und das fällt mir erst heute auf.«
    Das waren die letzten Worte, bis sie im Rechtsmedizinischen Institut ankamen und von Campen vor der Leiche stand, die aus dem Kühlfach herangefahren worden war. Er sah sie lange an. »Ich glaube, es ist Bari«, sagte er leise. »Am linken Schulterblatt müßte ein Muttermal sein.«
    Diese Tatsache war auch im Obduktionsbefund festgehalten. Ein Helfer schlug das mit Desinfektionsmitteln getränkte Laken zurück und drehte den Körper auf die Seite.
    »Ja«, bestätigte von Campen, »kein Zweifel, das ist meine Frau, oder das, was von ihr übriggeblieben ist.«
    Kommissar Freiberg nickte. »Kommen Sie. Dies ist kein Ort, an dem man länger verweilen sollte.«
    Auf dem Stiftsplatz herrschte reger Verkehr, und genervte Autofahrer versuchten, sich den Weg zum nächsten Parkplatz freizuhupen. Die Welt des Todes lag nur wenige Meter entfernt und war doch so unwirklich.
    »Sollen wir Sie mit dem Wagen zurückfahren?« erkundigte sich Freiberg.
    »Nein, danke«, sagte von Campen kaum hörbar. »Ein Marsch am Rhein entlang wird gut sein; ich brauche Bewegung, sonst ersticke ich.«
    Kommissar Freiberg hatte bisher den Kehlkopfhornbruch nicht erwähnt. »Bitte, Herr von Campen, eine Frage noch.«
    »Ja?«
    »Sind Sie sportlich aktiv? Haben Sie eine Karateausbildung, oder beherrschen Sie einen anderen asiatischen Kampfsport, vielleicht Jiu-Jitsu?«
    Botho von Campen schüttelte den Kopf. »Ihre Fragen mag verstehen, wer will. Ich habe als Student einen Selbstverteidigungskurs mitgemacht – das ist lange her. Jetzt spiele ich hin und wieder Tennis; für mehr reicht die Zeit nicht. Halten Sie mich auch für gefährdet?«
    Freiberg wollte von Campen nicht noch weiter unter Druck setzen und antwortete vage: »Wissen kann man das nie, aber wir haben keine Anhaltspunkte, daß Ihnen Gefahr droht. – Wo kann ich Sie in den nächsten Tagen erreichen?«
    »Pension Alma Hennering, Bismarckstraße. Die Hausnummer…«
    »Danke«, sagte Freiberg, »das genügt.«

 
    17
     
     
     
    Über Jahrtausende hatte sich die Alster den Weg in die Elbe gesucht. Vor Jahrhunderten aufgestaut für die Mühlen am Ufer hatte sie die großen Alsterbecken gebildet, und ihre Mündungsarme waren zu schiffbaren Kanälen ausgebaut worden. Ein Stück dieser Fleete wurde von Arkaden gesäumt und gaben der Stadt im nebligen Norden einen Hauch von Venedig.
    Das Nikolaifleet im Südosten Hamburgs ließ noch etwas von seiner früheren Bestimmung erkennen; breit und krumm wurde es von Speichern und Bürogebäuden begrenzt, die unmittelbar aus dem Wasser emporwuchsen. Wer heute aus der Vogelperspektive die riesigen Hafenanlagen der Hansestadt betrachtete, konnte kaum glauben, daß dieses Fleet im Mittelalter einmal Hamburgs Hafen war.
    Immer noch versorgten Schuten, Barkassen und Motorkähne einzelne Lagerhäuser, oder dienten den Anliegern als Übersetzgelegenheit zum Nachbarn; aber auch Sportboote der Luxusklasse hatten hier ihre Ankerplätze gefunden. Sauber war das Wasser nicht, aber die nur leichte Strömung drückte den schwimmenden Unrat nach und nach in die Elbe.
    Es waren Kinder auf dem Wege zur Schule, die nahe der Holzbrücke zwischen den Booten einen menschlichen Körper entdeckten, der mit dem Gesicht nach unten im Angespül trieb. Im Halbrund der nach vorn gestreckten Arme hatten sich die Haare um den Kopf herum wie eine kunstvolle Frisur im Wasser ausgebreitet.
    Ein Mädchen mit Pippi-Langstrumpf-Zöpfen schaltete am schnellsten und lief, von zwei Jungen gefolgt, zum nächsten Hauseingang, um dort die Schreckensnachricht loszuwerden. Die Frau, die auf das Klingeln öffnete, hatte selbst Kinder und wußte das wirre Geschrei mit den wilden Gesten richtig zu deuten. Kaum eine Minute später hatte sie über no die Polizei alarmiert. Kurz darauf gingen noch mehr gleichlautende Anrufe in der Einsatzzentrale des Präsidiums ein, die von einer im

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