Diplomat Im Abseits
sieht nur so aus. Ich komme justament von einer Recherche zurück, die uns eine anonyme Anruferin eingebrockt hat«, erklärte Biestritz bedächtig.
Noch bevor er fortfahren konnte, sprudelte Freiberg los: »Ich glaube, deine Purserette bevorzugt doch die Männer im Rheinland. Vor etwa einer Stunde hat sich Botho von Campen mit einer Exotin ganz in der Nähe seines Quartiers getroffen, nachdem er heute morgen schon eine Botchenfahrt auf dem Rhein gemacht hat. – Na, Sheriff, da staunst du wohl!«
Biestritz ließ sich Zeit mit der Antwort. »Du meinst, den Täter zieht es immer wieder an den Ort der Tat zurück?«
»Sieht es nicht ganz so aus?«
»Hoffentlich geht deine Rechnung auf. – Aber daß Täter X-Rheinland mit Täter Y-Nicolaifleet identisch ist, ist ziemlich unwahrscheinlich.«
Freiberg sah in die Gesichter seiner aufmerksam lauschenden Mitarbeiter und fragte überrascht zurück: »Hast du neue Erkenntnisse?«
»Ja. Durch die anonyme Anruferin von heute wurde ein Kokainboß vom Jenischpark mit der Ermordung von Subin Tairong in Verbindung gebracht. Ich selbst war bei seiner Prachtvilla; aber der Kerl ist ausgeflogen und soll nach den Worten des Hausmeisters erst in vierzehn Tagen zurück sein. Ich habe so meine Zweifel, daß wir ihn überhaupt wiedersehen.«
»Schade!« sagte Freiberg. »Das hätte alles so schön zusammengepaßt. Aber der Verdacht gegen unseren Diplomaten wegen Ermordung seiner Ehefrau wird dadurch nicht entkräftet.«
»Da hast du recht«, bestätigte Biestritz, »aber, verdammt noch mal, was bedeutet die Telefonnummer im Reisepaß der Tairong?«
»Vielleicht gar nichts, nur eine alte Bekanntschaft, die mal wieder aufgefrischt werden sollte.«
»Ich glaube, da steckt mehr dahinter. Die Sache gefällt mir nicht. – Ach ja, noch etwas«, schob Biestritz nach, »die Subin Tairong ist dem verreisten Kokshändler Naval von der Agentur ›Felicidad‹ vermittelt worden. Ich habe dort angerufen und mich als Interessent ausgegeben. Für tausend Mark wollen sie mir ihren Katalog schicken. Es könnte ja sein, daß dein Diplomat aus derselben Quelle bezogen hat.
Inhaber der Agentur ist ein gewisser Muskitus. Aber der ist bis Montag auf Geschäftsreise; zur Fleischbeschau, vermute ich.«
»Wir haben es anscheinend nur mit Geschäfts- und Weltreisenden zu tun«, seufzte Freiberg. »Stell doch bitte mal fest, wie lange die SAL-Boeing auf der Werft bleibt. Ich möchte nicht, daß uns die Purserette unbefragt entschwebt.«
»Endlich eine Aufgabe, der wir uns in Hamburg gewachsen fühlen«, flachste Biestritz. »Du hörst von mir.«
Freiberg legte auf und sah in die Runde. »Ahrens, wie war das mit dem Kehlkopfhornbruch?« fragte er überraschend.
»Das BKA hat aus den letzten fünf Jahren drei Fälle im Computer, wo Erwürgen eine Rolle gespielt hat. Hornbruch durch Erhängen habe ich beiseite gelassen«, gab Ahrens, ohne lange überlegen zu müssen, die Ergebnisse seiner Nachfragen wieder.
»Und die Aufklärungsquote?«
»Nur ein Täter wurde erwischt, und der hatte sich im Suff damit gebrüstet, daß er ein Freudenmädchen hingemacht hat.«
»Wo war das?«
»In Hamburg. – Aber der Täter sitzt in Santa Fu.«
»Das bringt uns alles nicht weiter. – Und die beiden anderen Fälle?«
»Eine Deutsche in München und ein illegaler Grenzgänger in der Nähe von Kufstein, beide erwürgt. Aber wie gesagt, nichts, was uns weiterbringen könnte.«
Lupus schaltete sich ein. »Es wird höchste Zeit, daß wir dem Thai-Lover die Daumenschrauben anlegen. – Du solltest ihn mir überlassen; bei mir singen die Mörder so gern!«
Freiberg schüttelte den Kopf. »Das machen wir lieber gemeinsam mit der Verfassung unter dem Arm. – Haben wir die Telefonnummer der Pension Hennering?«
Fräulein Kuhnert stand auf. »Soll ich…?«
»Nein, diesmal ohne polizeiliche Voranmeldung. Wir wollen die Pensionswirtin nicht erschrecken.«
Freiberg gab sich bei Frau Hennering als Bekannter des Herrn Botschaftsrats aus und ließ ihn an den Apparat bitten. Botho von Campen sagte zu, sofort ins Präsidium zu kommen.
»Müssen wir Singer informieren?« fragte Freiberg.
Lupus winkte energisch ab. »Nur nicht über Funk ansprechen; der richtet sonst das totale Chaos an.«
»Gut, lassen wir es. Der liebe Kollege wird sich allerdings wundern, wenn sich das Objekt ins Polizeipräsidium begibt.«
Lupus freute sich diebisch auf das lange Gesicht des Mackers.
Eine halbe Stunde später lief die Zeugenvernehmung
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