Diplomat Im Abseits
ihr erzählt, daß ich schon während meiner Studentenzeit einige Jadearbeiten bei ›Asiatica‹ gekauft habe.«
Freiberg und Lupus tauschten fragende Blicke aus. Irgend etwas paßte hier nicht zusammen. »Sind Sie ganz sicher, Herr von Campen«, fragte der Kommissar, »daß Sie mit Amara Javakul vor Ihrem Abflug nach Bonn nicht gesprochen haben? Gehen Sie wirklich davon aus, sie sei aufgrund der im Hotel hinterlegten Nachricht hierhergekommen?«
»Aber ja doch – ohne jeden Zweifel. Ich habe nicht mit ihr telefoniert – und da sie hier ist, hat sie meine Mitteilung doch ganz offensichtlich bekommen.«
Fräulein Kuhnert hatte das Frage- und Antwortspiel im Stenogramm festgehalten. Sie ahnte, was für ein Schlag jetzt kam.
Freiberg beugte sich vor. »Wie läßt es sich dann erklären, daß Frau Javakul nach Bonn gekommen ist, ohne daß sie etwas von Ihrer telefonisch übermittelten Nachricht gewußt hat? Die Mitteilung konnte gar nicht an sie weitergegeben werden, weil sie schon ein oder zwei Tage vorher das Hotel verlassen hatte.«
Botho von Campen sah den Kommissar konsterniert an. »Wie soll ich das verstehen?«
»Sie haben Frau Javakul in Bonn getroffen, obwohl die Dame gar nicht wissen konnte, daß Sie hier sind!«
»Aber sie muß meine Nachricht gelesen haben, oder jemand hat ihr den Inhalt mitgeteilt.«
»Nein, mit Sicherheit nicht. Die Hamburger Kripo hat das gründlich überprüft und festgestellt, daß die Nachricht nicht abgeholt wurde. – Kein Zweifel, es ist so, wie ich gesagt habe.«
Mit von Campen ging eine seltsame Veränderung vor. Seine Miene und die Geste, mit der er Daumen und Zeigefinger über sein Kinn strich, ließ erkennen, daß es für ihn auch eine andere Deutung des Treffs in Bonn geben konnte.
Freiberg wollte sich Gewißheit verschaffen. »Haben Sie Frau Javakul gefragt, ob sie Ihre Benachrichtigung erhalten hat?«
»Nein – dafür gab es gar keinen Grund. Ich bin einfach davon ausgegangen, daß sie aufgrund meiner Nachricht gekommen ist. Sie hat ja ein paar Tage Urlaub und konnte ohne Probleme reisen. Wir waren zwar beide überrascht, plötzlich voreinander zu stehen; haben uns aber über das Wiedersehen gefreut.«
»Unterstellen wir mal, daß die Dame in Bonn war, ohne von Ihrer Anwesenheit zu wissen – was könnte der Grund dafür gewesen sein?«
Botho von Campen sah erleichtert auf. »Dann war sie geschäftlich hier. – Ja, nur so kann es sein. Wir sind zusammengeprallt, als sie aus dem Asiatica-Geschäft kam. Ich vermute, sie hat dort ein paar Gegenstände aus der väterlichen Kunsthandlung abgeliefert.«
»Was wohl ein wenig außerhalb der Legalität war«, ließ sich Lupus vernehmen. »Flieger und Stewardessen kommen leichter durch den Zoll – auch wenn das Gepäck etwas schwerer ist.«
»Was halten Sie von der Überlegung meines Kollegen?« faßte Freiberg nach.
Von Campen zögerte so offensichtlich mit der Antwort, daß die Frage als geklärt gelten durfte. Über ein Stottern kam er nicht hinaus: »Also ich kann nichts… bestimmt nicht…«
Freiberg nickte. »Sie wollen Ihre zukünftige Frau nicht des Schmuggels bezichtigen. Nun gut. Die Zusammenhänge wird uns Frau Javakul persönlich erklären können – und müssen.«
Der Zettel mit der Telefonnummer der Pension Hennering lag noch auf dem Schreibtisch. Freiberg wählte und drückte den Lautsprecherknopf. Nach dem dritten Rufton hatte er die Inhaberin am Apparat.
»Frau Hennering, ich bin’s noch mal, der Bekannte des Herrn Botschaftsrats. Er hat mir eben gesagt, daß er Besuch von einer Dame hat, die noch auf seinem Zimmer wartet. Würden Sie die Dame an den Apparat bitten?«
»Das wird nicht möglich sein«, antwortete die Pensionswirtin, und ihre Stimme kam deutlich über den Lautsprecher. »Frau Javakul hat sich bei mir vor einer Viertelstunde abgemeldet. Sie sagte, daß sie unverzüglich nach Hamburg zurück müsse. Herr von Campen wisse schon, daß die Geschäftsbeziehung leider nicht fortgesetzt werden könne.«
»Ist das alles – mehr hat sie nicht gesagt?«
»Nein. Oh, pardon, nur noch einen Gruß mit dem Wunsch für viel Glück in der Zukunft.«
»Danke«, sagte Freiberg, »mein Anliegen hat sich damit erledigt.«
Botho von Campen saß wie versteinert. Sein Gesicht war grau, und die Hände hatte er ineinander verkrampft.
»Haben Sie Frau Javakul den Grund Ihres Aufenthalts in Bonn mitgeteilt?« fragte Freiberg, um die Peinlichkeit des Augenblicks zu mildern.
Mit schleppender Stimme
Weitere Kostenlose Bücher