Diplomatische Beziehungen (German Edition)
Herz zu beruhigen.
E RST viel später am Abend, allein im Badezimmer seiner Räumlichkeiten in der Botschaft, kam er dazu, darüber nachzudenken. Was machte Lucas zu etwas Besonderem? Warum hatte dieser junge Mann Gefühle in ihm wachgerufen, die er schon lange begraben hatte? Er stützte den Kopf in die Hände und versuchte, die Gedanken zu verbannen, die sich in seinen Verstand schlichen, wenn er sich an den jungen Briten erinnerte – seine schokoladenbraunen Augen, sein strahlendes Lächeln, seinen kräftigen Händedruck, der sich sofort in seinen Lenden bemerkbar gemachthatte.
Er erhob sich und spritzte sich ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht, während er sich im Spiegel betrachtete. Vergiss es Jack. Er hat eine Freundinund du eine Frau. Ihr seid beide erfolgreiche heterosexuelle Männer. Es hat keinen Sinn, dich von deinem Schwanz leiten zu lassen.
Nachdem er sich das Gesicht abgetrocknet hatte, betrat er das dunkle Schlafzimmer, wobei er sich bemühte, Maria nicht zu wecken.
„Du musst nicht herumschleichen“, hörte er sie sagen, bevor er unter die Decke schlüpfte. Als er sich auf den Rücken legte, umarmte sie ihn und legte den Kopf auf seine Schulter. „Na, du scheinst ja froh zu sein, mich zu sehen.“
Kapitel 2
E INE von Jacks Aufgaben war es, seinen Mitarbeiterstab so zu koordinieren, dass sein volles Potenzial ausgeschöpft wurde, und er den in Belgien lebenden Amerikanern zu Diensten sein konnte, doch das war noch nicht alles. Jack und seine Mitarbeiter wurden außerdem als „legitime Spione“ betrachtet, denn es gehörte ebenfalls zu ihren Pflichten, sich über Politik und Gesetze ihres Gastgeberlandes zu informieren und besonders darauf zu achten, welche Auswirkungen beides auf die amerikanische Nation und auf die Amerikaner in ihrem Einflussbereich haben würde.
Wie jeder neue Botschafter musste Jack eine Menge lernen und er wusste, dass jedes Land anders war. Sein Mitarbeiterstab unterrichtete ihn ausführlich über die Regionen und Gemeinden des kleinen Landes und die Schwierigkeiten, die dadurch hervorgerufen wurden, dass Norden und Süden sich nicht nur in Bezug auf ihre Sprachen unterschieden, sondern auch starke kulturelle Differenzen aufwiesen. Jack wusste, dass die französische Sprache für ihn kein Problem darstellen würde, doch als ihm ganz unmissverständlich – und das auch noch von seiner Sekretärin – klargemacht wurde, dass fast sechzig Prozent aller Belgier Flämisch sprachen, bat er sie darum, dafür zu sorgen, dass er die Sprache lernen könne. Sie war eine sehr direkte belgische Frau um die fünfzig, und dass er ihre Tirade mit dieser Bitte beantwortete, brachte sie beinahe zum Erröten. Jack wurde klar, dass er sich damit ihren unerschütterlichen Respekt verdient hatte und er nahm sich vor, niemals einfach davon auszugehen, dass jeder hier Französisch sprach.
Sein Privatleben war mittlerweile zur Normalität zurückgekehrt, denn die Christensens mussten nicht länger in der Botschaft wohnen. Man hatte ihnen ein gemütliches geräumiges Haus in Tervuren,dem die Hauptstadt umgebenden Grüngürtel, zur Verfügung gestellt. Maria war nur allzu sehr daran gewöhnt, ohne viel Vorwarnung alles einzupacken, wegzuziehen, und sich in einem anderen Teil der Welt niederzulassen und hatte es zu ihrem erklärten Ziel gemacht, trotzdem jedes Haus in ein Zuhause zu verwandeln.
„Weißt du was, Jack? Wir sollten den jungen Briten mit der amerikanischen Freundin mal zum Essen einladen.“ Sie befanden sich gerade in der Küche, wo Maria eine Scheibe Toast mit Butter bestrich.
Jack sah von seiner Zeitung auf. „Warum?“
Maria bedachte ihn mit einem “Ich habe keine Ahnung, wie du mit dieser Einstellung so weit gekommen bist“-Blick. „Er ist reizend! Selbst die First Lady konnte nicht aufhören, von ihm zu reden, nachdem sie ihn bei dem Empfang kennengelernt hat, und dabei haben sie nur … ich weiß nicht … vielleicht drei Minuten miteinander geredet? Ich glaube einfach, dass er es noch weit bringen wird und seine Freundin ein bisschen Hilfe gebrauchen könnte.“
Jack zog die Augenbrauen hoch.
„Ich meine, sie ist ein nettes Mädchen, aber wenn sie es jemals schaffen will, die Karriere ihres zukünftigen Mannes voranzubringen, wird sie einiges lernen müssen. Wusstest du, dass es ihr erster Auslandsaufenthalt ist?“ Mittlerweile umklammerte Maria eine Tasse Kaffee, ließ sich neben Jack nieder und schnappte sich die New York Times von seinem Stapel
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