Diplomatische Beziehungen (German Edition)
erleuchteten Raum ging und Jacks Schuhe holte. Auch wenn ihm der Vergleich mit Maria nicht gerade gefiel, bemühte er sich ruhig zu bleiben, indem er sich sagte, dass er ähnlich schlechte Laune hätte, wenn er so krank wäre. Wieder bei Jack angekommen räusperte er sich, damit seine Stimme ruhig, aber fest klang. „Hör zu, deine Schuhe stehen direkt vor dir. Du bist ja wohl nicht stur genug, um barfuß durch Glassplitter zu laufen.“
Er kehrte in sein eigenes Zimmer zurück, um ein sauberes Glas und etwas Wasser zu holen, und als er zurückkam, saß Jack mit dem Kopf in den Händen auf dem Bett, aber hatte die Schuhe an den Füßen.
Lucas reichte dem älteren Mann das Glas. „Trink es aus und dann füll ich es dir noch mal auf.“
Jack stürzte das Wasser so gierig hinunter, dass ein Teil davon an der Seite seines Kinns hinablief, aber er weigerte sich, das Glas zurückzugeben.
Lucas runzelte über sein Verhalten die Stirn. „Na gut, wenn du dich lieber dumm anstellen und dir wieder wehtun willst, wenn du in einer Stunde durstig aufwachst – mir soll’s egal sein!“
Damit stürmte Lucas aus dem Zimmer und zurück in sein eigenes.
Am nächsten Morgen war die Verbindungstür abgeschlossen. Lucas ließ sich wieder auf sein Bett fallen und seufzte. Das war der „In Gesundheit und Krankheit“-Teil der Beziehung, oder? Vielleicht war das auch alles, was zwischen ihnen war. Vielleicht war das Jacks Art ihm zu sagen, dass es ihm nur um Sex ging und dass Lucas nicht gebraucht wurde, wenn Sex gerade nicht möglich war. Trotzdem machte Lucas sich Sorgen um den Amerikaner und stand auf, um an die Verbindungstür zu klopfen.
„Jack? Jack, lass mich bitte rein.“ Als er keine Antwort bekam, seufzte er. „Sag mir wenigstens, dass du wach bist und es dir gut geht.“
Immer noch keine Antwort.
Erst dachte er darüber nach, die Tür aufzubrechen, doch dann wurde ihm klar, dass er wahrscheinlich überreagierte. Vermutlich war Jack bereits hinuntergegangen, um zu frühstücken.
Er sah seinen Geliebten erst wieder, als er die Lobby betrat, um auf den Fahrer zu warten. Jack sah aus, als hätte er die ganze Nacht wachgelegen, und unterdrückte ein Husten.
„Alles okay?“, erkundigte sich Lucas zaghaft.
„Ich werd’s überleben“, antwortete Jack tonlos. Während der Fahrt herrschte unangenehme Stille und Lucas fragte sich, was in Jacks Kopf vor sich ging. War Jack nur krank und müde, oder war er seiner müde? Wurde ihm ihre Affäre zu viel? Er beschloss, es gut sein zu lassen, da sie in der Öffentlichkeit ohnehin nicht darüber sprechen konnten.
Nach einer Nacht erholsamen Schlafes für die meisten von ihnen schienen die Gespräche mit den anderen Boschaftern etwas leichter vonstattenzugehen und bald waren sie gut auf das Zusammentreffen mit den Staatsoberhäuptern, die sich weigerten, sich dem „Bündnis“ der Amerikaner und Briten anzuschließen, vorbereitet. Jacks Durchhaltevermögen beeindruckte Lucas. Er wusste genau, wie wenig der Mann geschlafen hatte und wie krank er sich fühlte, doch der Amerikaner war konzentriert und entschlossen.
Wie gewöhnlich nahmen anstelle der Staatsoberhäupter nur ihre „unbedeutenderen“ Stellvertreter an den Gesprächen teil, zunächst die stellvertretenden Außenminister und später die Außenminister selbst, doch es gab keinerlei Fortschritte. Es lief immer auf dasselbe hinaus: Die Amerikaner waren zu aggressiv, hatten sich während des Einmarsches unvernünftig verhalten und erhofften sich jetzt plötzlich Hilfe bei der Wiederherstellung des Friedens in einem Land, das sie selbst ins Chaos gestürzt hatten. Die Vertreter Belgiens, Frankreichs und Deutschlands waren nicht bereit, Truppen in einen Konflikt zu entsenden, der mit hoher Wahrscheinlichkeit viele Opfer fordern würde, um ein Problem zu lösen, das die USA in ihren Augen selbst verschuldet hatten, indem sie sich als Weltpolizei aufspielten.
Lucas war mittlerweile vertraut genug mit Jacks Körpersprache, um zu sehen, dass er diese Ansicht teilte, was seine Arbeit noch erschwerte. Er bemerkte ebenfalls, dass Jack sich immer schlechter konzentrieren konnte, aber wagte es nicht sich einzumischen. Die Augen des Amerikaners wurden von Minute zu Minute blutunterlaufener, und als die Gespräche sich endlich dem Ende zuneigten, war er wieder blass und schwitzte.
Der belgische Premierminister, deutsche Bundeskanzler und französische Präsident stießen in den letzten Minuten zu ihnen, um die Gespräche
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