Dir darf ich nicht gehören
Wir haben heute
erfahren - meine Mutter, mein Bruder und ich -, dass Sie Miss
Thornhill gestern Abend gezwungen haben, mit Ihnen um den Maibaum zu tanzen.
Leugnen Sie es nicht. Es gab viele Zeugen.«
»Bertha
...«, begann Viola Thornhill.
Ferdinand
hielt sein Monokel erneut ans Auge. »In diesem Falle«, sagte er, »werde ich
keinen Meineid leisten, indem ich es leugne, Madam. Nun, ich denke, Sie und Ihr
Bruder werden nun gehen?«
»Ich
werde dieses Haus nicht verlassen, es sei denn, ich werde wortwörtlich
hinausgeworfen«, sagte die Lady.
»Sie
versuchen mich, Madam«, belehrte Ferdinand sie ruhig. Dann wandte er seine
Aufmerksamkeit Claypole zu. »Gute Nacht, Sir. Sie werden Miss Claypole
mitnehmen, wenn Sie gehen?«
»Miss
Thornhill.« Claypole ergriff ihre Hand. »Sehen Sie jetzt, wie töricht es war,
darauf zu bestehen, hierher zurückzukehren? Hatte meine Mama nicht Recht?
Bertha ist Ihre Freundin. Und auch ich schmeichele mir, mehr als nur ein Freund
zu sein. Kommen Sie mit uns zurück nach Crossings, bis diese Angelegenheit
geklärt werden kann.«
»Ich
danke Ihnen erneut, aber ich werde mein Heim nicht verlassen, Sir«, sagte sie. »Und
du brauchst dir um mich keine Sorgen zu machen, Bertha. Ich habe Hannah und die
übrigen Dienstboten. Ich brauche keine Anstandsdame.«
»Und
das ist auch gut so«, bemerkte Ferdinand forsch. »Denn Sie werden auch keine
haben. Nicht in diesem Hause.«
Sie sah
ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und wandte sich dann ab, um ihren Begleitern
eine gute Nacht zu wünschen.
»Dies
ist höchst ungehörig....«, begann Claypole noch einmal.
»Gute
Nacht.« Ferdinand schritt
zur Doppeltür und öffnete sie schwungvoll, während Jarvey noch immer unsicher
im Hintergrund blieb und auf die Dunkelheit draußen deutete.
Sie
gingen widerstrebend, aber sie gingen. Sie hatten kaum eine Wahl, ohne Gewalt
zu riskieren. Die Frau wäre vielleicht risikobereit gewesen, aber der Mann
gewiss nicht.
»Ich
vermute«, sagte Ferdinand, nachdem er die Türen hinter ihnen geschlossen und
sich zu Viola Thornhill umgewandt hatte, die gerade ihren Mantel ablegte und
ihn dem Butler gab, »er ist Ihr Kavalier?«
»Tatsächlich?«,
erwiderte sie. »Danke, Mr. Jarvey, ich brauche Sie heute Nacht nicht mehr.«
Ferdinand
hätte Einwände erheben können, dass Jarvey jetzt sein Diener sei, aber er
wollte nicht kleinlich erscheinen.
»Claypole
ist ein feiger Esel«, sagte er. »Wäre die Situation umgekehrt gewesen, hätte
ich jeden Mann zur Rechenschaft gezogen, der darauf bestanden hätte, dass Sie
hier ohne Anstandsdame bleiben. Und dann hätte ich Sie hinausgeschleppt, ob Sie
wollten oder nicht.«
»Wie
tröstlich«, entgegnete sie, »zu wissen, dass ich das Haus mit einem
Höhlenbewohner teile. Ich nehme an, Mylord, Sie hätten mich an den Haaren
hinausgeschleppt, während Sie in der anderen Hand eine Keule geschwungen
hätten? Was für ein Bild von Männlichkeit!«
Er
wünschte, sie hätte ihren Mantel nicht abgelegt. Das dunkle grüne Abendkleid,
das sie darunter trug, war in keiner Weise unzüchtig. Es fiel in weichen,
schimmernden Falten von der Taille bis zu den Knöcheln, und das Oberteil hätte,
obwohl tief ausgeschnitten, in einem Londoner Ballsaal fast konservativ
gewirkt. Aber das Kleidungsstück verbarg in keiner Weise die verführerischen
Rundungen seiner Trägerin. Und er wusste genau, wie sich diese Rundungen
anfühlten, wenn sie an seinen Körper gepresst waren, verdammt.
Vielleicht
hätte er doch im Boar's Head bleiben sollen, ungeachtet seiner Standhaftigkeit.
»In der
Tat beharren Sie darauf«, gab er zurück, »ein Haus mit einem Mann zu teilen,
der weiß, was angebracht ist. Und es ist nicht angebracht für Sie, mit mir hier
zu sein. Zumindest damit hatte der Dummkopf Recht.«
Sie war
durch die Eingangshalle zur Treppe gegangen. Nun wandte sie sich mit einem Fuß
auf der untersten Stufe um.
»Was,
Lord Ferdinand?«, fragte sie. »Erwägen Sie also doch, mich zu schänden? Muss
ich in mein Zimmer enteilen? Zumindest muss ich wohl dankbar dafür sein, dass
ich einen Vorsprung vor Ihnen habe.«
Sie
besaß eine kesse Zunge. Das hatte er schon zuvor bemerkt.
»Glauben
Sie mir, Madam, wenn ich Sie einholen wollte, würden Sie nicht einmal die
Treppe hinaufgelangen.«
Sie
lächelte ihn freundlich an. »Haben Sie das Abendessen genossen?«
Es war
seltsam, dass sie in einem solchen Moment eine solche Frage stellte - bis
er den Grund begriff. Sie waren beide am Abend
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