Dir darf ich nicht gehören
ausgegangen. Sie hatte eine
Verabredung zum Essen wahrgenommen, eine Tatsache, die er mit erheblicher
Erleichterung erfahren hatte bis der Butler ihn darüber informiert hatte, dass
es für ihn, da Miss Thornhill nicht zum Abendessen zu Hause erwartet wurde, nur
das übrig gebliebene Rindfleisch von vor zwei Tagen gab, da sie am Vorabend
alle im Dorf gespeist hatten, wie Seine Lordschaft sicher verstehen würde. Aber
obwohl das Rindfleisch noch unverdorben ausgesehen und gerochen und sogar
geschmeckt hatte, riet ihm der Butler zu bedenken, dass das Wetter wirklich
ungewohnt warm gewesen war. Und die Küche hielte das Essen niemals so kühl, wie
es der Koch gern sähe, hatte der Butler noch erwähnt. Und niemand konnte bisher
herausfinden, wo die Fliegen alle hereinkamen.
Da
hatte Ferdinand seine Absicht verkündet, im Boar's Head zu speisen. Das Essen
dort war weder so appetitanregend gewesen wie gestern noch war die Bedienung so
prompt und freundlich erfolgt, aber er hatte diese Tatsache der Müdigkeit des
Personals nach einem Tag der Festlichkeiten zugeschrieben.
Nun
hatte Viola Thornhill ihm mit einer einfachen Frage die Augen geöffnet. Er
musste ein Narr sein, dass er es nicht schon eher erkannt hatte. Er trug -
sowohl für Pinewood als auch für das Dorf - bereits das Zeichen des
hiesigen Feindes Nummer eins, nicht wahr?
»Außerordentlich
gut, danke«, sagte er. »Und Sie?«
Sie
lächelte erneut, wandte sich um und erklomm die Treppe ohne ein weiteres Wort.
Im Kerzenschein der Eingangshalle schimmerte der Satin ihres Kleides über dem
weiblichen Schwung der Hüften.
Zum
Teufel damit, aber es war eine ungewöhnlich heiße Mainacht.
Kapitel 5
Ferdinand wäre
vielleicht davon überzeugt gewesen, dass er gar nicht geschlafen hatte, wenn er
nicht so unsanft geweckt worden wäre, als es noch dunkel war. Er sprang aus dem
Bett, als hätte ihn eine durch die Matratze brechende Sprungfeder in einem
Aufwärtsbogen hochkatapultiert und neben dem Bett flach auf den Füßen landen
lassen.
»Zum
Teufel!«, rief er aus und fuhr sich mit den Fingern durchs zerzauste Haar. »Was,
zum Donner?« Er hatte keine Ahnung, was ihn gestört hatte. Im Augenblick konnte
er sich nicht einmal erinnern, wo er war.
Und
dann wiederholte sich der raue Lärm. Er schritt zum geöffneten Fenster hinüber,
riss die Vorhänge zurück und streckte den Kopf hinaus. Die Dämmerung zeigte
sich erst als vager grauer Fleck am östlichen Horizont. Er erschauderte in der
frühmorgendlichen Kälte und wünschte dieses eine Mal, er trüge Nachtkleidung.
Er schaute nach unten. Da war es und stolzierte die Terrasse entlang, als
gehöre ihm das Universum.
Ein
junger Hahn!
»Geh
zum Teufel!«, wies Ferdinand ihn an, und der Vogel, aus seiner überheblichen
Selbstzufriedenheit aufgeschreckt, hastete die halbe Terrasse entlang, bevor er
seine Würde zurückerlangte und erneut krähte.
Kikeriki!
Ferdinand
seinerseits hastete zurück ins Bett, nachdem er sowohl das Fenster als auch den
Vorhang geschlossen hatte. Er hatte nicht einschlafen können, nachdem er um
Mitternacht zu Bett gegangen war. Teilweise natürlich weil er wusste, dass er
das Haus mit einer unverheirateten, jungen Lady teilte - die zufällig
außerdem die personifizierte, sinnliche Schönheit war - und ihr eine
Anstandsdame verweigert hatte, die der Situation ein gewisses Maß an Ehrbarkeit
verliehen hätte. Der Hauptgrund war jedoch die Stille. Er hatte sein ganzes
Erwachsenenleben in London verbracht, seit er vor sieben Jahren im Alter von
zwanzig Jahren von Oxford dorthin gekommen war. Er war Stille nicht gewohnt. Er
empfand sie als zermürbend.
Warum
durfte ein junger Hahn so nahe am Haus frei herumlaufen?, fragte er sich
plötzlich. Würde er jede Nacht auf diese Weise geweckt werden (man konnte die
Tageszeit schließlich wohl kaum als Morgen bezeichnen)? Er klopfte sein Kissen
zurecht, welches so ungefähr das klumpigste, unbequemste Exemplar von Kissen
war, das er je erlebt hatte, und versuchte, seinen Kopf darauf in eine Lage zu
bringen, in der sofortiges Einschlafen möglich wäre.
Fünf
Minuten später war er noch immer hellwach.
Er
erinnerte sich, wie sie in diesem schimmernden Abendkleid aus Satin ausgesehen
hatte. Er erinnerte sich, wie sich ihr wohlgeformter Körper hinter der Eiche im
Dorf an seinen gepresst angefühlt hatte. Und er dachte über die Tatsache nach,
dass sie in einem Zimmer nicht weit von seinem schlief.
Dann
erkannte er jäh, dass die Schwere der
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