Dir darf ich nicht gehören
Bettdecken ihn daran hinderte, wieder
einzuschlafen. Er warf sie beiseite, drehte sein heißes Kissen um und klopfte
es erneut zurecht, versuchte, ein weiches, kühles Plätzchen für seinen Kopf zu
finden, scheiterte kläglich und erschauderte in der kalten Luft, die seinen
nackten Körper nun von drei Seiten attackierte. Die Decken waren außer
Reichweite, es sei denn, er setzte sich auf, um danach zu greifen.
Zum
Teufel damit, seine Ruhe war dahin. Und es war absolut ihre Schuld. Warum war sie
nicht gegangen, wie jede anständige Frau es tun würde, oder hatte zumindest die
eine Woche Zeit akzeptiert, die er ihr angeboten hatte? Dann würde er jetzt
vielleicht im Boar's Head in Trellick den friedlichen Schlaf des Gerechten
schlafen. Verdammt sei sie, dachte er ungalant. Sie würde lernen müssen, wer
der Herr auf Pinewood war - je eher desto besser. Heute würde sie es
lernen sobald der heutige Tag anbrach. Er verzog das Gesicht, als er sich in
seinem Schlafzimmer umsah, in das nicht einmal eine Andeutung von Tageslicht
drang.
Er
setzte sich auf die Bettkante und fuhr sich erneut mit beiden Händen durchs
Haar. Verdammt, in seinem normalen Leben war er zu dieser Zeit häufig noch gar
nicht zu Bett gegangen. Und doch war er hier im Begriff aufzustehen. Um was zu
tun, um Gottes willen? Frühstücken? Das geschähe diesen Dienstboten recht -
sie hatten ihn gestern Abend bewusst zum Essen ins Dorf geschickt-, wenn
er hinabginge und lauthals nach Essen verlangte. Aber sie würden ihm
wahrscheinlich einfach dieses kalte, grüne Rindfleisch auftischen. Also lesen?
Er war nicht in der Stimmung dafür. Briefe schreiben? Er hatte gestern Abend
Nachrichten für Tresham und Angie geschrieben, die heute Morgen zusammen mit
dem Brief an Bamber abgeschickt werden sollten.
Ferdinand
erhob sich, streckte sich, gähnte, bis seine Kiefer knackten, und fror. Er
würde ausreiten und sich einen klaren Kopf schaffen, bevor er zurückkam und das
Kommando übernahm. Immerhin genoss er frühmorgendliche Ausritte, sagte
er sich grimmig und absolut nicht wahrheitsgemäß. Wie dem auch sei, dachte er,
während er in Richtung Ankleideraum schritt, dies konnte kaum als früher Morgen
gelten. Es war noch immer mitten in der Nacht.
Er fand
seine Reitkleidung in einem der Schränke, ohne nach seinem Diener zu klingeln,
zog sich an und eilte hinaus, ohne sich die Zeit zu nehmen, sich zu rasieren.
Er hatte den Wettlauf gegen die Sonne gewonnen, wie er grimmig erkannte.
Draußen war es zwar nicht mehr ganz dunkel, aber die Welt wurde erst von einer
sehr trüben Dämmerung beleuchtet. Es passte perfekt zu seiner Stimmung.
Er
stolzierte in der inbrünstigen Hoffnung zu den Ställen, dass dort einige
verschlafene Stallburschen wären, die er anbrüllen könnte.
***
Der junge Hahn
hatte auch Viola geweckt, obwohl sich ihr Zimmer an der Rückseite des Hauses
befand. Aber andererseits hatte sie sein Krähen natürlich erwartet und daher
einen leichten Schlaf gehabt. Es schien ihr unmöglich, dass irgendjemand im
Haus den Weckruf verschlafen haben könnte, und erst recht nicht jemand, dessen
Zimmer auf die Terrasse hinausging. Zehn oder fünfzehn Minuten später hatte sie
mit offener Häme in sich hineingelacht, als sie hörte, wie ein Stück den Gang
entlang eine Tür geöffnet wurde und sich Stiefelschritte in Richtung Treppe
entfernten.
Und dann war sie wieder eingenickt.
»Seine
Lordschaft eilte keine fünfzehn Minuten nach dem ersten Hahnenschrei wütend aus
der Tür«, berichtete Hannah später, als sie Viola beim Ankleiden half und ihr
Haar flocht und aufsteckte. »Er war anscheinend regelrecht zornig, als er sein
Pferd aus dem Stall führte. Und dann galoppierte er davon, fluchend und mit
finsterer Miene, Gott weiß wohin. Gehen Sie ihm aus dem Weg, Miss Vi. Lassen
Sie uns Dienstboten heute Morgen alles regeln.«
»Aber
ich kann es kaum erwarten, seinen Zorn selbst zu erleben«, versicherte Viola
ihr. »Ich möchte diesen Morgen unter keinen Umständen versäumen. Vielleicht ist
er heute Mittag bereits wieder auf dem Rückweg nach London und wir sind ihn
los.«
Hannah
seufzte, während sie die Kämme und Bürsten auf dem Toilettentisch richtete. »Ich
wünschte, es wäre so einfach, meine Liebe«, sagte sie.
Viola erging es
ebenso. Ein Gefühl gähnender Leere machte sich irgendwo in ihrer Magengegend
breit, das sie verzweifelt zu ignorieren versuchte. Es war immerhin kein Spiel,
was sie da mit Lord Ferdinand Dudley spielte. Ihr Zuhause,
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