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Dir darf ich nicht gehören

Dir darf ich nicht gehören

Titel: Dir darf ich nicht gehören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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und lauschte. Der Türklopfer an der
Eingangstür erklang und dann wurde geöffnet. Stimmen ertönten in der
Eingangshalle. Mehr als eine. Mehr als zwei. Entweder waren alle Dienstboten
herbeigeeilt, um sie bei ihrer Rückkehr zu begrüßen, oder sie hatte jemanden
mitgebracht. Fast um Mitternacht?
    Sein
erster Impuls war, zu bleiben, wo er war, bis sie alle wieder fort waren. Aber
der Butler wusste, dass er hier war, und ein Dudley durfte nicht von sich
behaupten lassen, er hätte sich lieber im Verborgenen gehalten, statt von
Anfang an klarzustellen, dass er der Herr in seinem eigenen Reich war. Er
durchschritt entschlossen die Bibliothek und öffnete die Tür.
    Fünf
Personen standen in der Eingangshalle - Jarvey, eine kleine, dickliche
Frau, die wie ein Dienstmädchen wirkte, Viola Thornhill und zwei Fremde, ein
Mann und eine Frau. Der Mann war Ferdinand jedoch nicht vollkommen fremd. Es
war der Stockfisch, der gestern seine Meinung kundgetan hatte, dass Wetten bei
einem Kirchenfest unangemessen wären.
    Alle
blickten in seine Richtung. Viola Thornhill tat dies, indem sie über die
Schulter schaute, die Augenbrauen in die Höhe gezogen, die Lippen leicht
geöffnet. Sie trug einen grünen Seidenabendmantel, dessen weite Kapuze kleidsam
über ihre Schultern gebreitet war, den Kopf mit dem hohen Haarknoten
dunkelroter Zöpfe unbedeckt und ungeschmückt.
    Verdammt!
Wo, zum Teufel, hatte er sie schon vor dieser Reise ins Hinterland gesehen?
    »Guten
Abend.« Er betrat die Eingangshalle. »Wollen Sie mich vorstellen, Miss
Thornhill?«
    Das
Dienstmädchen verschwand nach oben. Der Butler verschmolz mit dem Hintergrund.
Die drei verbliebenen Menschen sahen ihn unverhüllt feindselig an.
    »Dies
ist Miss Claypole«, sagte Viola Thornhill und deutete auf die große, dünne Frau
unbestimmbaren Alters. »Und ihr Bruder, Mr. Claypole.«
    Sie
stellte ihn ihren Gästen nicht vor. Aber andererseits war es wahrscheinlich
auch unnötig. Er war zweifellos das Hauptthema der abendlichen Unterhaltungen
gewesen. Ferdinand verbeugte sich.
    Keiner
der Besucher ließ von seiner aufrechten Haltung ab.
    »Das
wird nicht genügen, Sir«, sagte Claypole mit wichtigtuerischer Härte. »Es ist
außerordentlich ungehörig, dass Sie, ein alleinstehender Gentleman, das Heim
einer alleinstehenden, tugendhaften Lady besetzen.«
    Ferdinands
rechte Hand fand den goldverzierten Griff seines Monokels und er hob es ans
Auge. »Ich stimme Ihnen zu«, sagte er nach einer bedeutungsvollen Pause kurz
angebunden. »Besser gesagt, ich würde Ihnen zustimmen, wenn die Ihnen
vorliegenden Fakten korrekt wären. Aber das sind sie nicht, mein guter Mann.
Die alleinstehende, tugendhafte Lady hat mein Heim besetzt.«
    »Nun,
sehen Sie ...« Claypole trat einen angriffslustigen Schritt auf ihn zu.
    Ferdinand
ließ das Monokel an seinem Band fallen und hob eine Hand. »Nur die Ruhe«, riet
er. »Diesen Weg wollen Sie nicht gehen, das versichere ich Ihnen. Und gewiss
nicht in Gegenwart der Ladys.«
    »Sie
brauchen nicht zu meiner Verteidigung zu eilen, Mr. Claypole«, sagte Viola
Thornhill. »Ich danke Ihnen beiden, dass Sie mich in der Kutsche nach Hause
begleitet haben, aber ...«
    »Hier
gibt es kein Aber«, sagte Miss Claypole scharf. »Diese skandalöse Situation
schreit nach einem Akt nachweislichen Anstands. Da Lord Ferdinand Dudley
beschlossen hat, in Pinewood zu bleiben, statt sich schicklicherweise ins
Gasthaus zurückzuziehen, werde ich als deine Anstandsdame hier bleiben.
Unbegrenzt. Solange ich gebraucht werde. Humphrey wird morgen früh einen Koffer
mit meinen Sachen herüberschicken lassen.«
    Ein
Teil der Anspannung war aus Claypoles Körper und seinem geröteten Gesicht
gewichen. Er hatte eindeutig erkannt, wie tollkühn es wäre, sich zu schlagen.
Ferdinand wandte seine Aufmerksamkeit der Schwester zu.
    »Ich
danke Ihnen, Madam«, sagte er, »aber Ihre Anwesenheit hier wird gänzlich
unnötig sein. Ich kann keine Verantwortung für Miss Thornhills Ruf übernehmen,
aber zumindest für ihre Tugend. Ich hege keinerlei Absicht, mich ihr gegenüber
ungezogen zu verhalten, sobald wir allein sind - das heißt allein bis auf
eine Anzahl Dienstboten.«
    Miss
Claypole schien noch um einige Zentimeter zu wachsen, während sie hörbar
einatmete.
    »Ihre
Ungezogenheit ist grenzenlos«, schimpfte sie. »Nun, Sir, ich bin hier, um
sowohl Miss Thornhills Ruf als auch ihre Tugend zu beschützen. Ich würde Ihnen
nicht einen Zoll weiter trauen, als ich Sie sehen kann.

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