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Dir darf ich nicht gehören

Dir darf ich nicht gehören

Titel: Dir darf ich nicht gehören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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Einige Kinder haben vom Dorf aus noch einen langen Heimweg.«
    Sie
wollte nicht geküsst werden. Sie wollte keiner Art Erklärung zuhören. Das war
vollkommen klar. Vielleicht würde sie anders empfinden, wenn sie erst wüsste,
dass sie keine andere Wahl hatte, als Pinewood zu verlassen. Aber er empfand
ein gewisses Gefühl der Erleichterung, gestand Ferdinand sich ein. Tatsächlich
ein starkes Gefühl der Erleichterung. Er wollte nicht heiraten. Er war stets
fest entschlossen gewesen, es nicht zu tun. Mitleid war kein ausreichend
starker Grund, um seine Meinung zu ändern. Und es war bestimmt Mitleid, was ihn
getrieben hatte. Es konnte nicht Liebe sein. Liebe war ein Wort, das sein Vater
stets mit Verachtung ausgesprochen hatte - es war etwas für Frauen. Seine
Mutter hatte das Wort dafür nur allzu oft gebraucht. Für sie, das hatte
Ferdinand in seinen prägenden, beeinflussenden Jahren gelernt, war Liebe
Selbstversenkung und Manipulation und Besitzgier.
    Er
musste es zukünftig vermeiden, mit Viola Thornhill allein zu sein. Er war dem
soeben nur knapp entronnen. Und doch betrachtete ein Teil von ihm sie mit
Sehnen. Er würde sie vermissen, wenn sie Pinewood verließe. Sie war die einzige
Frau, die er beinahe geliebt hätte.
    »Wollen
wir dann zum Haus zurückkehren?«, schlug er vor. »Brauchen Sie Hilfe?« Der Hang
zur Straße erschien von oben noch steiler.
    »Natürlich
nicht«, erwiderte sie, raffte mit beiden Händen ihre Röcke und begann behutsam
den Abstieg.
    Ferdinand
stieg in großen Sprüngen vor ihr hinab, wandte sich am Ende des Hügels um und
beobachtete ihr Vorankommen. Sie lief mit kleinen Schritten, und noch während
er zusah, kam sie kreischend vor Lachen schneller heran. Er trat vor sie hin
und fing sie auf, als sie herabsauste. Er hob sie hoch, beide Arme um ihre
Taille, und schwang sie in einem vollständigen Kreis herum, bevor er sie wieder
auf die Füße stellte. Beide lachten
    Ah, er
war wirklich ein Schwächling, dachte er kurz darauf, als er sie - zuerst
leicht, dann heftig - küsste. Er war ein Mann, der seine Empfindungen und
sein Verhalten nicht mit dem Willen bezwingen konnte. Aber nun widerstand sie
ihm nicht, wie sie es auf dem Hügelkamm getan hatte. Sie umfasste seine
Schultern und erwiderte den Kuss.
    Nach
einer Weile ließen sie einander los, die Blicke abgewandt, ihr Lachen
verklungen, und gingen nebeneinander schweigend zum Haus zurück. Ferdinands
Gedanken waren erneut in Aufruhr. Sollte er oder sollte er nicht? Wollte sie
ihn oder wollte sie ihn nicht? Würde er es bedauern oder würde er es nicht
bedauern?
    Liebte
er sie?
    Bei
dieser Frage blieben seine Gedanken haften. Er wusste so wenig über die Liebe -
über wahre Liebe, falls es so etwas gab. Woran konnte er sie erkennen?
Er mochte Viola, respektierte sie, bewunderte sie, er begehrte sie,
bemitleidete sie - ah, also doch, er bemitleidete sie. Mitleid war
nicht Liebe. Das wusste er zumindest. Aber war Mitleid das vorrangige Gefühl,
das er für sie empfand? Oder war da mehr?
    War es
Liebe?
    Er
dachte noch immer über diese Frage nach, als sie das Haus umrundeten, um zum
Vordereingang zu gelangen. Jarvey stand in der Eingangshalle und wirkte
bedeutsam.
    »Sie
haben Besuch, Mylord«, verkündete er. »Aus London. Ich habe ihn in den Salon
geführt.«
    Ah,
endlich! War es Bambers Anwalt oder Bamber selbst? Endlich würde die Frage der
Besitzerschaft geklärt. Aber gerade als sich Ferdinand zum Salon umwandte,
öffnete sich dessen Tür und der Besucher betrat die Eingangshalle.
    »Tresham!«,
rief Ferdinand und schritt mit der ausgestreckten Rechten auf seinen Bruder zu,
wobei seine Stiefel auf den Fliesen widerhallten. »Was, zum Teufel, tust du
hier?«
    Sein
Bruder schüttelte ihm die Hand, hob die Augenbrauen und ergriff mit der anderen
Hand den Stiel seines Monokels. »Du liebe Zeit, Ferdinand«, sagte er, »bin ich
nicht willkommen?«
    Aber
Ferdinand ließ sich von der herzöglichen Arroganz nicht einschüchtern, die fast
jeden anderen Sterblichen auf dem Erdenrund vor Entsetzen erzittern ließ. Er
drückte seinem Bruder die Hand und schlug ihm auf die Schulter.
    »Bist
du allein gekommen?«, fragte er. »Wo ist Jane?«
    »Mit
den Kindern in London«, erwiderte der Duke of Tresham. »Unser jüngster Sohn ist
erst zwei Monate alt, falls du dich erinnerst. Es ist eine harte Prüfung für
mich, von ihnen getrennt zu sein, Ferdinand, aber deine Not scheint größer als
meine. Also bitte, in welche Verwicklungen hast du

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