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Dir darf ich nicht gehören

Dir darf ich nicht gehören

Titel: Dir darf ich nicht gehören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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anwesend war, als sie die
Eingangshalle durchquerte. Ihre Hände zitterten, als sie die gespreizten Finger
vor sich hielt. Sie hatte wirklich geglaubt, Lilian Talbot sei tot, auf ewig zu
Staub geworden. Aber wie außerordentlich leicht sie wieder zum Leben erweckt
worden war! Wie rasch sie alles verborgen hatte, was ihr innerstes Selbst
ausmachte, damit er ihre tiefe Qual bei der Konfrontation mit der Vergangenheit
nicht sah!
    Er
hatte sie eine Hure genannt - und danach Einwände dagegen erhoben, dass
sie sich selbst so nannte.
    Sie
hatte begonnen - oh ja, sie konnte es nicht leugnen -, sich ein
wenig in ihn zu verlieben.
    Er
hatte sie eine Hure genannt.
    Hannah
war noch im Ankleideraum und packte die große Truhe, die Viola vor zwei Jahren
aus London mitgebracht hatte.
    »Was
ist passiert?«, fragte sie streng. »Was wollte er?«
    »Nur
das, was wir erwartet haben. Er hat mir bis Sonnenuntergang Zeit gegeben zu
gehen.«
    »Wir
werden lange vorher fertig sein«, sagte Hannah grimmig. »Vermutlich weiß er
Bescheid. Hat dieser Duke es ihm gesagt?«
    »Ja.«
Viola setzte sich an den Frisiertisch, mit dem Rücken zum Spiegel. »Aber wir
gehen nicht, Hannah. Weder jetzt noch irgendwann.«
    »Ergibt
das einen Sinn, Miss Vi?«, fragte ihr Dienstmädchen. »Sie haben mir gestern
Abend dieses Schreiben vorgelesen. Kein Gericht im Land wird Ihnen glauben.«
    »Wir
gehen nicht«, wiederholte Viola. »Ich werde Pinewood von ihm gewinnen. Ich habe
eine Woche Zeit dafür.«
    »Wie?«
Hannah richtete sich von der halb gepackten Truhe auf, plötzlich misstrauisch.
»Wie, meine Liebe? Sie werden doch Ihre Arbeit nicht wieder aufnehmen?«
    »Ich
habe ihn zu einer Wette überredet«, sagte Viola. »Zu einer Wette, die ich zu
gewinnen beabsichtige. Mach dir keine Gedanken über Einzelheiten, Hannah. Häng
meine Kleidung nur wieder in den Schrank, sonst wird sie in der Truhe knittern.
Und lass die Truhe wieder in die Mansarde bringen. Wir bleiben.«
    »Miss
Vi ...«
    »Nein,
Hannah.« Viola sah sie mit angespanntem Kinn und hartem Blick an. »Nein! Ich
gehöre hierher. Er hat mich hierher geschickt. Ich werde nicht einfach
aufgeben, nur weil ein Betrug stattgefunden hat. Lord Ferdinand hat mit mir
gewettet und er wird sich an die Bedingungen halten. Dessen kann ich mir
zumindest sicher sein. Er ist ein Gentleman, verstehst du - fast in übertriebenem
Maße. Diese Wette werde ich nicht verlieren.«
    Hannah
stellte sich vor sie hin, den Kopf auf eine Seite geneigt. »Ich glaube nicht,
dass ich genau wissen will, was Sie vorhaben. Aber ich weiß, dass Sie sich ein
Stündchen hinlegen müssen. Sie sind so bleich wie ein Geist. Drehen Sie sich
um, damit ich Ihnen das Haar ausbürste.«
    Das war
schon immer Hannahs Lösung für Probleme aller Art gewesen. Viola konnte sich
erinnern, dass ihre frühere Amme sie immer beruhigt hatte, indem sie ihr das
Haar gebürstet hatte. Sie wandte sich auf dem Stuhl um und spürte, wie Hannahs
Hände geschickt die Nadeln lösten und dann die Zöpfe entflochten.
    Gestern
noch, dachte Viola, während sie die Augen schloss, war sie den Hügel hinab in
seine Arme gelaufen, und er hatte sie herumgewirbelt und mit der gleichen
wilden Leidenschaft geküsst, die sie empfand. Heute hatte er sie eine Hure
genannt und ihr befohlen, Pinewood zu verlassen.
    Morgen
oder übermorgen oder am Tag danach würde sie ihn ins Bett locken und ihn dort
mit den kalten, sinnlichen Künsten erfreuen, die sie bis zur Perfektion gelernt
und betrieben hatte.
    Sie
würde diese Dinge mit Lord Ferdinand Dudley tun. Ihm antun.
    Noch
einmal.
    Und
dann würde sie den Rest ihres Lebens mit sich selbst leben müssen. Auf
Pinewood. Es würde ihr gehören - unbestreitbar und für immer.
    Aber
würden noch Träume bleiben?

Kapitel 12
    Während der
nächsten beiden Tage glaubte Ferdinand allmählich, dass die Woche vielleicht
schneller und weniger quälend vergehen würde, als er erwartet hatte, nachdem er
dieser wahnsinnigen Wette zugestimmt hatte. Vielleicht bereute sie es auch
schon selbst. Wenn sie die Wette zu gewinnen beabsichtigte, nahm sie jedenfalls
einen eigenartigen Weg zum Ziel. Er sah sie kaum.
    Am
ersten Abend hatte er eine Verabredung zum Essen. Erst als er zurückkehrte,
erfuhr er, dass auch sie ausgegangen war. Er ging mit einem Buch zu Bett.
Ungefähr eine Stunde später hörte er sie an seinem Zimmer vorbeigehen. Ihre
Schritte verhielten nicht vor seiner Tür.
    Dann
sah er sie kurz beim Frühstück am folgenden Morgen. Sie

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