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Dir darf ich nicht gehören

Dir darf ich nicht gehören

Titel: Dir darf ich nicht gehören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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Brief an sich und nahm ihn mit in den
Buchsbaumgarten, wo sie sich auf die Bank am Springbrunnen setzte, nachdem sie
nachgesehen hatte, ob der Sitz trocken war. Heute schien die Sonne, aber es
hatte den ganzen vorigen Tag geregnet.
    Allen
ging es gut, berichtete Claire. Sie arbeitete jeden Tag für ihren Onkel. Sie
mochte das Servieren im Frühstückszimmer am liebsten, wo sie Reisende und
einige wenige Ortsansässige traf, die regelmäßig kamen, und sich mit ihnen
unterhielt. Besonders ein Gentleman kam inzwischen recht häufig. Er war äußerst
freundlich, dankte ihr stets für ihre freundliche Bedienung und gab ihr ein
großzügiges Trinkgeld. Sie hatte ihn zunächst nicht erkannt, da sie ihn seit
Jahren nicht mehr gesehen hatte, aber Mama und Onkel Wesley schon.
    Viola
umklammerte das einzelne Blatt Papier mit beiden Händen und merkte plötzlich,
wie sich ihr Herzschlag beschleunigte. Sie spürte, was kam, noch bevor sich
diese Vorahnung bestätigte.
    »Es ist
Mr. Kirby«, schrieb Claire, »der Gentleman, der häufig das Gasthaus besuchte,
als du hier gearbeitet hast, und dann so zuvorkommend war, dich seinen Freunden
für die Stelle einer Gouvernante zu empfehlen. Mama und Onkel Wesley haben sich
gefreut, ihn wiederzusehen.«
    Viola
schloss fest die Augen. Daniel Kirby. Oh, lieber Gott, was tat er wieder in dem
Gasthaus ihres Onkels? Sie öffnete die Augen und las weiter.
    »Er hat
nach dir gefragt«, hieß es in dem Brief weiter. »Er hatte gehört, dass du deine
Anstellung aufgegeben hast, aber er wusste nicht, dass du jetzt auf dem Lande
lebst. Er hat mir gestern eine Nachricht für dich aufgetragen. Warte mal. Ich
möchte sie richtig wiedergeben. Er ließ sie mich sogar wiederholen. Er sagte,
er hofft, dass du bald zu einem Besuch zurück in die Stadt kommst. Er hat ein
weiteres Dokument entdeckt, das für dich bestimmt von Interesse ist. Er sagte,
du würdest schon wissen, was er meint. Außerdem sagte er, dass er es mir
stattdessen zeigen würde, wenn du kein Interesse daran hast, es dir anzusehen.
War das nicht eine aufregende Bemerkung? Nun möchte ich natürlich gerne wissen,
was auf diesem Dokument steht. Aber er wollte es mir nicht sagen, wie sehr ich
auch darum bat. Er lachte nur und zog mich auf. Aber du siehst, liebe Viola,
wir sind nicht die Einzigen, die dich wiedersehen wollen ...«
    Viola
unterbrach ihre Lektüre.
    Noch
ein Dokument. Oh
ja, sie wusste in der Tat, was er meinte. Er hatte eine weitere Rechnung
»entdeckt«, die bezahlt werden musste, auch wenn er schriftlich geschworen
hatte, bereits alle präsentiert und bezahlt bekommen zu haben. Es waren die
zahlreichen unbezahlten Rechnungen ihres Stiefvaters gewesen, überwiegend
Spielschulden, die Mr. Kirby nach dessen Tod erworben hatte.
    Daniel
Kirby war Stammgast im White Horse Inn geworden, nachdem Violas Familie dorthin
gezogen war. Er war sehr freundlich, sehr nett, sehr großzügig gewesen. Und
dann hatte er Viola eines Tages gesagt, er könnte ihr helfen, eine
interessantere Anstellung als diese zu bekommen. Er hatte Freunde, die neu in
der Stadt waren und eine Gouvernante für ihre vier Kinder brauchten. Sie nahmen
lieber jemanden, der ihnen persönlich empfohlen wurde, als zu einer Vermittlung
zu gehen oder Anzeigen in die Zeitungen zu setzen. Er würde ein Gespräch
vereinbaren, wenn sie es wünschte.
    Wenn
sie es wünschte. Sie
war begeistert gewesen. Und ihre Mutter ebenfalls. Auch Onkel Wesley hatte
keine Einwände erhoben. Ihre Hilfe im Gasthaus würde ihm zwar fehlen, aber es
gefiel ihm, dass seine Nichte eine Anstellung bekommen würde, die ihrem Stand
und ihrer Bildung besser entsprach.
    Sie
war, begleitet von Mr. Kirby, zu dem Gespräch gegangen - und hatte sich
in einem schäbigen Haus in einem ärmlichen Stadtteil Londons wiedergefunden und
einer Frau gegenübergestanden, die mit ihrem orangefarbenen Haar und bemalten
Gesicht erschreckend grotesk wirkte. Sally Duke würde sie für ihr neues Gewerbe
ausbilden, hatte Mr. Kirby erklärt -und er hatte nicht lange damit hinter
dem Berg gehalten, um welches Gewerbe es sich handelte. Viola hatte sich
natürlich schlichtweg geweigert, die Angelegenheit fortzusetzen. Sie konnte
sich an das Entsetzen erinnern, das sie empfunden hatte, an die Angst, gefangen
zu sein und nicht ungehindert gehen zu können. Aber Mr. Kirby hatte ihr in
seiner üblichen freundlichen Art erklärt, dass sie gehen könne, wann immer sie
wolle, dass aber ihrer Mutter, ihren jüngeren Schwestern und

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