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Dir darf ich nicht gehören

Dir darf ich nicht gehören

Titel: Dir darf ich nicht gehören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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gewusst, dass er ernstlich krank war.
    Er
hatte mit seiner großen Hand ihre Wange getätschelt und sie auf die Schläfe
geküsst. »Ich gehe zum Sterben zurück aufs Land«, hatte er sanft erwidert. »Meine
Frau ist dort.«
    Kummer
und Liebe und Dankbarkeit und Glück hatten sein Halstuch mit einer Flut von
Tränen getränkt.
    Das
Geräusch von Stiefeln auf Stein brachte Viola jäh in die Gegenwart zurück. Sie
saß auf der Bank im Buchsbaumgarten von Pinewood und hielt Claires Brief mit
beiden Händen umklammert. Lord Ferdinand schritt von den Ställen in Richtung
Haus. In Reitkleidung wirkte er stets höchst verführerisch, dachte sie. Er hielt
einen Moment inne, sah sie und berührte mit der Peitsche die Krempe seines
Hutes. Sie hob halbherzig eine Hand zum Gruß. Er kam nicht die Stufen hinab, um
sich zu ihr zu gesellen, sondern ging ins Haus. Sie atmete zutiefst erleichtert
auf.
    Claire
war in schrecklicher Gefahr. Die Bedeutung der Nachricht war eindeutig. Daniel
Kirby wollte, dass Viola zurückkehrte. Sie war fünfundzwanzig Jahre alt und
somit für eine Kurtisane schon recht betagt, aber sie war auf dem Höhepunkt
ihres Ruhmes abgetreten. Man würde sich noch an sie erinnern. Es würden gewiss
viele potentielle Kunden anstehen, zumindest eine Weile, wenn sich herumsprach,
dass sie in die Stadt zurückgekehrt war - und Mr. Kirby würde dafür
sorgen, dass es sich herumsprach. Sie könnte weitaus mehr Geld für ihn
verdienen, mindestens noch ein oder zwei Jahre, als ein bloßer Neuling wie
Claire, die vielleicht selbst nach der Einarbeitung niemals so gut wäre wie
ihre Schwester.
    Viola
schluckte einmal und dann erneut. Sie musste sich kurzzeitig sehr zusammennehmen,
um sich nicht zu übergeben. Allein der Gedanke, dass Claire ...
    Wenn
sie nicht zurückkehrte, würde er Claire benutzen. Das war die Drohung, die
seine Nachricht enthielt. Er hatte mindestens eine Rechnung zurückbehalten. Sie
würde sie abbezahlen müssen, indem sie wieder arbeitete.
    Es sei
denn, sie besäße Pinewood.
    Das Gut
gedieh. Natürlich hatte sie geplant, den größten Teil der Erträge in
Verbesserungen zu investieren. Es würde viele Jahre dauern, bevor sie sich als
reiche Frau bezeichnen könnte -wenn überhaupt jemals. Aber die Erträge
mussten nicht ins Gut zurückfließen. Sie gehörten ihr und konnten nach ihrem
Gutdünken ausgegeben werden. Sie konnte Zahlungen auf die Schuld leisten. Es
wären natürlich endlose Zahlungen, aber sie könnte kaum etwas dagegen tun. Sie
könnte ...
    Aber
Pinewood gehörte nicht ihr. Es gehörte Lord Ferdinand.
    Es sei
denn ...
    Viola
schloss die Augen und zerknüllte den Brief in der Hand.
    Ja, es
sei denn.
    Ferdinand hätte im
Boar's Head gespeist, aber man hatte ihm gesagt, Viola Thornhill verbringe den
Abend bei den Misses Merrywether. Er zählte die Tage. Es blieben noch zwei. Er
war sträflich eigensinnig. Das wusste er. Er hatte eine Entscheidung getroffen,
aber er würde sich dennoch zwei weitere Tage mit kurzen Blicken auf sie -
wie heute Morgen im Buchsbaumgarten - und kurzen Begegnungen mit ihr
quälen. Er wollte sie mit jedem Herzschlag, aber er war entschlossen, seine
Wette zu gewinnen, ihr wenigstens darin die Stirn zu bieten.
    Sie war
natürlich sehr töricht. Seit dem Tag ihrer Wette hatte sich Lilian Talbot nicht
mehr blicken lassen. Nur Viola Thornhill. Wie konnte sie ihn so zu verführen
hoffen?
    Er zog
sich zum Abendessen um, obwohl er allein speisen würde - es war
lebenslange Gewohnheit. Er summte, als er den Speiseraum betrat, hielt aber
dann jäh inne. Sie stand an der Anrichte und sprach mit Jarvey und es waren
zwei Gedecke aufgelegt. Sie trug ein goldfarbenes Seidengewand ohne jeglichen
Schmuck oder sonstige Accessoires. Das Kleid selbst war so einfach gestaltet,
dass Ferdinand auf einen Blick erkannte, wie kostbar es sein musste. Es
schimmerte über ihren Rundungen auf eine Weise, die weiteren Schmuck wirklich
überflüssig machte. Ihr Haar bildete eine glatte, glänzende, dunkelrote Kappe
auf ihrem Kopf. Ihre Zöpfe waren am Hinterkopf tief im Nacken aufgesteckt. Sie
war die personifizierte Schönheit und Eleganz.
    Ferdinand
hielt weiterhin inne. Er atmete einen Moment unregelmäßig. Sie lächelte, und er
war sich absolut nicht sicher, ob sie Viola Thornhill oder Lilian Talbot war.
Er vermutete, dass ihr Kleid aus dem Besitz Letzterer stammte. Aber es war ein
süßes Lächeln.
    »Ich
dachte, Sie speisen bei den Misses Merrywether«, sagte er.
    »Nein.«
    Also
blieb

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