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Dir darf ich nicht gehören

Dir darf ich nicht gehören

Titel: Dir darf ich nicht gehören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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ihrem Bruder lange
Haftstrafen im Schuldenturm drohten, wenn sie nicht alle ihre Schulden bezahlen
konnten. Er nannte ihr die Gesamtsumme, und sie hatte gespürt, wie alles Blut
in ihr absackte, bis ihr Kopf kalt war, ihre Ohren klangen und sich der Raum um
sie zu drehen begann.
    Sie war
neunzehn Jahre alt gewesen. Ihre Mutter war nach dem Tod ihres Ehemannes
psychisch und physisch zusammengebrochen. Claire war neun und die Zwillinge
sechs Jahre alt. Onkel Wesley hatte bereits einige Schulden abbezahlt, die im
Vergleich mit diesen jedoch geringfügig schienen - er konnte die genannte
Summe keinesfalls auch noch begleichen. Und Mr. Kirby wusste das natürlich.
Viola hatte keinen anderen Ausweg gesehen, als seinen Forderungen nachzukommen.
    Die
Vereinbarung sah vor, dass achtzig Prozent dessen, was sie einnahm, zur
Abtragung der Schulden diente. Von den verbleibenden zwanzig Prozent müsste sie
leben. Es oblag ihr also, hart zu arbeiten, sich einen Namen zu machen, damit
ihre zwanzig Prozent sie in die Lage versetzten, Leib und Seele
zusammenzuhalten.
    Später,
als sie bereits arbeitete, informierte man sie, dass nur zwanzig Prozent statt
achtzig zum Abtrag der Schulden verwendet werden könnten. Mit den verbleibenden
sechzig Prozent wurden ihre Unterbringung, die Vermittlung von Kunden und das
Aushandeln der günstigsten Zinsen bezahlt. Viola war rundum eine Sklavin
gewesen. Aber sie hatte die wenige Macht, die sie noch besaß, dazu benutzt,
darauf zu beharren, dass sie nicht mehr als zwei Nächte die Woche arbeiten
musste, und sich zu weigern, die alleinige Mätresse eines Mannes zu werden. Sie
war rasch von allen Mätressen in London die begehrteste geworden.
    Wie
durch ein Wunder konnte sie das Geheimnis vor ihrer Familie wahren. Nur Hannah
hatte sie eilig ihr Herz ausgeschüttet, sobald sie die Wahrheit über das
wusste, was die Zukunft für sie bereithielt. Hannah hatte darauf bestanden, mit
ihr zu gehen, trotz Mamas Warnung, eine Gouvernante dürfe keine eigenen
Dienstboten haben. Ihre Familie glaubte noch immer, sie habe, bevor sie nach
Pinewood kam, vier Jahre lang als Gouvernante gearbeitet. Ihre Mutter war böse
auf sie gewesen, dass sie eine so ehrbare Anstellung verlassen hatte, um
Pinewood anzunehmen.
    Die
Schulden waren in vier Jahren nicht wesentlich weniger geworden. Die Zinsen
hatten den größten Teil ihrer Zahlungen verschlungen. Sie hatte erkannt, dass Mr.
Kirby sie für den Rest ihres Arbeitslebens in seiner Gewalt halten würde, aber
ihr war keine Lösung eingefallen. Anscheinend war sie lebenslang in einer Falle
gefangen. Aber dann war sie dem Earl of Bamber begegnet. Und er hatte die
Wahrheit entdeckt. Sie hatte ihm eines Nachts ihr Herz ausgeschüttet, als sie
neben ihm auf dem Plüschsofa in ihrem Wohnzimmer saß, sein Arm sicher um ihre
Schultern, ihr Kopf an seiner Schulter geborgen. Sie hatte ihm alles erzählt,
was sie vier lange Jahre in sich verschlossen hatte, und er hatte sie auf die
Wange geküsst und gesagt, sie sei ein gutes Mädchen und er liebe sie.
    Ein
gutes Mädchen. Liebe.
    Die
Worte waren wie eine Quelle reinen Wassers inmitten einer Wüste gewesen. Balsam
für eine leidende Seele.
    Er
liebte sie. Sie wurde geliebt. Sie war ein gutes Mädchen. Sie war
dreiundzwanzig Jahre alt und in ihrem Gewerbe altgedient. Aber sie war ein
gutes Mädchen und sie wurde geliebt. Er liebte sie.
    Er
hatte Daniel Kirby aufgesucht und ihn überredet, ihm alle noch ausstehenden
Rechnungen zu zeigen. Er hatte sie bezahlt und eine unterzeichnete, beglaubigte
Bestätigung erhalten, dass es keine weiteren Rechnungen gab. Und dann hatte er
Viola gefragt, ob sie gern auf Pinewood Manor leben würde. Es sei weit
entfernt, mitten im Nirgendwo, wie er es genannt hatte, und soweit er wisse,
sei es wahrscheinlich heruntergekommen. jedenfalls brachte es ihm keine Gewinne
ein. Aber er würde sie dorthin schicken, wenn sie es wünschte, und er würde
einen guten Verwalter mitschicken, der alles für sie regelte, sowie einen
Butler, der das Haus in Ordnung bringen und weitere Dienstboten einstellen
würde. Das Gut würde ihr gehören. Er würde es ihr in seinem Testament
vermachen.
    Sie
hatte das Gesicht in der Mulde zwischen seiner Schulter und seinem Hals
verborgen und den Arm um seine wohlbeleibte Mitte geschlungen. Sie hatte sich
sicher und geliebt und zum ersten Mal seit vier Jahren seltsam rein gefühlt.
    »O ja«,
hatte sie gesagt. »0 ja, bitte. Aber ich möchte dich nicht verlassen.« Sie
hatte

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