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Dir darf ich nicht gehören

Dir darf ich nicht gehören

Titel: Dir darf ich nicht gehören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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sich, was genau es zu sehen gäbe. Als einen »Metzgergang«
hatte Lord Heyward, sein Schwager, diese Reise bezeichnet. Aber Heyward war
noch nie ein Optimist gewesen, und schon gar nicht, wenn es um die Eskapaden
von Angelines beiden Brüdern ging. Er hatte keine hohe Meinung von den Dudleys,
auch wenn er eine von ihnen geheiratet hatte.
    Er
hätte diese Frau gestern Abend nicht küssen sollen, dachte Ferdinand besorgt.
Es war nicht seine Angewohnheit, sich auf Tändeleien mit unschuldigen Mädchen
vom Lande einzulassen. Was wäre, wenn sich erwies, dass Pinewood Manor nun doch
sehr nahe war - und nicht zerstört? Was wäre, wenn er beschloss, eine
Weile zu bleiben? Sie könnte sich sogar als die Tochter des Pfarrers erweisen.
Es lag vollkommen im Bereich des Möglichen, da sie eindeutig eine der
Hauptverantwortlichen für die Festlichkeiten gewesen war und sie war abends aus
dem Pfarrhaus gekommen. Er hatte nicht gefragt, wer sie war. Er kannte nicht
einmal ihren Namen.
    Zum
Teufel damit, aber er hoffte, dass sie nicht die Tochter des Pfarrers
war. Und er hoffte, dass Pinewood nicht in so großer Nähe lag. Dieser
gestohlene Kuss könnte ihn immerhin in Verlegenheit bringen.
    Natürlich
war sie hübsch genug, um selbst einen Heiligen in Versuchung zu führen -
und die Dudleys waren niemals Anwärter auf den Stand der Heiligkeit gewesen.
Ihr rotes Haar und die vollkommenen Züge ihres ovalen Gesichts machten sie zu
einer außergewöhnlichen Schönheit, selbst wenn man sie nur vom Hals aufwärts
beurteilte. Aber wenn man den Rest ihrer Erscheinung noch hinzufügte ...
Ferdinand stieß den Atem aus und wandte sich vom Fenster ab. Sinn lich
war der Begriff, der ihm spontan in den Sinn kam. Sie war groß und schlank,
aber mit großzügigen Rundungen an den richtigen Stellen. Das hatte er ebenso
bei der Berührung wie mit den Augen erfahren.
    Die
Erinnerung allein genügte, ihn auf beunruhigende Weise zu erregen.
    Er
begab sich auf die Suche nach dem Wirt, um sich nach Pinewood zu erkundigen.
Dann rief er seinen Kammerdiener, der gestern am späteren Abend mit seiner
Kutsche und dem Gepäck eingetroffen war, eine Stunde nach seinem Stallburschen
und der Karriole.
    Eine
Stunde später ritt Ferdinand, frisch rasiert, in ordentlicher Reitkleidung und
mit polierten Stiefeln, in deren Glanz er sich fast spiegeln konnte, jenseits
des Pfarrhauses auf einer dreibogigen Steinbrücke über den Fluss. Pinewood
Manor, hatte der Wirt ihm versichert, war in der Tat sehr nahe. Tatsächlich
begrenzte der Fluss dessen Park auf zwei Seiten. Ferdinand hatte keine weiteren
Einzelheiten erfragt. Er wollte sich selbst ein Bild von Pinewood Manor machen.
Er bemerkte nun, dass viele der Bäume auf beiden Seiten des Flusses Kiefern
waren, die dem Besitz wohl seinen Namen gegeben hatten. Ein Fußweg verlief
zwischen den Bäumen und dem Fluss und erstreckte sich zu seiner Rechten, bis er
um eine scharfe Biegung des Flusses jenseits des Dorfes außer Sicht geriet.
    Das
alles wirkte sehr vielversprechend, aber er sollte sich lieber keine voreiligen
Hoffnungen machen.
    Es war ohnehin
unwichtig. Selbst wenn sich Heywards düstere Voraussagen als richtig erwiesen,
stünde er sich nicht schlechter als vor zwei Wochen. Er hätte lediglich
ungefähr eine Woche der Saison in London und die Ankunft seines Bruders Tresham
mit Frau und Kindern versäumt.
    Ferdinands
Laune besserte sich zunehmend, als er einen gewundenen, von überhängenden
Bäumen beschatteten Fahrweg entlangritt - ein Fahrweg, der selbst für die
großartigsten Kutschen ausreichend breit und keineswegs wegen Vernachlässigung
überwachsen war.
    Er
begann zu singen, wie er es manchmal tat, wenn er allein war, brachte den
Bäumen um sich herum und dem blauen Himmel ein Ständchen. »Nun herrscht der
Monat des Mai, wenn fröhliche Burschen mit Freuden dabei. Fa-la-la-la-la,
la-la-la-Iaaa. Fa-la-la-la-la-la-la.
Ein jeder mit seinem hübschen Mädchen.«
    Aber
sein Gesang und seine Vorwärtsbewegung gerieten jäh ins Stocken, als er aus den
Bäumen in den hellen Sonnenschein ritt und sich am Fuße einer großen
Rasenfläche befand. Sie wurde von dem Fahrweg geteilt, der nach links abbog,
bevor er das nahestehende Haus erreichte.
    Das Haus? Ferdinand stieß einen Pfiff aus. Es war entschieden mehr
als das. Es glich eher einem Herrensitz, obwohl das vielleicht etwas übertrieben war, wie er zugeben musste,
verglichen mit der imposanten Erhabenheit von Acton Park, dem Heim seiner
Kindheit.

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