Dir ergeben - Band 2 Roman
Leute angerufen, nachdem Sie ihm erzählt haben, was gestern vorgefallen ist. So hat er erfahren, dass unser Tanner derjenige war, der die Presse über Ihre Anstellung bei Innovative informiert hat. Und als ob das noch nicht schlimm genug wäre, hat er auch noch das Gerücht über die Betriebsspionage in Umlauf gebracht.«
»O nein.« Meine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern. »Was für ein Idiot!«
»Ja, allerdings«, sagt Bruce fröhlich. »Und zwar von nun an ein arbeitsloser Idiot.« Er zeigt auf mich. »Bitte seien Sie Damien nicht böse, dass er sich eingeschaltet hat.«
»Das bin ich auch gar nicht«, erwidere ich. Schließlich hat Damien nichts weiter getan, als der Sache auf den Grund zu gehen. Bruce hat recht: Tanner hat Innovative geschadet und mir sowieso. Und Damien hat uns beide geschützt.
Die Faust, die mein Herz umklammert hält, lockert ihren Griff etwas.
»Tanner schien zu glauben, dass Sie mir den Job bloß gegeben haben, um Ihrer Frau einen Gefallen zu tun.« Diese Bemerkung rutscht mir unwillkürlich heraus.
Bruce mustert mich dermaßen scharf, dass ich mich fragen muss, in welches Fettnäpfchen ich da gerade getreten bin. »Ach ja?«, sagt Bruce. »Das ist aber seltsam.«
»Dasselbe habe ich auch gedacht. Was hat er bloß damit gemeint?«
Bruces Mundwinkel wandern nach unten. »Keine Ahnung«, sagt er, weicht meinem Blick aber aus.
»Egal«, sage ich leichthin. »Wahrscheinlich war das einfach nur typisch Tanner.«
»Ja, bestimmt.« Bruce erhebt sich. »Wir sollten uns lieber wieder unter die Leute mischen. Bald dürften die anderen Gäste eintreffen.«
Er hat recht: Noch während wir uns unterhalten haben, ist es immer voller geworden. Ein paar Leute kenne ich von Evelyns Party von vor wenigen Wochen. Damien hat sogar erlaubt, dass ein Fotograf der Lokalzeitung wild drauflosknipst. Seine Bilder werden morgen zweifellos eine ganze Doppelseite der Sonntagsausgabe füllen.
Ich sehe, dass Jamie sich mit Rip Carrington und Lyle Tarpin unterhält – zwei Sitcom-Stars, die Evelyn eingeladen haben muss. Da Jamie sie unglaublich toll findet, weiß ich schon jetzt, dass sie von dieser Party rettungslos begeistert sein wird.
Und ich? Ich bin nicht ganz so euphorisch. Bruce hat mir ein wenig aus der Verlegenheit geholfen, aber ich bin noch immer sauer, dass Giselle die wahre Identität des Aktmodells überhaupt erfahren hat. Und Tanners seltsame Bemerkung macht mir ebenfalls zu schaffen – von Bruces noch seltsamerer Reaktion darauf ganz zu schweigen.
Bruce ist in der Menge verschwunden, doch ich stehe immer noch vor dem Kamin. Ich beuge mich vor und greife nach dem Fädchen auf dem Tisch, drehe es zwischen meinen Fingern, während ich den Raum auf mich wirken lasse, der sich von einem angenehmen, vertrauten Ort in ein kühles, seelenloses Ambiente verwandelt hat, in dem ich mich nicht wohlfühle – erst recht nicht ohne Damien an meiner Seite.
Ich suche nach ihm, sehe aber nur unbekannte Gesichter. Im dritten Stock wimmelt es inzwischen von strahlenden Menschen mit einem noch strahlenderen Lächeln. Alle sehen aus wie auf Hochglanz poliert, und ich komme nicht umhin, mich zu fragen, ob jemand innerlich ähnlich leidet wie ich. Nach wie vor rolle ich das Fädchen zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her, es zappelt wie eine Schlange. So sind meine Hände wenigstens beschäftigt, doch ich habe nicht deshalb danach gegriffen. Ich sollte es eigentlich zurücklegen, aber ich kann nicht. Ich habe es nicht ohne Grund vom weißen Melamincouchtisch genommen.
Langsam und sorgfältig wickle ich den Faden um meine Fingerkuppe. Ich ziehe ihn fest, woraufhin sich die Haut um den Faden sofort weiß und meine Fingerspitze sich erst dunkelrot und dann violett färbt. Je öfter ich den Faden darumwickle, desto stärker wird der Schmerz. Und mit jedem Mal bekomme ich etwas mehr festen Boden unter den Füßen.
Wie eine Aufziehpuppe – jede Schlüsseldrehung verstärkt den Schmerz, hilft mir, mich zu konzentrieren. Ich werde so lange daran drehen, bis ich an meine Grenzen gelangt bin. Erst, wenn der Schlüssel abzubrechen droht, werde ich loslassen. Dann hat die reizende Party-Nikki ihren Einsatz, wird sich unter die Gäste mischen, lächeln, lachen und sich auf diesen glänzenden dunkelroten Schmerzfleck konzentrieren, der sie durch den Abend bringen wird.
Nein.
Verdammt noch mal, nein!
Meine Rechte zuckt so heftig zurück, dass ich stolpere und den kleinen Tisch neben mir umwerfe. Ein
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