Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dirk und ich

Dirk und ich

Titel: Dirk und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
Vom Netzwerk:
auszufahren.
    Ich dachte, Gott sei Dank, weil ich schon Angst gekriegt hatte, dass Behruz und Uli auf dem Sims festfrieren und dann zuschneien würden, weil es so kalt draußen war. Ich schaute zu den beiden rüber, wie sie sich immer noch an der Hand hielten und zitterten.
    Und plötzlich hörten beide auf zu zittern. Behruz guckte runter auf das Sprungtuch. Uli guckte auch runter auf das Sprungtuch. Und ich sah genau, wie die beiden sich plötzlich angrinsten.
    Ich glaube, ich habe geschrien, so wie alle anderen auch, als Behruz und Uli die Augen zukniffen und vom Fenstersims hinunter in die wirbelnden Schneeflocken sprangen.
    Am nächsten Tag kamen Behruz und Uli nicht zur Schule, weil sie beide Schnupfen hatten. Aber ihre Eltern mussten zu Herrn Bartel gehen und sich anhören, was für verrückte Söhne sie hätten. In der vierten Stunde kam Herr Bartel dann in unsere Klasse und er war mordsmäßig sauer. Frau Weide war auch wieder da, und als Herr Bartel rumschimpfte, wusste sie nicht, wohin mit ihren Händen, weil ja ihre Perlenkette in der Metzgerei draufgegangen war und sie noch keine Zeit gehabt hatte, eine neue zu kaufen.
    Herr Bartel sagte, schöne Mütschüler wären wür, dü so einen Blödsünn mütmachten. Er sagte, üch bün doch nücht Dürektor geworden, um ürgendwann wegen ürgendwelcher kleinen Üdüoten in der Ürrenanstalt zu landen. Und er sagte, manchmal üst es vül mutüger, Nein zu sagen anstatt beweisen zu müssen, wü toll man üst, ündem man an Häusern rumklettert und ün Sprungtücher hüpft.
    Ich fand schon, dass Herr Bartel Recht hatte.
    Aber trotzdem fand ich es auch total mutig, in das Sprungtuch zu hüpfen, und das sagte ich Behruz, als ich ihn nachmittags zusammen mit Susanne besuchte.
    Wir waren gerade fünf Minuten da und saßen bei Behruz am Bett, wo er unter mindestens zehn Decken lag, als es an der Haustür klingelte.
    Draußen stand Uli und fragte, ob er reinkommen dürfte. Er hatte einen dicken Schal um den Hals und sah verheult aus, weil er Krach mit seinen Eltern gehabt hatte. In der einen Hand hielt er einen Beutel mit Sonnenblumenkernen, in der anderen eine Tüte mit Feigenfrüchten.
    Die haben wir alle aufgegessen und dabei persischen Tee getrunken und viel gelacht, als Behruz und Uli abwechselnd erzählten, wie es sich anfühlt, wenn man durch die Luft fliegt, mit Schnee drum rum und allem und sich dabei vor Angst fast in die Hose pinkelt. Und ich fand es mal wieder typisch, wie sich zwei Kinder erst nicht leiden können, und auf einmal sind sie dicke Freunde.
    Ziemlich dicke Freunde.

Schweine, Leitern, Mischmaschinen
    Im folgenden Sommer starb eine Tante von Papi und vererbte ihm ein Haus in der Stadt. Das Haus hatte schon lange leer gestanden, weil diese Tante ganz woanders gewohnt hatte.
    Papi erzählte, er hätte diese Tante nicht leiden können und sie ihn auch nicht, deswegen hätte er sie auch nie besucht. Das Haus hätte sie ihm bestimmt nur deshalb vermacht, weil sie alle anderen Mitglieder aus Papis Familie noch weniger leiden konnte.
    Jedenfalls, Papi und Mami hatten sich entschlossen, das Haus zu renovieren und umzuziehen, und an einem Wochenende im Juni stiegen wir alle ins Auto und fuhren zur Besichtigung von Papis Erbe.
    Unser neues Haus stand fast am Ende der Straße und es war das hässlichste Haus, das ich je gesehen hatte. Ich erkannte es aber gleich wieder, weil ich zwei Wochen vorher zusammen mit Dirk fast alle Scheiben mit der Flitsche eingeballert hatte. Ich fand das nicht schlimm, weil, es war sowieso total im Eimer, eine richtige Bruchbude. Überall bröckelte der Putz ab und eslagen auch lauter Ziegel rum, die vom Dach gefallen waren.
    Papi grinste und war sehr stolz. Er sagte, so, das ist also unser neues Zuhause und wie wir es fänden. Ich fand es bescheuert, aber ich sagte nichts.
    Dann gingen wir alle rein und standen im Flur rum und Mami sagte, es sähe hier aus wie bei Hempels unterm Sofa.
    Ich kannte diese Hempels nicht, aber ich dachte, die sind bestimmt so richtige Schlampen! Drinnen war nämlich alles kaputt und dreckig. Überall hingen Tapetenfetzen und Spinnweben von den Wänden runter. Es roch auch ganz vermodert, so ähnlich wie in Tobis Stall, als er grüne Knete gefressen und davon Durchfall gekriegt hatte.
    Im Erdgeschoss gab es außer dem Flur drei Zimmer und eine Küche und

Weitere Kostenlose Bücher