Dirnenmord am Montmartre ROTE LATERNE ROMAN Band 8 (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
Tatsache, dass Yvette einen Mann namens Victor davor gewarnt hat, in die Gegend um den Place de Fleur zu kommen, bedeutet für uns keinen Beweis, denn wir wissen ja nicht, ob dieser ominöse Victor tat' sächlich der Dirnenmörder vom Montmartre ist.«
»Und die Sache mit Pierre, dem Clochard?«
»Das ist ähnlich gelagert«, sagte Alexandre. »Die Tatsache, dass Yvette von ihm wegen irgendetwas erpresst wurde, besagt überhaupt nichts. Yvette selbst hat ein hieb- und stichfestes Alibi. Dazu haben Sie ja beigetragen, Lilly.«
Die Dirne zuckte mit den Schultern.
»Weil es die Wahrheit ist. Yvette ist an diesem Tag nicht aus dem Haus gegangen. Sie war auch den ganzen Abend über hier. Aber sie hat dann eben jenen Anruf bekommen, der sie ziemlich beruhigt hat. Ich möchte darauf wetten, dass man ihr den Tod von Pierre telefonisch mitgeteilt hat.«
»Dass Sie darauf wetten können, Lilly, nutzt uns vor dem Ermittlungsrichter herzlich wenig. Der will handfeste Beweise haben. Sollten wir diesen Unheimlichen zu fassen bekommen, so würden wir ihn mit Sicherheit festnehmen. Aber dann wären wir dran, ihm etwas zu beweisen. Er hat so gut wie gar keine Spuren hinterlassen. Nun bleibt uns nur noch, zu warten.«
»Zu warten?« Lilly war nervös und warf Marcel einen hilfesuchenden Blick zu. »Worauf will man denn warten?«
»Bis irgendwer einen entscheidenden Fehler macht, oder bis uns der Zufall auf die Sprünge hilft.«
»Oh, mon dieu!«, rief Lilly. »Wenn man auf den Zufall wartet, dann wartet man oft sein ganzes Leben lang. Ich wusste gar nicht, dass die Polizei sich dermaßen auf Zufälle verlässt.«
Diese Worte hatte sie ein wenig spöttisch gesagt. Doch Alexandre Picard schien ihr das zu verzeihen.
»Wir bauen doch nicht ausschließlich auf Zufälle, Lilly. Aber was sollen wir tun, wenn wir keine anderen Möglichkeiten haben? Es wird uns auch nicht helfen, wenn wir Yvette gehörig in die Mangel nehmen. Sie gehört zu diesem Milieu, Lilly, und Sie wissen sehr gut, dass das Milieu schweigt wie ein Grab. Man rennt gegen eine Mauer an, schlägt sich wund und muss letztlich feststellen, dass man sie einfach nicht durchdringen kann.«
»Das ist allerdings wahr. Dann war noch diese Sache mit dem Foto. Fast hätte ich es vergessen.«
»Mit welchem Foto?«
Alexandre war wie elektrisiert aufgesprungen.
»Yvette zeigte mir an dem Tag, an dem sie mit Pierre gestritten hatte, die Fotografie eines jungen Mädchens. Sie bedeutete mir, dass es für mich gefährlich sei, dieses Mädchen zu kennen.«
»Und?«
»Yvette riet mir, für einige Zeit aus Paris zu verschwinden. Ich sollte nach Südfrankreich, meinte sie. Dort gäbe es auch gute Plätze.«
»Nein, ich meine, ob Sie das Mädchen kennen, Lilly?«
»Ich denke schon die ganze Zeit darüber nach«, sagte Lilly. »Ich habe dieses Gesicht schon einmal gesehen. Es liegt eine Weile zurück. Ich versuche dauernd, mich daran zu erinnern.«
»Bei diesem Mädchen könnte es sich um jene Nathalie handeln, nach der der Unbekannte gesucht hat. Wenn wir wüssten, wer diese Nathalie ist, dann kämen wir vielleicht ein gutes Stück weiter. Also lautet die wichtigste Frage: Wer ist oder wer war Nathalie?«
»Weshalb schaust du uns so erwartungsvoll an?«, fragte Marcel.
Alexandre lächelte.
»Nun«, meinte er. »Ihr beide kennt euch im Milieu besonders gut aus, denn wenn man nach dieser Nathalie suchen will, wo soll man dann anfangen? Ihr wisst das doch wohl am besten.«
Ganz und gar entgeistert ging Marcel nun auf Alexandre zu.
»Wir sollen für dich die Kastanien aus dem Feuer holen?«
»Mon dieu!«, rief Alexandre. »So meine ich das nicht. Aber ihr beide habt doch viel eher die Möglichkeit, euch umzuhören und etwas herauszukriegen.«
»Yvette hat gesagt, dass es gefährlich sei, sich mit dieser Nathalie zu beschäftigen«, erinnerte Lilly nun. »Vielleicht steckt etwas ganz Großes dahinter. Etwas, wovon wir überhaupt noch nichts ahnen.«
»Das mag sein«, sagte Alexandre. »Aber ich fürchte, dass ich euch sagen muss, ohne eure Hilfe ist hier fast nicht mehr weiterzukommen. Ihr sollt euch auch nur umhören, mehr verlange ich doch nicht.«
»Das ist bereits reichlich viel«, sagte Lilly. »Wie Sie selbst gesagt haben, schweigt das Milieu.«
»Das gilt nicht für Sie, Lilly. Sie gehören zum Milieu und können diese Mauer des Schweigens durchbrechen.«
»Tröstenswert zu wissen, dass man auch zu etwas nutze ist«, meinte Lilly nun und lächelte dabei ein wenig
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