Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
hatten wir als Headliner im Hammersmith Odeon gespielt und unsere Australien-Tour in der ausverkauften Myer Music Bowl eröffnet.
Was hatte sich verändert? Hatte ich mich verändert? Offensichtlich nicht so sehr, denn hier saß ich in der vertrauten Bar des Station Hotels und betrank mich wie immer. Tja. Dabei hatte ich hunderte von Konzerten in Australien und Europa hinter mir, an einer der meistverkauften LPs in den australischen Charts des Jahres 1976 mitgewirkt, und genug Kohle verdient, um Freunde und Familie großzügig mit Weihnachtsgeschenken zu bedenken. Und so, wie es aussah, würden noch mehr Konzerte folgen, in der ganzen Welt. War ich glücklich? Das wusste ich nicht so genau. Vielleicht brauchte ich einfach noch was zu trinken, um das herauszufinden. Auch noch einen, Graham?
„Noch ’ne Runde, Jungs?“, fragte Albert hinter der Bar. „Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie AC/DC hier gespielt haben, bevor ihr nach England gegangen seid. Tolle Band, die beste, die hier je aufgetreten ist. Die hier gehen aufs Haus.“
Meine Aktien mussten ganz schön gestiegen sein, wenn ich im Station Hotel Freigetränke bekam.
„Sei besser sparsam mit dem Whisky, ich will schließlich nicht besoffen werden“, erwiderte ich. „Sonst schmeißt du mich vielleicht noch raus.“ Das konnte ich mir dann doch nicht verkneifen.
„Dich rauswerfen?“, gab Albert zurück und tat so, als sei er ehrlich schockiert. „Auf keinen Fall, Mark.“
Ja, die Dinge hatten sich wirklich geändert.
Inzwischen trank ich mindestens eine Flasche Scotch am Tag, manchmal auch fast zwei. Interessant war dabei, dass ich deshalb aber nicht betrunken umfiel wie die meisten Leute in meinem Bekanntenkreis; ich war stets der letzte, der noch stand. Ein paar nächtliche Partys gingen nahtlos in die Feiern am nächsten Tag über. Allerdings möchte ich betonen, dass stets nur Alkohol im Spiel war, keine anderen Drogen. Mein Stoffwechsel machte Überstunden. Ich stand enorm unter Stress, und das einzige, was mich antrieb, war die nervöse Energie in meinem Innern. Irgendetwas nagte an mir. „Wenn das hier nicht meine Heimat ist, wo denn dann, zum Teufel?“ Die Antwort, die ich darauf für mich fand, war: Heimisch fühlte ich mich mit den Jungs auf Tour. Dann war ich wirklich ich selbst. Und ich war wirklich nicht mehr derselbe, der früher im Hilton gewohnt hatte. Dass ich meine alte Bleibe nicht mehr als mein Zuhause empfand, verursachte wiederum Schuldgefühle, weil es mir so respektlos vorkam.
Im Court Jester bekam einmal ein Ortsansässiger mit, wie ich davon schwärmte, wie gut es mir in London gefallen hatte.
„Dann ist das hier wohl nicht mehr gut genug für dich, oder was?“, fauchte er. Gute Frage.
Allmählich gelang es mir dann aber doch, diese Unsicherheit zu überwinden. Schließlich würde ich schon bald wieder unterwegs sein, und jetzt tat ich gut daran, die Zeit mit meiner Familie zu genießen. Wer konnte schon sagen, wann ich das nächste Mal wieder hier sein würde? Nachdem ich mir das klar gemacht hatte, ließ ich das exzessive Trinken wieder ein bisschen sein und verbrachte ein beinahe alkholfreies Silvester im Chevron Hotel mit meiner Schwester Judy, ihrem Mann Dan und ihrer engen Freundin Jacquie Rogers.
Für AC/DC begann das neue Jahr in Tasmanien am 7. Januar, einen Tag nach Mals 24. Geburtstag. Wir spielten in Hobart, Launceston und Burnie (dieses Mal, ohne irgendwelchen Ärger zu bekommen), und kehrten dann aufs Festland zurück, um die Tour in Horsham fortzusetzen, einer kleinen Stadt im Bundesstaat Victoria. Prompt ging derselbe Mist wieder los, mit dem wir uns im Dezember herumgeärgert hatten. Der Bürgermeister von Warrnambool stellte fest, dass wir – Trommelwirbel bitte – „ekelhaft“ seien und wollte ebenfalls um jeden Preis verhindern, dass wir den Frieden in seiner Stadt störten. Allmählich war das alles nicht mehr witzig, und wir waren längst übereinstimmend zu dem Schluss gekommen: „Diesen Scheiß braucht keine Sau.“ Wir strichen das ganze Land von unserer Weihnachtskartenliste.
Die Situation wurde so blöd, dass sie kaum noch mit Worten zu beschreiben war, obwohl Angus bei Interviews durchaus noch welche einfielen: „Es ist doch bescheuert, wenn wir für ein Konzert durchs halbe Land fahren, um dort festzustellen, dass die Show abgesagt wurde, weil man uns für obszön hält. Wenn wir von den Behörden weiterhin so drangsaliert werden, überlegen wir ernsthaft, Australien zu
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