Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
Anfang im Proberaum der Band, April 1975. Von links nach rechts: Malcolm, Angus, Bon, Phil und ich.
(Familie Evans)
I m Mai 1977war ich also wieder in Melbourne, kurz vor Beginn des Winters, der im Bundesstaat Victoria verdammt hart und kalt ausfallen konnte, wie ich noch gut aus der Zeit wusste, da mir als Vierjährigem beinahe die Beine abgefroren waren. So hatte ich das alles nicht geplant, im Gegenteil. Ich hatte mich darauf vorbereitet, mit AC/DC die USA zu erobern. Aber stattdessen war ich nun nicht nur wieder in Melbourne, ich hing wieder in meiner alten Bude im Hilton herum und hatte einen mörderischen Kater. Mit schmerzendem Kopf starrte ich auf die Ecke, in der früher mein Bassverstärker gelauert und mich mit seinem bloßen Anblick dazu inspiriert hatte, meine Karriere voranzutreiben. Scheiße, wo war mein Bassverstärker? Irgendwo in England. Na toll. Da hatte ich selbst es nicht geschafft, mich in England durchzusetzen, aber mein Bassverstärker war dort geblieben. Mein Kater verstärkte sich noch.
Nach meiner Rückkehr hatte ich erst einmal wieder viel Zeit mit meiner Familie verbracht, aber auch mit Graham Kennedy, meinem alten Spießgesellen, und das baute mich ein wenig auf. Eins hat mich bei Graham immer verwundert: Er ist mein bester Kumpel, wir sind wie Brüder und hatten nie Streit – aber er verstand sich stets großartig mit Angus. Wenn ich gelegentlich das Bedürfnis hatte, ein bisschen über meine alten Kollegen herzuziehen, dann fiel er mir jedes Mal ins Wort: „Was hast du eigentlich für ein Problem? Angus ist total in Ordnung.“ Daraus soll man schlau werden.
Aber ich stand nun vor der großen Frage: Was sollte ich als nächstes tun?
Inzwischen war ich zu dem Schluss gelangt, dass es keine gute Idee war, sofort nach London zurückzukehren. Es war vielleicht besser, eine Weile in Melbourne zu bleiben, mal wieder zum Football zu gehen und abzuwarten, was sich ergeben würde. Bons Worte hallten mir noch in den Ohren, dass Australien ein Rückschritt sei, aber für mich war die Zeit gekommen, einmal inne zu halten und meinen Kopf wieder klar zu bekommen.
Mir machte es ganz schön zu schaffen, wie sehr mein Leben aus der Bahn geraten war. Bei AC/DC hatte ich im Kokon der Band gesteckt; es hatte sich jemand um meine Ausgaben gekümmert, mir ein wöchentliches Gehalt gezahlt, und im Grunde war mein ganzes Leben für mich arrangiert worden. Nun fühlte ich mich völlig isoliert und ohne Plan. Außerdem kam auch kein Geld mehr rein. Das, was ich während meiner Zeit mit der Band gespart hatte, würde nicht ewig reichen.
Ich war noch nicht einmal eine Woche wieder da, als ich einen Notruf von Brian Todd bekam, einem Bekannten, der eine Band namens Finch managte. Finch hatten ein paar Mal als Vorgruppe für AC/DC gespielt, und ihr Gitarrist, Bob Spencer, hatte mir damals die lange Liste mit Fragen für Paul Kossoff mitgegeben. Bob spielte inzwischen bei einer anderen Band, und der Bassist war offenbar auch gerade ausgestiegen.
„Kannst du nach Tassie kommen – möglichst jetzt gleich? Du tätest uns einen riesigen Gefallen.“
Tasmanien? Ach du Scheiße, da war es jetzt ja noch kälter als in Melbourne. Aber ich überlegte, dass die Idee, kurz bei Finch einzuspringen, vielleicht gar nicht so schlecht war – der Frontmann der Band, Owen Orford, war ein phantastischer Sänger, und es würde ein bisschen Geld bringen. Also ab nach Tasmanien.
Es dauerte nicht lange, da war ich ein festes Mitglied der Band, und mein Freund Graham Kennedy stieg als Gitarrist ein. Darüber hinaus gehörten noch der Schlagzeuger Barry Cram und der Gitarrist Dave Hinds zur Besetzung. Wir bekamen einen Vertrag bei CBS Records und benannten uns für die Plattenveröffentlichungen in den USA von Finch in Contraband um.
Contraband waren die meiste Zeit auf Tournee, ähnlich wie AC/DC – meist auf eigene Rechnung, gelegentlich aber auch zusammen mit unseren Labelkollegen Dragon oder als Vorgruppe von Status Quo. Ich lernte eine junge Frau namens Kobe Steele kennen, die für eine Reihe von Bands, darunter auch Contraband, Promotion machte. Davon abgesehen hatte sie ihre eigene Fernsehshow, die Musiksendung Right On , die auf ein junges Publikum abzielte und unter der Woche direkt nach Schulschluss um halb fünf Uhr nachmittags lief. Da ihr Lebensmittelpunkt Sydney war, zog ich bald ebenfalls nach Norden, um in ihrer Nähe zu sein.
Es dauerte nicht lange, bis mich ein gewisses Déjà-vu-Gefühl beschlich –
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