Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
dachte ich, „ich werde schon auf mich aufpassen.“ Tatsächlich war ich ungefähr auf alles vorbereitet, nur nicht auf ein paar Kerle mit hochhackigen Schuhen und Make-up. Was war das denn, verdammte Scheiße? Hinter dem Lippenstift und den hohen Absätzen waren sie allerdings wirklich nette Jungs, vor allem ihr Sänger Vince Neil und der Schlagzeuger Tommy Lee. Aber wilde Gesellen? Das sollte wohl ein Witz sein. Wahrscheinlich hatte da irgendein Typ in der PR-Abteilung ein bisschen dick aufgetragen.
Gleich zu Anfang der Tour wurden wir in Denver, Colorado, von schweren Schneefällen überrascht und saßen drei Tage lang in unserem Hotel fest. An einem Abend schlugen wir uns bis zu einer Bar auf der anderen Straßenseite durch. Der Laden hieß Johnny’s und war benannt nach seinem Besitzer, einem vierschrötigen Cowboy. Er war ein lauter, ruppiger und total nerviger Typ, der sich für den besten Poolbillard-Spieler von ganz Denver hielt und groß herumtönte, dass er mit jedem, der sich traute, um einen Einsatz von 50 Dollar spielen würde.
Da war er bei mir an den Richtigen geraten. Her mit dem Queue, Cowboy!
Es war kaum zu glauben, aber bei ihm ging wirklich kein Stoß daneben. Er lochte alle Kugeln sauber ein, und bei mir lief gar nichts. Ich verlor vier Spiele hintereinander. Damit war ich 200 Dollar los und pleite – und vor allem war ich stinksauer. Dass Johnny meine Niederlage lauthals herausposaunte, machte die Sache nicht angenehmer.
„Hey, ich hätte ja gedacht, ihr Aussies würdet was vom Poolbillard verstehen. Aber so kann man sich irren! Ha ha!“
Er machte mich richtig wütend.
„Hey“, prustete er, „wie wär’s – wir spielen noch eine Partie, aber diesmal um 100 Mäuse? Aber halt, du hast ja keine Kohle mehr. Pass auf, wenn ich gewinne, kriege ich deine Klamotten, und du musst splitterfasernackt durch den Schnee nach Hause. Abgemacht?“
„Her mit dem Queue, Johnny.“
Laurie Marlow, der Bassist von Heaven, erklärte mich für verrückt. Das war ich auch, aber verdammt, ich wollte dieses Arschloch unbedingt schlagen. Inzwischen standen reichlich Zuschauer um unseren Tisch, und es wurden die ersten Wetten abgeschlossen. Irgendjemand rief: „Tritt ihn in seinen fetten Arsch!“
Tatsächlich wendete sich das Glück, und das nächste Spiel gewann ich. Damit musste ich schon mal nicht mehr nackt durch den Schnee. Wir spielten weiter. Die Bar machte zu, wir spielten weiter. Johnny verlor nun ein Spiel nach dem anderen und fing an, sich richtig zu ärgern. Ein Drink folgte auf den nächsten, und plötzlich traf ich bei jedem Stoß. Jetzt lief es so richtig. Schließlich behauptete Johnny, ich würde mogeln, nachdem ich nach dem Anstoß zwei Kugeln versenkte und dann den ganzen Tisch abräumte. Er bekam keinen einzigen Stoß und musste mir noch einen Hunderter rüberreichen.
Im Laufe der Nacht ging er ein paar Mal an die Kasse, bis ich die kompletten Tageseinnahmen abgesahnt hatte, insgesamt waren es über 2.000 Dollar. Der dicke Drecksack schuldet mir immer noch 500 Mäuse.
Die nächste Tour absolvierten wir im Vorprogramm von Kiss, eben jener Truppe, über die wir vor Jahren in London so gelästert hatten. Es war ihre heiß diskutierte Unmasked -Tournee, bei der sie ohne Make-up auftraten. Keine gute Idee, Jungs. Es war ziemlich schnell klar, wieso sie sich zuvor so zugekleistert hatten – sie waren potthässlich. Gene Simmons war allerdings ein ziemlich interessanter, beeindruckender Typ, der nicht mit guten Ratschlägen hinter dem Berg hielt.
„Hey, ich bin ein großer Fan von euch, Jungs“, erklärte er uns eines Abends. „Ich würde gern eure nächste Platte produzieren.“
Heaven hatten damals mit „Rock School“ einen kleinen Hit, der recht häufig auf MTV gezeigt wurde, das gerade noch in seinen Kinderschuhen steckte. Es sah gut aus für uns. Einmal machten wir eine Fotosession für eine japanische Zeitschrift und hatten uns dafür vor der Hintertür des Eisstadions aufgebaut, in dem wir an jenem Abend spielten. Plötzlich ging die Tür auf und Gene posierte für die Kameras, mit dieser typischen Zungengymnastik – igitt! Dann unterhielt er sich in fließendem Japanisch mit dem Fotografen und machte ein paar Witze. Jedenfalls glaube ich das, weil die beiden sich anschließend vor Lachen bogen. Vielleicht lachten sie auch über Heaven. Daraus, dass Gene uns produzierte, wurde leider nichts.
Im Anschluss an die Unmasked -Tournee spielten wir ein paar Mal im
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