Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
geschüttelt und sich wieder mit dem Kopf voran ins pralle Leben gestürzt. Warum einen Tag, warum auch nur einen einzigen Moment verschwenden? Das erschien mir sehr richtig.
Als ich noch klein war, musste man sich entscheiden – entweder für die Beatles, oder für die Rolling Stones. Ich hielt immer zu den Stones, die mich begeistert hatten, seit ich zum ersten Mal „Not Fade Away“ im Radio gehört hatte. Vielleicht war es der große Blues-Einfluss, der mich so packte, aber ich denke, mir gefiel auch ihr Bad-Boy-Image.
Bei meinen ersten noch holprigen Versuchen, eigene Bands auf die Beine zu stellen, war stets sehr viel Stones-Material mit im Programm. Ein paar dieser Songs spiele ich heute noch bei den Akustik-Gigs mit Dave: „Little Red Rooster“, „Not Fade Away“ und „Under My Thumb“ gehören zu unserem aktuellen Programm. Als ich 1975 zu AC/DC stieß, hatte ich sehr erfreut festgestellt, dass in ihrer Setlist ein paar Stones-Songs auftauchten – sie verschwanden zwar kurz darauf, aber der Einfluss blieb erhalten.
Fast 30 Jahre später, am 20. Februar 2003, war ich mit Dave Tice, Graham Kennedy und Bille voller Vorfreude auf dem Weg zum Enmore Theatre in Sydney, wo die Stones im Rahmen ihrer 40 Licks -Tournee auftraten. Das Enmore fasst nur 1.500 Zuschauer, es ist eine coole, kleine Halle, die für eine so großartige Band wie die Stones wie geschaffen ist. Es ist ein richtig altmodisches Theater, mit ansteigendem Hallenboden, kleiner Bühne und eben jener speziellen Atmosphäre, die man nur dann erfährt, wenn man eine Band wirklich aus nächster Nähe sieht – wie eine kleine Zeitreise, weg von den aktuellen Betonburgen und Superdomes.
Auf dem Weg dorthin musste ich unwillkürlich an jenen Abend im Mai 1976 denken, als wir uns die Stones im Londoner Earls Court ansahen, nachdem Atlantic uns Pässe besorgt hatte. Michael Browning war damals auch mit dabei, und wir waren offenbar alle sehr aufgedreht, weil er sagte, ihm sei gar nicht klar gewesen, dass wir alle so schnell rennen konnten. Es lag eine gewisse Aufregung in der Luft, was natürlich niemand von uns zugegeben hätte, dazu waren wir ja alle viel zu cool, und ich hatte damals auch das Gefühl, dass sich die anderen Jungs über einen begeisterten Kommentar gnadenlos lustig gemacht hätten. Also hielt ich die Klappe und ging weiter. Schnell. Angus war allerdings nicht bei uns.
„Wieso sollte ich denn da hin?“, hatte er in der Band-Unterkunft vor sich hin gegrummelt. „Interessiert mich nicht.“
Mir war das wurscht, ich war völlig hin und weg.
Die Stones-Konzerte in jener Zeit waren enorm aufwändig. Das Licht ging aus, und es erschallte die pompöse „Fanfare To The Common Man“. Die Bühne war wie eine Lotosblüte gestaltet, in deren Mitte die Band stand, während sich die Seiten wie Blütenblätter öffnen oder schließen konnten. Es war alles im großen Stil gehalten und erschien mir fürchterlich übertrieben. Für mich hatte das nichts mehr mit Rock’n’Roll zu tun. Der eigentliche Set der Stones begann mit „Honky Tonk Women“, und danach spielten sie viele Songs von Black And Blue , dem damals aktuellen Album. Es war die erste Tour mit Ron Wood von den Faces an der Gitarre.
Auf der Platte sind einige ziemlich Funk-beeinflusste Titel, die mir als eine radikale Abkehr vom traditionellen Stones-Sound erschienen und überhaupt nicht gefielen. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass die anderen AC/DC-Jungs das irgendwie gut fanden. Ich persönlich war jedenfalls enttäuscht; damals dachte ich, wenn das da die „größte Rockband der Welt“ ist, dann sind wir von diesem Titel auch nicht mehr allzu weit entfernt. Wenn das die Konkurrenz war, sah es für uns nicht übel aus.
Fast 30 Jahre später war ich dann wieder auf dem Weg zu einem Stones-Konzert. Inzwischen zählten sie zu den letzten wahren Überlebenden im Rockgeschäft. In einem Pub in der Nähe des Theaters kippte ich noch ein paar Scotch, dann war ich bereit. Ich hatte ein paar sehr seltsame Wochen hinter mir und brauchte dringend einen schönen Abend, damit das Leben wieder etwas freundlicher erschien.
Inzwischen lag meine Zeit bei AC/DC Jahre zurück, aber ich versuchte trotzdem immer, auf dem Laufenden zu bleiben, was die Band betraf. Sie sollte in die Rock And Roll Hall Of Fame eingeführt werden, und das war auch an der Zeit. Dabei ging ich davon aus, dass man die gegenwärtige Besetzung berücksichtigen würde, und natürlich auch Bon. Überrascht
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