Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
schon Ritchie Blackmore, solange wir Jack Barrie auf unserer Seite hatten? Er hatte AC/DC adoptiert und bezeichnete uns als die „aufregendste Band seit Led Zeppelin, die je im Marquee gespielt hat“. Jack sorgte dafür, dass wir für das Reading Festival im Sommer gebucht wurden, und das war für uns tatsächlich ein richtig großes Ding. Unseren letzten Gig im Marquee spielten wir am 8. September, nur ein halbes Jahr, nachdem wir dort zum ersten Mal im Vorprogramm von Back Street Crawler aufgetreten waren. Aber es war ein großartiges halbes Jahr gewesen – wir hatten bei Null angefangen und schließlich die Besucherrekorde gesprengt, die The Who und Jimi Hendrix einst im Marquee aufgestellt hatten. Wir waren genau auf dem richtigen Weg, sagte ich mir.
Das Reading Festival zählt bis heute zu den besten Gelegenheiten für junge Bands, sich in England einen Namen zu machen. Das älteste Festival auf der Insel findet über mehrere Tage und auf mehreren Bühnen statt und wird in der Regel von mehr als 50.000 Zuschauern besucht. Michael und Coral Browning sowie unser Agent, Richard Griffiths, hatten sich sehr darum bemüht, dass wir Ende August 1976 dabei sein konnten, und wieder war die Unterstützung von Jack Barrie Gold wert gewesen. Es war vielleicht das einzige Mal, dass ich Malcolm vor einem Gig angespannt erlebte, im Gegensatz zu Angus, der immer kribbelig war, bevor es auf die Bühne ging. Wahrscheinlich wäre es ohne vorherige Anspannung auch gar nicht möglich gewesen, eine Performance hinzulegen, wie er das regelmäßig tat, schon gar nicht, wenn man nur eine halbe Stunde Zeit hatte, um Eindruck zu hinterlassen. Aber hier war es anders, hier herrschte eine ganz andere Stimmung. Mir war vor dem Gig überhaupt nicht wohl, und ich war nicht der einzige.
Dieser Auftritt war aus verschiedenen Gründen etwas Besonderes. Es war ein großes Freiluftkonzert, das uns eine hervorragende Möglichkeit bot, neue Fans zu gewinnen, aber wir waren es nicht gewöhnt, bei Tageslicht zu spielen. George und Harry waren extra für die Show nach England geflogen, und obwohl es natürlich großartig war, sie dabei zu haben, erhöhte es auch den Stress. Sie hatten uns auch in Australien zugesehen, wann immer es möglich war, aber hier in England war das etwas anderes – hier ging es plötzlich um viel mehr. Sie wussten das, wir wussten das, und ich hatte das Gefühl, dass sie deutlich Präsenz zeigen wollten.
Für uns war Reading eine großartige Gelegenheit, unser Profil zu stärken und die Verkäufe der britischen Version von High Voltage anzukurbeln. Bisher hatte das Album die Charts nicht gerade im Sturm erobert (ich wüsste immer noch gern, wer eigentlich das scheußliche Cover abgenickt hatte – eine Frage, über die ich im Übrigen auch Michael und Coral schon hatte diskutieren hören). Die britische Hitparade wurde beherrscht von Elton John, Dr. Hook, Wings und den Bee Gees, und irgendwo, dachten wir damals, musste zwischen all diesen weichgespülten Sounds doch auch Platz für uns sein. In Reading hoben wir uns von den anderen Acts ebenfalls deutlich ab. Abgesehen vom Blues-Gitarristen Rory Gallagher standen die Prog-Rocker Van Der Graaf Generator auf dem Programm, Manfred Mann’s Earth Band und die angebliche „Supergroup“ Camel, bei der einige Roxy-Music-Mitglieder spielten. Von Gallagher einmal abgesehen waren das allesamt Künstler, die wir unserer Meinung nach locker von der Bühne fegen würden.
Reading war nicht weit von London, kurz hinter Ascot, wo die Eltern von Richard Griffiths wohnten, und wir beschlossen, auf dem Weg dorthin kurz bei ihnen vorbeizuschauen. Ich habe keine Ahnung, was Richards Eltern von den ziemlich ungehobelten, abgerissen wirkenden Aussies hielten, aber wahrscheinlich hätte man sehr viel Aufklärungsarbeit leisten müssen, um sie wirklich darauf vorzubereiten, was mit uns auf sie zukam. Ganz offensichtlich kam Richard aus einer Oberschichtfamilie, und es sorgte doch für allerlei Erheiterung, dass wir allesamt so gar keine Klasse hatten. Richard sagte, man hätte uns als „sehr natürlich“ empfunden, was vermutlich ein höflicher Ausdruck für „völlig ungehobelt“ war. Seine Herkunft ließ sich an seinem noblen Elternhaus ablesen; hinter dem Anwesen gab es sogar eine riesige Rasenfläche zum Crocketspielen. Um sich auf einen großen, entscheidenden Gig vorzubereiten, hat vermutlich jede Band so ihre eigene, typische Methode, die meist anders aussieht als Sandwichs,
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