Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
eine Runde Karten zu spielen und ein paar Bier zu trinken (ohne Bon, versteht sich). Als wir unser Hauptquartier erreichten, hatten alle schon mit der Suche nach dem Schuldigen für den lausigen Gig angefangen, und immer mehr Finger zeigten in meine Richtung. Trotzdem setzten wir uns zum Kartenspielen zusammen, bis das Thema Reading wieder auf den Tisch kam. Malcolm, George und Angus regten sich besonders auf, während Phil schlauerweise versuchte, nicht in die Schusslinie zu geraten. Abgesehen von Angus hatten wir alle schon ein bisschen was getrunken, waren aber noch Herren unserer Sinne. George wandte sich an mich und fragte, woran ich am Schluss unseres Auftritts gedacht und wieso ich da so miesepetrig aus der Wäsche geguckt hatte. Daran erinnere ich mich noch ganz genau. Und ich antwortete, dass ich wegen der mangelnden Reaktion des Publikums ziemlich frustriert gewesen sei.
Das war unter allen blöden Antworten, die ich hätte geben können, so ziemlich die dämlichste.
Zwar hatte ich schon erlebt, wie George seine beiden Brüder einen Kopf kürzer gemacht oder auch Bon einen kleinen Einlauf verpasst hatte, aber es war das erste Mal, dass er über mich herfiel.
„So, du warst genervt? Das kann ich dir sagen, das hat man dir angesehen! Und was glaubst du überhaupt, wer du bist, dass du das so raushängen lassen kannst?“
Er hackte weiter auf mir rum, während die anderen beiden Youngs sich das anhörten, aber nichts sagten. Langsam beschlich mich das Gefühl, dass die Weichen längst gestellt waren, was meine Zukunft in der Band betraf. Außerdem wurde ich auch langsam sauer und hätte gern meinerseits ausgeholt, aber leider wusste ich, dass George hundertprozentig richtig lag. Er hatte das Gefühl, dass ich nicht mein Bestes gegeben hatte, und dem konnte ich nichts entgegnen. Was mich jedoch massiv störte, war die Art, wie er seine Kritik vorbrachte.
Anschließend gingen wir uns noch mehr an den Hals, bis Angus nach oben in sein Zimmer marschierte, gefolgt von George, der ihm lautstark vermittelte, wie er die Situation sah. Wir anderen spielten weiter Karten, bis Mal beschloss, zwischen seinen Brüdern zu vermitteln. Er hatte keine Chance: Nun bekam auch er sein Fett weg, und das Ganze artete in eine richtige Schlägerei aus, bei der es ordentlich schepperte – und das unter Brüdern. Als ich schließlich auch nach oben ging, um die Lage zu beruhigen, hatte Mal schon ein paar Haarsträhnen eingebüßt, und die Fäuste flogen. Instinktiv packte ich George und versuchte ihn wegzuziehen – und zack!
„Nimm deine Hände von ihm, du Arsch!“
Nun gingen sie alle auf mich los. Glücklicherweise waren sie ja körperlich keine Riesen und konnten einem nicht wirklich wehtun, sonst hätte es böse enden können. Daraus lernte ich, dass man nie versuchen soll, eine Schlägerei unter Brüdern zu schlichten, schon gar nicht, wenn sie zu dritt sind. Als sich alle wieder ein wenig beruhigt hatten, spielten wir weiter. Später fragte ich Ian, einen Freund der Youngs, der für ein paar Tage vorbeigekommen war, wieso er nicht mit nach oben gegangen war, um einzugreifen.
„Ich bin doch nicht bekloppt“, erwiderte er. „Das habe ich alles schon x-Mal erlebt.“
Bis dahin hatte ich nicht unbedingt das Gefühl gehabt, dass hinter meinem Rücken über mich geredet wurde. Aber in den nächsten Tagen bekam ich doch mit, dass die Stimmung zu meinen Ungunsten umgeschlagen war und Sprüche kursierten wie: „Für wen hält der sich eigentlich? Für Jack Bruce oder was?“
Jack Bruce war der virtuose Bassist der britischen Supergroup Cream, dem ich damals wie heute ganz sicher nicht das Wasser reichen konnte, aber es nervte mich doch ziemlich, weil man offenbar daran zweifelte, dass ich mich vorbehaltlos für die Band engagierte. Das tat umso mehr weh, da der Gig in Reading so schlecht gelaufen war. Und damit fingen meine Probleme bei AC/DC leider erst so richtig an.
Kurz nach dem misslungenen Reading-Gig begannen wir im September 1976 mit einem Konzert in Hamburg unsere erste Europa-Tournee, die wir im Vorprogramm von Ritchie Blackmores neuer Band Rainbow absolvierten. Offenbar störte es Blackmore plötzlich nicht mehr, dass wir nichts zu bieten hatten, wobei es sicherlich ein bisschen half, dass er 10.000 Pfund dafür kassierte, uns mitzunehmen. Offenbar hatten wir doch was zu bieten. Was für ein Vollidiot.
Hamburg. Das war natürlich eine Stadt, wo eine Band wie AC/DC richtig viel Blödsinn anstellen konnte.
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