Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
Vom Netzwerk:
Gerichtsgebäude. Es war riesig, ein Bau aus Blaustein, mit viel Widerhall, errichtet in den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts und der absolute Gegensatz zum eintönigen Polizeirevier gleich nebenan. Angesichts des Labyrinths aus Fluren, Treppen, dunklen Ecken und düsteren Gerichtssälen blieb Wyatt stehen, um sich zu orientieren. Es wimmelte nur so von Richtern, Strafverteidigern, Zeugen der Anklage, Geschworenen, Angestellten, Freunden und Familien der Opfer oder der Angeklagten. Viel Polizei kam und ging, mit Häftlingen oder mit Akten und Dokumenten, und alle machten einen geschäftigen oder fahrigen Eindruck.
    Er nahm die Sicherheitskontrollen in Augenschein. Ein Metalldetektor und bewaffnetes Personal. Es handelte sich um ein Gericht in einem Außenbezirk, überwiegend beschäftigt mit Kautionsanhörungen, einstweiligen Verfügungen und kleineren Delikten. Bisher war niemand aus dem Gewahrsam geflohen, hatte niemand einen Richter mit der Waffe bedroht oder war in puncto Gewalt über Zeugenbeschimpfungen hinausgegangen. Doch allerorten hatte man die Sicherheitskräfte verstärkt, ein Umstand, dem sich Wyatt dieser Tage häufiger anpassen musste.
    Seine Gedanken kreisten um den Metalldetektor, während er eine Anschlagtafel in der Eingangshalle studierte. Eddie Oberin sollte um neun Uhr dreißig im Gerichtssaal Nr. 3 einem Richter vorgeführt werden.
    Wyatt ging hinaus und über einen beiderseits mit Gestrüpp verunzierten Weg zum Hintereingang des Gebäudes. Er traf auf eine Handvoll verstohlener, um einen mit Sand gefüllten Aschenbecher versammelter Raucher, entdeckte Schiebetüren, Fahrzeuge für Häftlingstransporte, Luxuskarossen auf Parkplatzsuche und ankommende und wegfahrende Taxis, die Richter und Anwälte über eine Durchfahrt ans Ziel brachten. Junge Anwaltsgehilfen eilten ihren Chefs hinterher, zogen kleine Rollwagen mit verpackten Akten in die verglaste Eingangshalle, deren Linoleum schwarze Schlieren von Schuhsohlen und Gummirädern aufwies. Wyatt provozierte einen Zusammenstoß mit einer jungen Frau, als die sich gerade einem der Eingänge näherte, und ließ seinen Aktenkoffer samt Inhalt durch die Gegend fliegen. Die junge Frau blieb stehen, errötete, wankte unsicher, zum einen wegen ihrer hohen Absätze, aber auch aus Mangel an Souveränität, und half Wyatt, alles aufzusammeln. Als beide, wieder ganz gelassen und in schönster Eintracht, den Eingangsbereich betraten, deutete kein bebender Finger auf Wyatt.
    Über eine breite Marmortreppe mit ausgetretenen, schmuddeligen Stufen gelangte er zu Gerichtssaal Nr. 3, gelegen in einem leeren Gang im ersten Stock mit düsterer Beleuchtung und jeder Menge verwirrender Echos in der Luft. Neben der Tür zum Gerichtssaal, an der Wand, stand eine Bank. Wyatt setzte sich dorthin, ein Anwalt, vielleicht, oder ein Sachverständiger. Ein harmloser Typ, der geduldig wartete, einen Aktenkoffer auf dem Schoß, die Füße in den glänzenden schwarzen Schuhen penibel nebeneinander auf dem kühlen Boden.
    Er hörte Schritte, und da war Eddie, in Handschellen mühte er sich die Treppe hoch, jeweils einen Uniformierten zu beiden Seiten. »Und wenn ich’s doch sage, die ist korrupt«, rief er.
    »Halt den Rand, ja?«, sagte einer der Bewacher mit dem für Cops typischen Tonfall des Überdrusses.
    »Mein Anwalt hat mir die Beweisliste gezeigt. Das ist doch Blödsinn! Zwei Millionen? Als mich diese hässliche Schlampe festgenommen hat, da hatte ich Wertpapiere bei mir, die waren fünfundzwanzig Millionen wert.«
    Wyatt stand auf, die Steyr hinter dem Aktenkoffer verborgen, hörte er, wie Eddie weiterlaberte: »Sie hat dreiundzwanzig Millionen Pfund eingesackt und ihr Idioten lasst sie damit durchkommen.«
    »Willst du jetzt endlich mal die Fresse halten?«, sagte der andere Cop. »Wertpapiere« und »Beweisliste«, Wyatt prägte sich diese Begriffe für einen späteren Zeitpunkt ein. In diesem Moment näherte sich Eddie samt Begleitung dem Treppenabsatz.
    »Rigby sollte dem Richter vorgeführt werden, nicht ich.«
    »Meine Güte, halt die Fresse.«
    »Ach, leck mich doch.«
    Sie hatten die letzte Stufe erreicht. Wyatt stopfte sich Stöpsel in die Ohren, trat von der Bank weg und schoss Eddie zweimal in die Brust. Die Wucht warf Eddie nach hinten; einer der beiden Polizisten reagierte instinktiv, wollte Eddie schützen, packte ihn bei den Oberarmen, um ihn aus der Schusslinie zu ziehen, während der zweite das Gegenteil tat und Eddie als Schutzschild vor der

Weitere Kostenlose Bücher