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Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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drohenden Gefahr einsetzen wollte. Bei all dem Ziehen und Schieben fiel Eddies Kopf nach hinten, dann wieder nach vorn und bot Wyatt das perfekte Ziel für den Todesschuss in die Schädeldecke.
    Es ging schnell. Zu schnell für die Bewacher, die herumruderten, unfähig, zu begreifen. Sie waren voller Blut, fast taub, standen neben sich und vergaßen, ihre Waffen zu ziehen.
    Später wurde berichtet, Wyatt habe Oberin mit den Worten erschossen: »Nimm das, du Mistkerl!« Tatsächlich jedoch hatte er überhaupt nichts gesagt. Wieso Worte verschwenden? Es ging um Rache, aber mit Leidenschaft hatte das nichts zu tun. Bei einem Job waren seine Ansagen gegenüber Bankangestellten und Sicherheitspersonal, gegenüber Zeugen oder Leuten, die mit ihm zusammenarbeiteten, ruhig und knapp bemessen. Worte sollten Wirkung erzielen, nicht verschwendet werden.
    Er verdrückte sich in den leeren Gerichtssaal, leer, bis auf die Gerichtsschreiberin, die gerade mit ihrem Laptop beschäftigt war. Sie trug Kopfhörer, hatte einen MP3-Player am Gürtel hängen, summte vor sich hin und schien das Drama im Gang nicht mitbekommen zu haben. Sie blickte kurz hoch, sah einen Mann im Anzug und hatte ihn auch schon wieder vergessen.
    Wyatt verließ den Gerichtssaal durch die Tür hinter der Richterbank. Er durchquerte Zimmer, ging über Flure, ohne auf jemanden zu treffen, der eine Bedrohung darstellte oder Notiz von ihm nahm, und am Ende verließ er das Gebäude, überquerte die Straße, wich dabei den Autos aus und einer Straßenbahn. Er verschwand in einer Gasse, die zwischen einem Geschäft für Dessous und der Filiale einer Kommunalbank entlangführte. Sie bog nach links ab, und wohl wissend, dass allem Pulverrückstände anhaften konnten, streifte er die Handschuhe ab, zog das Jackett aus und das Hemd.
    Nachdem er die Sachen in den Gepäcktaschen eines Fahrrades hatte verschwinden lassen, das an einem Verkehrsschild angeschlossen war, nahm er die Pistole auseinander, versteckte den Lauf unter dem Laderost eines Lieferwagens, das Griffstück in einem Abfallbehälter, die Patronen landeten zwischen den Gemüseabfällen eines Restaurants und das Magazin unter einem lockeren Pflasterstein.
    Er trug jetzt nur noch ein einfaches weißes T-Shirt und seine Hosen. Sein Plan sah vor, das Gewirr der Nebenstraßen zu verlassen, mit einem Taxi zum Flughafen zu fahren, sich in die Schlange der neu angekommenen Passagiere einzureihen und mit einem weiteren Taxi zurück in die Innenstadt zu fahren. Doch urplötzlich lagen Sirenenlärm und der Klang von Trillerpfeifen in der Luft, gefolgt von Rufen und den Geräuschen schneller Füße. Wyatts Möglichkeiten reduzierten sich schlagartig. Die Polizei würde Busse anhalten und Taxis, würde für Überwachung der Bushaltestellen und des hiesigen Bahnhofs sorgen.
    An einer Stelle, wo zwei Gassen sich kreuzten, wagte er einen Blick in beide Richtungen. Abgesehen von einem Auto, das dicht an einer Mauer geparkt war, und zwei Müllcontainern war links alles leer. Rechts hingen zwei Säufer ab, ein Mann und eine Frau. Wyatt zog sein T-Shirt aus, fuhr damit über eine dreckige Häuserwand und streifte es wieder über. An einem schmutzigen Abfluss konnte er seine Hände eindrecken und rieb sich den Schmutz über Hose, Gesicht und Unterarme. Jetzt machte er einen schmuddeligen, verlorenen und heruntergekommenen Eindruck. In den Städten gibt es mehr als genug solcher Männer. Aber etwas fehlte noch. Er ging auf die Säufer zu, die sich wegen der paar noch verbliebenen Zentimeter Sherry in ihrer Flasche mächtig in den Haaren lagen, und sagte: »Geb euch fünf Mäuse dafür.«
    Sie beendeten augenblicklich ihr Wortgefecht, der Mann unrasiert und mit Schaum in den Mundwinkeln, die Frau mit blutunterlaufenen Augen und verschmiertem Lippenstift. Sie schienen so ganz in Ordnung zu sein, machten aber einen erbärmlichen und auch kranken Eindruck. Verglichen mit diesen beiden kam sich Wyatt sauber und fit vor, dabei durfte er sich nicht von ihnen unterscheiden. »Fünf Mäuse«, sagte er und zeigte ihnen das Geld.
    Die Frau kniff die Augen zusammen. »Zehn.«
    Wyatt hörte, wie die Sirenen näher kamen. Nicht mehr lange und die Polizei würde Seitenstraßen und Gassen durchkämmen. »Na gut«, sagte er und zahlte.
    Er nahm die Flasche und trank sie aus, schluckte einiges davon hinunter, ließ aber viel von dem klebrigen Zeug an Kinn und Hals entlanglaufen und auf sein T-Shirt kleckern. Haut und Kleidung sollten stinken wie die

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