Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
Vom Netzwerk:
vorhatte. Sie verkaufen, sie als Beweismittel registrieren lassen, sie gar vernichten? Er konnte sich nicht erlauben, ihren Wagen aufzubrechen. Sollte sie die Papiere mit nach Hause nehmen, würde er sich die Frau dort vorknöpfen. Sollte sie die Absicht haben, das Zeug unterwegs zu verstecken, würde er das zu verhindern wissen. Sollte ihr Gewissen sie plagen und am Ende die Oberhand gewinnen, würde er das Risiko eingehen und sie genau dort, am Seiteneingang des Reviers, abfangen.
    Sie ging um Mitternacht. Der GPS-Empfänger lotste ihn zu einem Haus in einem grenzenlosen Vorort dieser grenzenlosen Stadt. Ganz in der Nähe des Freeway. Le Page stellte den Subaru in der Burke Road ab, rannte zu einer Seitenstraße und sah noch rechtzeitig, wie der Golf etwa in der Mitte der Straße in die Auffahrt eines unscheinbaren Hauses einbog. Eine Viertelstunde später betrat Le Page den Weg, der hinter den Häusern entlangführte. Er linste durch eine breite Ritze im Zaun, sah eine Terrasse, Schiebetüren aus Glas und einen schwachen Lichtschein auf dem Boden dahinter, was darauf hindeutete, dass die Frau in der Nähe war, womöglich in der Küche. Er ging ein paar Meter, und als er zurückkam, war der Lichtschein verschwunden. Ein anderes Licht brannte, ein kleines Fenster, oben in der Wand. Das Badezimmer. Das Licht erlosch und Le Page hörte, wie Wasser durch die Rohre floss.
    Kurz darauf war alles dunkel. Nach dreißig Minuten kletterte er über den hinteren Zaun und ging um das Haus herum. Das Schlafzimmer der Frau lag ebenerdig zur Straße und durch einen Spalt in den Vorhängen sah er sie im Bett liegen, im Schein dieses gewissen schwachen Lichtes, das in alle Ecken der Nacht sickert. Die Decke hing zur Hälfte auf dem Boden; die Frau schlief nackt, in einer Haltung, die von Aufbegehren und Kapitulation sprach: auf dem Rücken, mit ausgestreckten Beinen und inmitten ihres zerwühlten Bettzeugs.
    Le Page schlich zu dem silberfarbenen Golf, stemmte ihn hoch, ließ ihn wieder herunter, und im Nu war sie draußen, um die Alarmanlage abzuschalten, kämpfte dabei noch mit einem Ärmel ihres Bademantels, ihr dürrer Körper weißlich grau im Licht der Natriumlampen. Überall in der Straße gingen die Lichter an. »’tschuldigung«, rief sie mit heiserer Stimme, wedelte mit dem Arm, »’tschuldigung.« Ruhe kehrte wieder ein und sie ging zurück zu ihrer Eingangstür, wo Le Page sie mit dem Anblick seiner Pistole vertraut machte und ihr seine behandschuhte Hand auf den Mund presste.
    Sie widersetzte sich heftig, aber er stieß sie vor sich her ins Haus, trat die Tür zu und schaltete das Licht im Flur aus. »Ins Schlafzimmer«, raunte er ihr ins Ohr.
    Dort, in ihrer dumpfen Höhle, sagte er: »Ich werde jetzt meine Hand wegnehmen, Sie werden nicht schreien, sondern ins Bett gehen. Verstehen Sie?«
    Sie nickte, kam seiner Aufforderung nach, fuhr sich über Mund und Kinn, rang nach Luft und wimmerte, bemüht, sich wieder in den Griff zu bekommen. Am liebsten hätte sie sich unter ihrem Bettzeug vergraben, damit er ihren Körper nicht sah, dort, wo ihr Bademantel auseinanderklaffte, gleichzeitig wünschte sie sich buchstäblich auf Augenhöhe mit ihm, um sich verteidigen zu können. Er löste das Problem für sie, indem er wegtrat vom Bett und sagte: »Bedecken Sie Ihre Blöße.«
    Sie zog die Decke hoch bis zum Kinn und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand.
    Neuer Mut stahl sich in ihren Blick.
    »Die Wertpapiere«, sagte Le Page.
    Sie unternahm gar nicht erst den Versuch, lautstark zu protestieren oder zu leugnen. Er sah, wie sie die verschiedenen Möglichkeiten in Gedanken durchspielte. »Sie sind mir gefolgt? «
    »Die Wertpapiere«, wiederholte Le Page voller Geduld.
    Sie deutete darauf. Ihre Kleidung lag hingeworfen über einem Stuhl und verdeckte teilweise einen Aktenkoffer. Le Page bewegte sich seitwärts auf den Stuhl zu, die Waffe auf Rigby gerichtet, schließlich hockte er sich hin und ließ die Schlösser aufschnappen. Er stieß auf die Dokumententaschen, auf die Zeitung vom Tag zuvor und auf anderen Kram aus ihrem Leben. Er dachte an ihr elendes Dasein, an ihre trüben Aussichten und überlegte, ob es Vorteile bringe, sie zu erschießen. Sie hatte sein Gesicht gesehen, aber eine Polizeibeamtin zu erschießen bedeutete, sich ganz spezielle Probleme aufzuhalsen.
    Dann sagte sie: »Sie sind der französische Kurier.«
    Le Page warf ihr einen amüsierten Blick zu. »Sie hatten Henri und Joseph im

Weitere Kostenlose Bücher