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Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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Spiel und diese Person wäre sehr verletzt, käme sie dahinter. Khandi schüttelte den Kopf. Die Lösung lag doch auf der Hand — entweder sie versuchten es mit einem Dreier oder trieben es zu zweit, und zwar ohne schlechtes Gewissen.
    Ein alter Knacker am Stock taperte heran, gebeugt unter der Last seiner Safeway-Einkaufstüten. Khandi beobachtete, wie er sich mit seinem kaputten Bein die flachen Stufen zu Wyatts Haustür hochquälte und vor der Tastatur stehen blieb. Er hatte beide Hände voll. Khandi erriet seine Gedanken: Zuerst musste er seine Einkaufstüten auf den Boden stellen, um den Zugangscode eingeben zu können, dann seine Einkaufstüten wieder hochheben, was bedeutete, dass er sich zweimal bücken musste, und ob seine steife, krumme Wirbelsäule und seine Hüften diese Schmerzen aushielten?
    Khandi schob die Sonnenbrille auf den Kopf und stand plötzlich an der Seite des Alten, die Fanta-Flasche in der einen Hand, ein Schlüsselbund in der anderen, mit dem sie beruhigend klimperte. »Kann ich Ihnen helfen?«
    Er drehte sich um und sah eine junge Frau mit einem wunderschönen Lächeln. Und wunderschönen Augen. War das nicht die aus dem fünften Stock? Sie kamen und gingen, diese jungen Frauen. Früher oder später würde sich einer auch die hier schnappen: Sie war reizend, fast so wie seine Tochter, seine Schwiegertochter oder auch seine verstorbene Frau in jungen Jahren. Und dann geschah etwas Sonderbares. In ihren Augen entzündete sich ein sinnliches Feuer, ihre Brüste schienen anzuschwellen und es kam ihm so vor, als würde sich dieses Wesen wie eine Woge auf ihn zubewegen.
    »Danke«, flüsterte er und ließ es zu, dass sie ihm die Einkaufstüten aus den knotigen Händen nahm. Wie in Trance gab er den Code ein. Sie verfolgte das mit einem aufmunternden Lächeln und er war verdutzt, in ihr wieder nur die reizende junge Frau zu sehen. Der Sirenengesang war verstummt. Hatte er jemals angehoben?
    »Ich helfe Ihnen in den Fahrstuhl«, säuselte sie.
    »Danke.«
    Er drückte den Knopf für die dritte Etage, also drückte Khandi den für die vierte. Als der Alte ausstieg, lächelte sie ihn an, während sich die Türen schlossen. Im vierten Stock stieg sie aus und ging über die Treppe hinunter in den ersten.
    Niemand begegnete ihr im Flur. Apartment 6, blaue Tür. Khandi inspizierte die Tür, bediente sich dabei all ihrer Sinne. Kein Mucks, keine Gerüche, aber hinter dem Spion sah man Licht. Würde Wyatt das Licht nicht ausschalten und die Vorhänge schließen, wenn er wegging?
    Mit der Wachsamkeit eines Tieres blickte Khandi den Flur hinunter, nahm die Beretta aus der Tasche und schob den Lauf in die leere Fanta-Flasche. Den improvisierten Schalldämpfer neben den Spion gesetzt, klopfte sie an die Tür. Augenblicklich hörte sie die gedämpften Geräusche, wenn jemand sich zur Tür bewegt und dort stehen bleibt, um durch den Spion zu linsen. Der Lichtschein im Spion erlosch, ein Kopf, ein Auge, die das Licht abhielten. Khandi feuerte durch die Tür. Sie hörte, wie Wyatt mit einem dumpfen Schlag auf den Boden fiel.
    Sie zog die Flasche von der Beretta, steckte beides in ihre Schultertasche und schlenderte aus dem Gebäude. Es war vorbei. Zeit, das Geld zu holen, Zeit für einen Neustart. So völlig in Gedanken stieß sie draußen mit einem älteren Kerl zusammen. In seinem Anzug und mit der schwarzen Tasche gehörte er in die Riege der forschen, geschniegelten, kurz angebundenen Ärzte, Anwälte und Bosse, Typen, die Geld abdrückten, damit sie, Khandi, es mit ihnen trieb. Er quatschte in sein Mobiltelefon. »Lydia? Ich bin’s, Lowe. Ich bin hier, um Ihren Verband zu wechseln.«
    Noch so ein sinnfreies Telefongespräch. Khandi wollte ihn schon wegen seiner Rücksichtslosigkeit verfluchen, als sie ihn sagen hörte: »Und wenn Wyatt zurückkommt, verlegen wir Sie.«
    Khandi blieb stehen, versuchte, den Zusammenhang herzustellen zwischen »Lydia« und »Verband« und »Wyatt«. Die Schlampe war nicht in ihrem Wagen verreckt. Wyatt hielt sie in seinem Apartment versteckt. Und wer lag jetzt hinter der blauen Tür? Vielleicht habe ich diese flachbrüstige, vertrocknete Eiskönigin von einer Fotze nur gestreift, dachte Khandi. Allerdings hätte sie wohl dann den Onkel Doktor hier gewarnt, doch der machte keinen alarmierten Eindruck. Khandi zuckte mit den Achseln. Falsche Tür, Kollateralschaden.
    Mit einer schnellen, geschmeidigen Bewegung hatte sie den Arzt von hinten überrumpelt, als der gerade den Code

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