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Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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Zaun.
    So weit, so gut. Jetzt bemerkte er auch den direkten Zugang zum Haus, eine Tür aus schwerem Stahl, bündig mit der Hauswand und offensichtlich fest verschlossen. In der Hoffnung, dass niemand ihn beobachte, öffnete er den erstbesten Müllcontainer, zerrte einen stinkenden Beutel voller Abfall heraus, einen schwarzen Müllsack, verschlossen mit einem hellgelben Band. Tyler stellte ihn auf dem Boden ab, löste das gelbe Band, holte durchweichte Papiertücher und ein paar Eierschalen heraus und verteilte alles auf dem Boden. Dann hockte er sich daneben und wartete.
    Irgendwann ging die Tür auf. Ein junger Typ, sein Mobiltelefon zwischen Schulter und Ohr geklemmt und in jeder Hand einen leeren Milchkarton. Er nahm kaum Notiz von Tyler, tänzelte geschmeidig durch die Tür, versenkte die Milchkartons in der Recyclingtonne, wollte wieder zurück und quasselte dabei unablässig in diesem Mittelklasse-Hipster-Kokser-Slang in sein Telefon.
    »Die Tüte ist geplatzt«, unterbrach ihn Tyler, deutete auf die Schweinerei zu seinen Füßen und hielt die Hände demonstrativ vom Körper weg, als wären sie dreckig. »Muss ’nen Besen holen. Könntest du mal die Tür für mich aufhalten?«
    Der Typ spielte mit, hielt die Tür mit ausgestrecktem Arm auf, quatschte weiter in sein Telefon, Tyler schob sich an ihm vorbei und schlüpfte ins Haus. »Danke, Kumpel.«
    »Abgefahren«, meinte der Typ.
    Tyler wusste nicht, was abgefahren war, sein Trick, ins Haus zu gelangen, sich zu bedanken oder den Typ als Kumpel zu bezeichnen. Er rannte die Treppen in einem widerhallenden Treppenhaus hinauf bis zum fünften Stock, bevor dem Wichser da unten ein Licht aufging und er sich fragte, wer Tyler überhaupt sei und wo er wohne. Tyler lag noch ein paar Minuten auf der Lauer, wartete, bis alles ruhig war, und ging dann hinunter in den ersten Stock, zu Wyatts Apartment.
    Sein Blick wanderte über die Türkanten, das Schloss, den Griff und die Türangeln. Einer wie Wyatt würde vielleicht ein Haar oder einen Faden mit Spucke an die Tür kleben, um Hinweise auf ungebetene Gäste zu erhalten. Nichts. Er holte sein Pickset hervor und war eine Minute später im Apartment.
    Er wusste nicht, was er erwartet hatte, aber auf keinen Fall das. An allen Wänden Gemälde, beleuchtet von Spots. Er versuchte, die Signaturen zu entziffern: John Brack, Mike Brown, John Olsen, Lloyd Rees, Margaret Preston. Nie was von diesen Leuten gehört. Und nur ein einziges Bild ergab für ihn einen Sinn, irgendwelche beschissenen Tassen und Untertassen.
    Dann die Bücher, CDs — ganze Regale voll. Möbel, Teppiche und Lampen, alles teures Zeugs. Tyler überkam ein unheimliches Gefühl in dieser stillen, entspannten Atmosphäre. Irgendwie kam er sich klein vor, überfordert von Wyatts Apartment. Als er herumschnüffelte, verspürte er den Wunsch, alles kurz und klein zu hauen. Eine andere Form der Befriedigung bot sich nicht an, weder ein Football-Poster an der Wand noch Bier im Kühlschrank.
    Nur ein offener Safe. Keine Rechnungen, kein Papierkram, keine Fotos; Geburtsurkunde, Briefe, Postkarten — negativ. Wyatt war ein Mann ohne Geschichte, ein beunruhigendes Bild in Tylers Augenwinkel.
    Er setzte sich hin und wartete. Holte eine Pistole hervor, eine aus den Beständen seiner Tante, und ließ den Sicherungshebel zurückschnappen.
    Eine Stunde verging. Zwei. Tyler aß eine Kleinigkeit, kippte eine halbe Flasche Wodka, versuchte, sich in Geduld zu üben. Holte sich lustlos einen runter, döste.
    Dazwischen verschaffte er sich einen Überblick, was seine Negativposten betraf. Erstens, Wyatt hatte ihn gewarnt. Zweitens, Ma hatte ihn gewarnt. Drittens, Wyatt und seine Kumpels waren wie vom Erdboden verschluckt. Viertens, diese Juweliere wurden abgeknallt, bevor er eine Belohnung aus ihnen rausholen konnte.
    Scheißversager, der ganze Haufen. Während er, Tyler Gadd, derjenige sein würde, der den Kerl schnappte, der Eddie Oberin im Gericht erschossen hatte.
    Es klopfte an der Tür.
    Tyler sprang auf. Er schlich den Flur entlang, linste durch den Spion und sah die Schnalle.

    42

    In der Seitenstraße in Glen Iris stand Wyatt auf dem Dach der Veranda und entfernte den Vorsatz von Rigbys Entlüftung für den Dachboden. Beim Herausdrehen der verrosteten Schrauben aus dem morschen Rahmen fingen die Dinger an zu quietschen und Wyatt zog unwillkürlich den Kopf zwischen die Schultern, befürchtete, gehört zu werden, doch in der Straße herrschte Totenstille. Die Nachbarn

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