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Dirty Talk

Dirty Talk

Titel: Dirty Talk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mullany
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immer lang und breit über Talkshows im Radio oder darüber, mehr Nachrichten zu bringen.
    Auf meinem Schreibtisch fand ich anschließend einen Kleidersack. Die Designerklamottenfee Kimberly war da gewesen und hatte mir den Rock, die Schuhe und einen Ordner hinterlassen, in dem jedes winzige Detail über das Innenleben unserer Opfer für die morgige Nacht verzeichnet war. Ich war mit Willis Scott III. verabredet, der zum hiesigen Geldadel gehörte. Er war ein Mittdreißiger und Besitzer einer Immobilienfirma. Ich gähnte, während ich rasch überflog, wo er zur Schule gegangen war, welche Hobbys er pflegte und wo er sich sonst noch als Wohltäter aufspielte.
    Ganz oben auf dem Briefbogen hatte Kimberly in ihrer runden, verrückten und mädchenhaften Handschrift noch folgende Anweisungen vermerkt:
    Lass dich wachsen. Geh zum Azure Sky Salon und erwähne dort meinen Namen.
    Keinen Knoblauch.
    Sag nicht zu oft das F-Wort.
    Krittel nicht am Orchester herum.
    Und bitte: Diesmal schneidest du dir die Haare nicht selbst.
    Nur um mich zu ärgern, hatte sie über das i in Kimberly einen grinsenden Smiley gemalt.
    Wachsen? Machte sie Witze? Ich hoffte, sie meinte bloß meine Beine und Achseln. Zu dieser Jahreszeit verdrängte ich gerne die Notwendigkeit von glatter Haut.
    Ich sah noch rasch die restliche Post durch. Das meiste landete auf direktem Weg im Papierkorb.
    Ein Briefumschlag musste persönlich beim Sender abgegeben worden sein. Vorne stand nur mein Name in engen Lettern aufgedruckt. Der Brief musste von Mr D. stammen. Ich wollte ihn so gerne öffnen. Aber nachdem wir einander so wehgetan hatten, fürchtete ich mich vor dem, was er schreiben könnte. Seine Vergebung machte es vielleicht noch schlimmer als jede Anschuldigung.
    Im Umschlag war nur ein Blatt.
    Ich vermisse dich schon jetzt.
    Darunter standen eine Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse.
    Ich drehte das Blatt um, obwohl ich wusste, dass die andere Seite leer war. War diese Nachricht wirklich für mich? Zumindest stand mein Name auf dem Umschlag. Er war mit der gleichen schmalen Computerschriftart bedruckt wie der Brief. Er musste von Mr D. sein, oder? Wer sollte mir sonst so eine Nachricht schicken?
    Ich konnte ihn anrufen. Ich konnte …
    Das Blatt Papier baumelte zwischen meinen Fingerspitzen.
    Dann gäbe es keine Privatsphäre mehr. Ich hatte zwar zu Hause eine Telefonnummer, die in keinem Telefonbuch auftauchte, aber meine Daten waren wie die aller Menschen in zahllosen Datenbanken verfügbar und konnten problemlos gefunden werden. Ich knüllte den Brief zusammen und warf ihn in den Papierkorb. Dann holte ich ihn wieder hervor, strich ihn mit der Handfläche glatt und wünschte, er hätte ihn von Hand geschrieben und nicht getippt. Es gab nur eine Möglichkeit, herauszufinden, ob dieser Brief wirklich von Mr D. kam. Ich konnte die Nummer anrufen, ganz einfach.
    Aber nein, nicht jetzt. Ich faltete das Papier zusammen und legte es in die Schreibtischschublade. Aus den Augen, aus dem Sinn.
    Schließlich konnte ich nicht sicher sein, dass der Brief von ihm kam. Ein Gutteil der männlichen Bevölkerung auf diesem Planeten glaubte, Frauen arbeiteten nur deshalb bei einem Radiosender, um einen Mann abzukriegen. Und viele Männer fühlten sich davon angesprochen. Sie schickten Fotos, manchmal mit ihren Katzen und Hunden. Manche, die wohl lieber anonym bleiben wollten, präsentierten stolz ihre Erektion, aber nicht ihr Gesicht. Sie schickten mir ihre Lebensläufe oder lange, ausschweifende Briefe, in denen sie mir erklärten, wir seien im England zur Zeit König Artus’ bereits Seelenverwandte gewesen. Wir zogen einen Haufen merkwürdiger Typen an. So war es, und so würde es immer sein.
    „Du siehst gut aus. Warst du heute im Azure Sky ? Hat alles geklappt?“ Kimberly beugte sich vor und überprüfte im Spiegel der Damentoilette ihren Lippenstift.
    „Hm-hm.“ Einer der Einwegrasierer, die Hugh bei seinem Auszug dagelassen hatte, war ausreichend gewesen.
    „Und jetzt sei bitte nett zu ihm.“
    „Du klingst, als gehörte dir der beste und schönste Puff in Texas.“ Ich schob meine kleine silberne Handtasche unter einen Ellbogen, rückte meinen Shawl zurecht und zwang meine Nippel, sich zu benehmen. Unter dem grauen Neckholdertop aus Seide, das vom Flohmarkt stammte, hatte ich keinen BH an. Über meinen Knien bauschte sich der Taftrock. Um mein Outfit als glückliche Radiomoderatorin auf Geldgeberfang zu komplettieren, trug ich schwarze Nahtstrümpfe und

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