Dirty Talk
sind, desto besser.“ Ich attackierte den Truthahn mit der nächsten Handvoll Füllung.
„Er hat mich angesprochen. Meinte, er würde dich kennen. Er heißt Ivan.“
Mein Löffel fiel klappernd zu Boden. „Was? Wer?“
„Tut mir leid, seinen Nachnamen hat er mir nicht verraten.“ Er hob den Löffel vom Boden auf und betrachtete die Katzenhaare, die jetzt daran klebten. „Soll ich vielleicht noch den Küchenboden wischen?“
„Nein, nein. Ich habe noch viel zu viel Zeit, irgendwelche Sachen fallen zu lassen.“ Ich rammte beide Fäuste in den Truthahn, weil ich hoffte, so meine Hände vom unkontrollierten Zittern abzuhalten.
Ivan. Natürlich Ivan. Ich hatte ihn an jenem Tag im Gemeindezentrum getroffen. Es war bestimmt kein Zufall, wenn er sich zu Thanksgiving hierher einladen ließ. Ich war so eine Idiotin! Wenn ich Harry irgendwann zurückgerufen hätte, wüsste ich jetzt, was los war. Ich wäre dann kein nervöses Wrack, nur weil Patrick jemanden eingeladen hatte, den er vermutlich regelmäßig im Fitnessstudio traf, wo beide trainierten. Und ich machte hier so einen Aufriss und witterte gleich eine Verschwörung.
Ich zog die Hände aus dem Truthahn. Geschafft.
Patrick schmunzelte und drehte das Wasser für mich auf. „Ich … muss mal eben telefonieren“, murmelte ich, wischte die feuchten Hände nach dem Waschen nur flüchtig an der Jeans trocken. „Bin gleich wieder da.“
Ich lief nach oben und fand Harrys Nummer. Zu meiner großen Erleichterung ging er ans Telefon.
„Hi Jo, wie geht’s? Wir haben dich vermisst.“
Sein freundlicher Tonfall beruhigte mich. „Tut mir leid, ich war zuletzt wohl ziemlich schwer zu erreichen. Ich …“
„Ach, ich würde wirklich liebend gerne mit dir plaudern, aber wir haben Familienbesuch. Lass uns nächste Woche übers Geschäft reden, einverstanden? Ich wünsche dir ein tolles Thanksgiving.“
Nun gut. Also spielte er weiter mit mir. Ich legte auf und ging wieder nach unten, wo Patrick den Truthahn zunähte wie ein geübter Schönheitschirurg. Der Tisch war inzwischen mehr oder weniger sauber, und Brady fraß irgendwas Kleines und Blutiges vom Boden.
„Oh mein Gott, was hat er da?“, kreischte ich.
„Ich hab ihm ein Stück Leber gegeben. Der Rest ist auf dem Herd, daraus mache ich Fond.“
„Verdammte Scheiße, hörst du gefälligst auf, in meiner Küche den verfickten Superkoch zu spielen!“ Ich zitterte vor Wut und stapfte zum Herd, um in den Topf zu gucken. Das sah alles sehr professionell aus, mit den restlichen Truthahninnereien, Lorbeerblättern, Sellerie und zerdrückten Pfefferkörnern. Am liebsten hätte ich das Ganze quer durch die Küche geworfen.
Patrick verließ den Raum ohne ein Wort. Ich hörte seine Schritte auf der Treppe Richtung Apartment verklingen.
Ich schob den Truthahn in den Kühlschrank und machte flüchtig sauber. Dann schaltete ich den Herd aus und stellte den Fond ebenfalls in den Kühlschrank. Dabei machte ich einen großen Schritt über die Blutschlieren, die von Bradys Leckerbissen auf dem Fußboden geblieben waren.
Patrick hörte das Wasser in den Leitungen rauschen. Vermutlich nahm Jo ein Bad.
Er versuchte, sie sich nicht nackt vorzustellen.
Er war ein Idiot. Er hätte letzte Woche dieses Meeting am frühen Morgen verschieben und mit ihr ins Bett gehen sollen, statt den freundlichen Bäcker zu spielen. Ob er sich was vormachte, wenn er sich einredete, dass sie schlechte Laune hatte, weil sie geil auf ihn war? Viel wahrscheinlicher war doch, dass sie von den geheimnisvollen weiblichen Hormonen und der Nervosität gepackt war, die es mit sich brachte, wenn man das Haus voll Gäste hatte. Es gab viele andere Gründe für ihre Launen. Er hatte ihr gesagt, er würde warten, bis sie ihm ein Zeichen gab. In dem Moment war es der logische Schritt gewesen und zudem sehr ritterlich und edel und so, aber das ließ theoretisch die Möglichkeit offen, dass sie gar kein Interesse an ihm hatte und ihn nie in ihr Bett bitten würde.
Allerdings hatte sie Interesse. Das wusste er.
Nachdenklich schaltete er den Computer ein und loggte sich mit seinem sogenannten Wichsaccount ein. Es war die Art Benutzerkonto, über das Jungs in der Bar gern Witze rissen. Mehr als einmal hatte Patrick seinen Kumpels Tipps geben müssen, wie sie den Cache leerten oder eine Partition ihrer Festplatte vornahmen, falls ihre Freundinnen oder Ehefrauen gern herumschnüffelten.
Er hatte gerade seine Hose geöffnet, als die Tür aufging – Himmel,
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