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Dirty

Dirty

Titel: Dirty Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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Jahren weg und kehrte niemals zurück.“
    Es gab noch mehr Erinnerungen an meinen Dad. Was Andrew betraf, würde es schon schwieriger werden. „Er hat mit uns gespielt, selbst als er schon zu alt dafür war. Er hat mir gezeigt, wie man freihändig Fahrrad fährt. Und er war der Erste, der uns eine Geschichte über Prinzessin Pennywhistle erzählte.“ Ich sprach weiter, auch wenn ich womöglich wie eine Irre klang. Und wieder weinte ich, diesmal nicht ganz so mühelos. Die Tränen machten meinen Rollkragen nass, und mir wurde kalt. „Er war mein Bruder, und ich habe ihn geliebt. Selbst als ich das hasste, was er tat.“
    Und dann geschah dieses Etwas, worauf ich gewartet hatte, wenn es auch nach wie vor nicht so dramatisch war wie ein Engelschor oder eine billige Horrorvision. Ich ließ los. Nicht alles, nicht alles auf einmal, aber ich atmete die kühle Herbstluft tief ein und spürte, dass eine Last von mir genommen war. Ich wischte mir übers Gesicht. Atmete noch einmal tief ein.
    Dann konnte ich den Friedhof verlassen.
    Wenn man sich entschuldigen will, ist es immer besser, ein Friedensangebot mitzubringen. In meinem Fall handelte es sich um eine Schachtel mit Schokoladen-Éclairs und zwei Tassen Kaffee mit Haselnussgeschmack. Ich klopfte an Marcys Tür.
    Sie sah mit einem gequälten Lächeln auf. „Elle, hallo, komm rein.“
    Sie war früher immer in mein Büro gestürmt und hatte sich einfach auf den Stuhl vor meinem Tisch geworfen. Ich war nicht ganz so unbeschwert, schob ihr aber die knallrosa Schachtel hin. „Ich habe dir etwas mitgebracht.“
    Sie beugte sich vor, um an der Schachtel zu riechen, dann schlitzte sie das Klebeband mit ihrem langen Fingernagel auf. „Mein Gott, du Miststück. Ich bin verdammt noch mal auf Diät …“
    In der Sekunde, in der sie mich Miststück nannte, wusste ich, dass zwischen uns wieder alles in Ordnung war. Aus Marcys Mund war das beinahe ein Kosename. Ich hob die beiden Kaffeebecher in die Höhe. „Guten Kaffee habe ich auch dabei.“
    „Ach mein Gott, ich liebe dich. Koffein soll ja die Fettverbrennung verlangsamen, aber ich kapier zum Teufel nicht, wie das gehen soll.“
    Wir hoben unsere Becher, dann biss sie in ein Éclair und stöhnte so laut, dass ich lachen musste. Als ich dann selbst probierte, gelange es mir, ihre Begeisterung zu imitieren. Gemeinsam schwelgten wir in Zucker und starkem Kaffee.
    „Marc?“, sagte ich dann. „Es tut mir leid.“
    Sie winkte ab. „Kein Ding, Schätzchen. Ich bin auch ein neugieriges Miststück, ich geb's ja zu.“
    „Nein. Du wolltest eine gute Freundin sein, und ich war keine. Entschuldige.“
    „Jetzt mach nicht so ein Theate?“, rief sie.
    „Marcy, verdammt! Ich versuche mich zu entschuldigen, würdest du bitte zuhören? Bitte?“
    Sie nickte lachend. „Gut, in Ordnung. Ich war ein neugieriges Miststück und du ein verschlossenes Weibsbild. Sind wir quitt?“
    „Quitt.“ Ich lehnte mich zurück. „Ich habe den Bürotratsch vermisst?“
    Sie klatschte in die Hände. „Ooooh, da hätte ich was für dich.“
    Eine volle halbe Stunde Arbeitszeit verbrachten wir damit, über den neuen Mitarbeiter in der Poststelle zu kichern. Marcy war davon überzeugt, dass er nebenbei als Stripper arbeitete. Mir war er bisher noch gar nicht aufgefallen.
    „Wie meinst du das, er ist dir nicht aufgefallen?“, krähte sie. „Bist du blind? Oder tot? Sind deine Beine zusammengeklebt?“
    „Ich dachte, du willst heiraten.“
    „Ich werde heiraten, aber nicht sterben. Es ist doch in Ordnung, sich ein wenig umzuschauen, Elle.“ Sie machte eine Pause. „Ich würde Wayne davon natürlich nichts erzählen.“
    „Natürlich nicht.“
    Sie kratzte etwas Schokolade von dem nächsten Éclair und leckte es von den Fingern. „Und … was machst du so? Davon abgesehen, dass du mich mit ekelhaftem Gebäck verführst und dafür sorgst, dass ich dick und fett werde?“
    „Mir geht es gut.“ Ich nahm noch ein Éclair. Gelbe Creme tropfte auf meine Finger, und ich leckte sie ab.
    „Schön.“
    Ich gab vor, nicht zu bemerken, wie sehr sie sich bemühte, kein neugieriges Miststück zu sein. „Mir geht es wirklich gut, Marcy. Und nein, ich habe ihn nicht angerufen.“
    Sie warf mir eine Serviette zu. „Warum denn nicht? Ruf ihn an?“
    „Es ist zu spä?“, erklärte ich. „Manche Dinge funktionieren einfach nicht. Das ist alles.“
    „Woher willst du das wissen, wenn du es gar nicht versuchst, meine Liebe?“
    Ich betrachtete ihr ernstes

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