Disco Dracula
Särge hingen an langen Bändern, und sie schwankten wie Boote auf hoher See, als die weiblichen Blutsauger sich aufrichteten.
Ja, es waren Blutsauger, denn sie öffneten ihre Lippen, und jeder sah die Zähne.
Aus dem Oberkiefer stachen zwei Hauer.
Vampirzähne!
Bereit, in die Hälse der Opfer zu stoßen, um den Weg zum Blut des Menschen vorzubereiten.
Sie warteten, bis sich das Schaukeln der Särge gelegt hatte, und blickten sich dabei um.
Eigentlich musste jeder das Gefühl haben, von den Blicken der weiblichen Blutsauger getroffen zu werden. Auch ich meinte, die grausamen Augen würden bis auf den Grund meiner Seele schauen, aber während zahlreiche Gäste die Augenlider senkten, hielt ich den Blicken der beiden stand.
Das merkten sie.
Zuckten sie nicht zusammen? Verzerrten sich nicht ihre Gesichter für einen winzigen Augenblick? Hatten sie vielleicht erkannt, dass hier jemand stand, der ihnen paroli bieten würde.
Ja, Freunde, dazu war ich fest entschlossen. Meine Erfahrungen mit dieser Vampirbrut hatte ich gesammelt.
Es ging weiter.
Die Särge der beiden Vampirschwestern rahmten den von Drago ein.
Jetzt drehten sich die gefährlichen Blutsaugerinnen auf der Stelle, damit sie den Sarg des Meisters auch anschauen konnten. Im nächsten Augenblick bückten sie sich, packten die Sargdeckel und schleuderten sie auf die Tanzfläche.
Mit einem peitschenden Laut schlugen sie auf, und nicht wenige Gäste zuckten zusammen, als hätten sie einen Schlag erhalten.
Die Untoten waren noch nicht fertig. Gemeinsam bückten sie sich und beugten sich dabei vor. Ihre Finger griffen nach dem Deckel der mittleren Totenkiste und hoben ihn hoch. Dann schleuderten sie ihn auch zu Boden. Mit der Kante prallte er auf und kippte um, wobei es einen Schlag gab.
Drago hatte freie Bahn.
Er richtete sich auf.
Eine schauerliche Gestalt erschien. Uralt, mit den Spuren der vergangenen Jahrhunderte behaftet und dabei einen Gestank ausströmend, der an eine Mischung aus frischem Blut, Moder und Grab erinnerte.
Ich hörte in meiner näheren Umgebung flüsternde, ängstliche Stimmen.
Ahnten die jungen Gäste vielleicht, dass dieser Vampir, wie auch die beiden anderen, echt waren.
Konnte sich überhaupt jemand so verkleiden.
Er öffnete sein Maul.
Ja, Freunde, ich kannte das Gesicht, hatte es oben zwischen den Balken schimmern sehen und sah nun wieder die beiden langen, leicht gebogenen Zähne, die bereit waren, in die Hälse der zahlreich vorhandenen Opfer zu stoßen.
Ich machte mich bereit.
Nie würde ich es zulassen, dass die verdammten Blutsauger unter den Gästen ihre makabere Nahrung fanden. Meine rechte Hand legte sich auf den Griff der Beretta.
Die Entfernung war ziemlich günstig, zudem standen die drei Blutsauger im Licht.
Ich wollte sie vernichten!
Ein gellendes Lachen ließ mich zögern. Ro Bittl, der Discjockey hatte es ausgestoßen. Es schwang durch das Gewölbe und verklang irgendwo.
Dann verstummte es. Dafür hörte jeder die Stimme des Mannes. »Es ist soweit!« brüllte er. »Ihr seid gekommen, um die Horror-Schau zu erleben. Jetzt beginnt sie. Darf ich als Vampire, aber als echte, vorstellen: Zwei Frauen, Gitti und Gaby. Sie werden euer Blut trinken, denn sie gehören wie auch ich nur einem Meister. Drago, dem alten Vampir, dem in der Vergangenheit so übel mitgespielt worden ist. Jetzt kommt unsere Rache. Hol sie dir!«
Wieder das Lachen.
Ich sprang vor.
Im gleichen Augenblick ließen sich die Blutsauger aus den Särgen kippen und prallten auf die Tanzfläche.
Und dann verlöschte das Licht!
***
Rücksicht durfte ich nicht nehmen. Jetzt nicht mehr, wo es um alles oder nichts ging. Die Existenz dieser Menschen stand auf dem Spiel, die Vampire hatten ihr grausames Finale eingeläutet und wollten, dass es auch in ihrem Sinne beendet wurde.
Vor mir standen die Gäste. Sie versperrten mir den Weg, und für mich wurde es eng. So eng, dass ich meine Beretta nicht ziehen konnte, denn einige wichen ängstlich zurück, und ich kollidierte mit ihnen. Hinzu kam die verdammte Dunkelheit, die noch keine Panik verursachte, an die man sich jedoch erst noch gewöhnen musste.
Es war nicht völlig finster. Zwar leuchteten die Scheinwerfer nicht mehr, die ansonsten ihre Lichtkegel auf die Tanzfläche warfen, aber die zahlreichen Birnen über der Theke bildeten dennoch ein helles Muster.
Mit beiden Händen pflügte ich mir den Weg frei. Ich musste hindurch und in die unmittelbare Nähe dieser blutsaugenden Bestien
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