Disco Dracula
sie mir.
»Danke.«
Ich passierte die rechts neben mir liegende Garderobe und schaute auf Gästerücken. Die Jungen und Mädchen hielten das Ende des Tresens umlagert, und sie kamen mir im Halbdunkel vor wie eine Wand.
Diese Disco war wirklich brechend voll. Ich wusste überhaupt nicht, wo ich hergehen sollte, denn ich wollte möglichst nahe an den Ort des Geschehens herankommen.
Das war gar nicht einfach, denn wo die Leute standen, da standen sie auch.
Als ich mich reckte, konnte ich die drei Särge sehen. Sie hingen von der Decke und wurden rotviolett angestrahlt. Dieselbe Farbe fiel auch über den Discjockey, der zum Glück etwas erhöht stand, so dass ich ihn auch von meinem Standort aus sehen konnte.
Er sprach, und auch ich vernahm seine Worte, die den, letzten Winkel der Disco ausfüllten.
Roland Bittl verstand es, durch geschickte Worte die Angst der Leute zu steigern. Er manipulierte sie regelrecht in eine stumme Panik hinein, und seine Reden wurden von der Schreckensmusik noch untermalt.
Das war gut gemacht.
Trotzdem konnte ich nicht hierbleiben. Ich hatte sehr wohl das Vampirgebiss des jungen Mannes bemerkt. Nach meinen letzten Erfahrungen im Stall war anzunehmen, dass die Zähne nicht aus Kunststoff bestanden, sondern echt waren.
Der Discjockey war ein Vampir.
Und wer noch?
Leider wusste ich nicht, wie der Besitzer aussah. Mit ihm hätte ich gerne einige Worte gewechselt.
Der Tresen war wabenförmig aufgebaut. Ich stand noch immer in Nähe der Garderobe und sah rechts von mir eine Treppe, die zu den oberen Etagen führte. Die Stufen bestanden aus Holz, waren breit angelegt und verschwanden weiter oben in der Dunkelheit.
Ich bewegte mich von der Treppe weg auf die linke Seite der Theke zu, wo sich auch tief unter den herabgezogenen Gewölbedecken Nischen befanden. Sie waren samt und sonders besetzt. Allerdings waren die Gäste alle aufgestanden, um einen besseren Blick auf die Tanzfläche und den Arbeitsplatz des Discjockeys zu besitzen, denn dort zog Ro Bittl weiter seine Schau ab.
Auch ich merkte, dass etwas nicht stimmte. Die Atmosphäre war anders.
Das war kein nachgemachtes Grauen, kein Jahrmarktsspuk, sondern verdammt echt.
In die Disco Dracula hatte in der Tat das Böse Einzug gehalten. Es lauerte nur darauf, um zuschlagen zu können.
Ich drängte mich an den jungen Gästen vorbei. In manchen Gesichtern las ich regelrechte Angst. Vor allen Dingen bei den Mädchen. Die Jungen versuchten, tapfer zu sein, doch ihr Grinsen wirkte meist wie eingefroren. Jeder hier spürte instinktiv, dass einiges anders war als sonst.
Ober dem Tresen befanden sich waagerecht verlaufende Holzbalken. An ihnen waren Glühbirnen befestigt, die intervallweise aufflackerten und eine laufende Reihe bildeten.
Ich drängte mich weiter vor. Mit leise gemurmelten Entschuldigungen schaffte ich es, dichter an die Tanzfläche heranzukommen. Man machte mir Platz. Ich hatte das Gefühl, dass die meisten Gäste überhaupt nichts merkten. Sie alle waren sehr gebannt und starrten nur auf die Tanzfläche.
Die Worte des Discjockeys hörte ich zwar, nahm sie aber nicht besonders auf. Ich hatte nur Augen für die drei Särge, die unbeweglich unter der Decke hingen.
Die Musik war mal leise, dann wieder lauter. Es kam immer darauf an, ob der Discjockey etwas sagen wollte.
Schließlich ging es nicht mehr weiter. In der Nähe der Tanzfläche standen sie wirklich dicht an dicht. Ich hätte die Gäste zur Seite stoßen müssen, um durchzukommen. Das ließ ich erst einmal bleiben, denn noch war es nicht soweit.
Erst wenn die Gefahr wirklich vorhanden war, wollte ich selbst eingreifen.
Ich schaute nach rechts. Dort ging es zu den Toiletten und gleichzeitig in einen breiten Gang hinein, wo auch noch Tische standen und sogar einige Spielautomaten.
Ein wenig konnte ich mich noch nach rechts drücken. Neben mir sah ich einige junge Gäste. Einer von ihnen hatte den Arm um die Schultern eines Mädchens gelegt, das sich eng an den »Beschützer« drückte. Es hatte Angst, das sah ich sofort. Der junge Mann trug einen Schnäuzer auf der Oberlippe, und er wurde von einem anderen aus der Gruppe angesprochen.
»Gut, dass ich einen Pfahl mitgebracht hatte«, sagte der blondhaarige Sprecher.
Der andere gab keine Antwort. Er schien nichts gehört zu haben. Ich aber schaute nach unten und sah tatsächlich einen Eichenpfahl in der Hand des Sprechers.
Das wunderte mich allerdings.
Wussten diese jungen Leute hier auch Bescheid, was
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