Disziplinmanagement in der Schulklasse
(z. B. sozialpädagogische Familienhilfe) ergänzt werden kann. So ist es möglich, dass ein Schüler mit notorischen Hausaufgabenversäumnissen, die auf familiäre Strukturdefizite zurückzuführen sind, eine Zeitlang eine Hausaufgabenbetreuung erhält.
Wird das unterrichtliche Störverhalten trotz Beratung, sozialpädagogischer Betreuung und Therapie nicht spürbar reduziert und gefährdet der Störer in immer stärkerem Maße den Lernerfolg der Mitschülerinnen und Mitschüler, wird die Schule eine sonderpädagogische Maßnahme in Erwägung ziehen müssen. Bevor eine Überweisung an eine Sonderschule für Erziehungshilfe beantragt wird, sollte in einer Helferkonferenz, an der die schulischen und außerschulischen Partner teilnehmen, eine Ist-Analyse stattfinden. In dieser Runde ist ehrlich zu bilanzieren, warum es keine Fortschritte gegeben hat. Gleichzeitig ist auch zu reflektieren, ob im bisherigen Hilfekonzept noch Korrekturen mit der Aussicht auf eine Verhaltensänderung möglich sind. Ist dem nicht so, führt nichts mehr an einem Überweisungsantrag vorbei. Er ergeht an die Schulaufsichtsbehörde, die eine Schule für Erziehungshilfe mit der Überprüfung des sonderpädagogischen Förderbedarfs beauftragt. Aus der Diagnose erfolgt entweder eine ambulante Hilfe oder eine direkte Überweisung in die Erziehungshilfe-Schule. In besonders schweren Fällen, insbesondere wenn das Jugendamt oder ein Familiengericht eine häusliche Erziehungsunfähigkeit feststellen, kann der Schüler auch in eine Heimsonderschule überwiesen werden.
Exkurs: Ausgeprägte Aufmerksamkeitsstörung mit Hyperaktivität (ADHS)
Deuten die schulischen Beobachtungen und die diagnostischen Erkenntnisse bereits konsultierter Beratungsstellen darauf hin, dass eine ausgeprägte Aufmerksamkeitsstörung mit Hyperaktivität (ADHS) vorliegt, sollten die Elternzu einer medizinischen Konsultation motiviert werden. In Frage kommen sowohl privat praktizierende Spezialisten (Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kinderarzt) als auch klinische Einrichtungen (Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kinderklinik). Wird die ADHS-Hypothese unter Ausschluss von anderen Störungen (z. B. Schilddrüsenüber- oder -unterfunktion) bestätigt, wird man die Störung meist durch eine Kombination von medikamentöser Basisbehandlung und zusätzlicher verhaltenstherapeutischer Maßnahmen angehen. Die behandelnden Fachpersonen sollten die Schule auch darüber informieren, wie sie die medizinisch-psychologische Therapie pädagogisch unterstützen kann. Um diese Kooperation zu ermög-lichen, müssen die Eltern den Arzt beziehungsweise den Psychologen von der Schweigepflicht entbinden. Unter der Voraussetzung, dass dies tatsächlich auch erfolgt ist, ist ein regelmäßiger Austausch über die Situation des Kindes zu vereinbaren.
Unabhängig von individuellen Empfehlungen der externen therapeutischen Helfer können folgende Tipps für Lehrpersonen hilfreich sein:
Berücksichtigen Sie immer, dass gravierend aufmerksamkeitsgestörte Kin der nicht aus Aggressionslust stören, sondern weil sie aufgrund eines neurogenen Problems sich nicht steuern können.
Reduzieren Sie Ablenkungen auf ein Mindestmaß und sorgen Sie vor allem dafür, dass das Kind möglichst vorn in Ihrer Nähe sitzt und auf seiner Tischfläche nur aktuell notwendige Lern- und Arbeitsmittel liegen.
Geben Sie klare und kurze Arbeitsanweisungen. Wiederholen Sie diese gegebenenfalls oder fordern Sie das Kind auf, diese zu wiederholen.
Gliedern Sie den Lehr-Lern-Prozess in kurze und überschaubare Arbeits schritte mit Verschnaufpausen dazwischen.
Achten Sie darauf, dass viele aufmerksamkeitsgestörte Kinder in den großen Pausen und im Sportunterricht in ausreichendem Maße ihren Verhaltensüberschuss loswerden können.
Unterbrechen Sie Störverhalten ruhig und klar durch kurze verbale Bot schaften («Stopp Steffen») und nonverbale Signale (z. B. Blickkontakt, Signalkarten).
Verstärken Sie positives Verhalten und auch noch so kleine Verhaltens fortschritte systematisch durch Lob und materielle Verstärker.
Zum Nachdenken
Simone besucht die 8. Klasse des Gymnasiums. Sie ist 15 Jahre alt und lebt in einer Einelternfamilie. Der Vater hat die Familie vor drei Jahren verlassen. Weder die Mutter noch Simone haben Verbindung zu ihm.
Simone ist ein couragiertes und selbstbewusstes Mädchen. Wenn ihr etwas nicht passt, spricht sie dies offen aus. In der Machthierarchie der Klasse befindet sie sich auf den oberen
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