Disziplinmanagement in der Schulklasse
zentrale Schlussfolgerung aus seinen Unterrichtsstudien lautet: Erfolgreiche Lehrerinnen und Lehrer verfügen über besonders wirksame Methoden der Klassenführung:
Allgegenwärtigkeit: Den Blick so wandern lassen, dass das Klassengesche hen überschaubar bleibt und dies den Schülern auch bewusst wird.
Überlappung: Sich gleichzeitig um mehrere Vorgänge kümmern. Zum Beispiel einem Schülerbeitrag zuhören und mit der Hand einen anderen Schüler um Ruhe bitten.
Reibungslosigkeit und Schwung: Den Unterrichtsablauf bzw. den Phasen wechsel so gestalten, dass es nicht zu Verzögerungen kommt.
Überdrussvermeidung: Durch Abwechslung und Forderung das Interesse der Schüler wecken und aufrechterhalten.
Aufrechterhaltung des Gruppenfokus: Viele dran nehmen und sich über deren Leistung informieren.
Kounins Techniken der Klassenführung sind sehr plausibel, und sie dürfen im Repertoire einer Lehrperson nicht fehlen. Dennoch sei vor der Annahme gewarnt, dass ihre Anwendung garantiert störungspräventiv wirkt. Denn man muss wissen, dass Kounins Untersuchungen und ähnliche Klassenzimmer-Studien (z. B. Rheinberg/Hoss 1979) in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts stattfanden. Seither haben sich das Erleben und Verhalten von Kindern und Jugendlichen so stark verändert, dass ein breiter angelegtes Konzept der unterrichtlichen Störungsprävention vonnöten ist.
Positive Autorität
Der springende Punkt ist, ob man Autorität hat oder eine Autorität ist.
Erich Fromm
Lange Zeit war der Begriff «Autorität» in der pädagogischen Diskussion negativ besetzt. Hauptgrund war, dass man ihn mit «autoritär» gleichsetzte, also mit dem gezielten Unterdrücken der Selbstentfaltung.
Seit dem sprunghaften Anwachsen der Erziehungs- und Disziplinschwierigkeiten ist eine kontinuierliche Gesundung im gestörten Verhältnis zum Autoritätsbegriff festzustellen. Sowohl die Erziehungstheoretiker als auch die Erziehungspraktiker sind mehrheitlich zur Erkenntnis gelangt, dass Kinder und Jugendliche ein angemessenes Maß an Autorität brauchen. Gemeint ist damit weniger die klassische Amtsautorität, sondern die Personenautorität. Das heißt, dass ein Erwachsener durch das Medium seiner Person auf die Lern- und Verhaltensentwicklung positiv einwirkt.
Wer als Lehrperson das Klassenzimmer betritt, ist immer auch Autoritäts-person. Sie übernimmt Führungsverantwortung – egal ob sie Klassenlehrer oder Fachlehrer ist. Das heißt, sie muss dafür sorgen, dass die gesetzten Lernund Verhaltensziele erreicht werden. Wenn sie nicht führt, wird sie recht bald von der Klasse geführt und beherrscht.
Führung ist, sozialpsychologisch definiert, eine zielsetzende und koordinierende Tätigkeit in einer Gruppe oder Organisation. Zu fragen ist, wie sich eine Lehrperson verhalten soll, um von der Klasse als Führungsperson anerkannt zu werden. Nach Memmert (2002, S. 17 ff.) lassen sich darauf folgende Antworten geben:
Sie muss ihre Position als Führungsperson immer wieder sichtbar und hörbar verdeutlichen.
Sie muss in entscheidenden Momenten initiativ werden und klar sagen, was zu tun ist.
Sie muss Verhaltensregeln vermitteln und deren Beachtung einfordern.
Sie muss die Klasse als Gruppe durch neue Impulse, Ziele, Maßstäbe und Aufgaben weiterbringen.
Sie muss die Klasse als Ganzes im Auge haben und auf das gruppen dynamische Gleichgewicht achten.
Sie muss der Klasse das Gefühl geben, dass sie diese nach außen vertritt.
Führung im pädagogischen Sinne darf nicht nur aus Lenkung bestehen. Dann besteht die Gefahr, dass das Beziehungsklima erkaltet. Wer eine Klasse führt, muss Lenkung und Menschlichkeit miteinander verbinden.
Konkret heißt dies, den Schülerinnen und Schülern nahe sein, mit ihnen Freud und Leid teilen sowie Wertschätzung, Verständnis, Interesse und Respekt zeigen. Respekt erkennt man daran, dass die Lehrperson Killerbotschaften wie Ehrverletzungen, Herabwürdigungen, Bloßstellungen und Kränkungen vermeidet. In kritischen Konfliktsituationen erfordert dies ein hohes Maß an Affektkontrolle, denn manche Schülerinnen und Schüler provozieren bewusst, um Spannungen abzubauen oder um Grenzen auszutesten. Statt einer Gegenaggression sollte die Lehrperson dem Schüler die Tatsache der Grenzüberschreitung verdeutlichen und mit seiner ganzen Betroffenheit zurückmelden, was diese in ihm ausgelöst hat. Hat man es in einer Konfliktsituation nicht geschafft, Affekte zu kontrollieren, tut man gut daran, sich zu
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