Diva (DE)

Glenn , dem ersten Amerikaner, der die Erde umkreist, angeschnallt in seinem Astronautensitz in der Kapsel der Friendship-7 -Rakete. Hinter dem kleinen Fenster der Kapsel sehen wir unseren herrlichen blauen Planeten mit den weißen Wolkenwirbeln im tiefen Schwarz des Weltraums zwischen blinkenden Sternen schweben. Während seine behandschuhten Hände an der Unzahl von Steuerinstrumenten vor ihm herumfummeln, hier einen Schalter umlegen, da einen Knopf drehen, beugt er sich über ein Mikrofon und sagt: »Bodenkontrolle, ich glaube, wir haben da ein Problem …«
    Glenn sagt: »Bodenkontrolle, hört ihr mich?« Er sagt: »Hier stimmt was nicht mit der Energieversorgung …«
    Plötzlich erlöschen alle Lämpchen auf dem Steuerpult. Sie blinken kurz auf, dann nichts mehr. Flackernd gehen sämtliche Lichter aus, Glenn ist nur noch im schwachen Schimmer der Sterne zu sehen. Er sitzt in vollkommener Stille, umklammert mit beiden Händen das Mikrofon, und seine Lippen berühren es fast, als er schreit: »Bitte, Houston !« Er kreischt: »Alan Shepard , du Schwein, lass mich nicht hier oben sterben!«
    Die Kamera zieht auf und zeigt die Armaturen in der Konsole hinter Glenns Astronautensessel. Ein Schalthebel in der Mitte der Konsole beginnt sich langsam zu drehen. Hervorgehoben durch ein Führungslicht, ist das die einzige sichtbare Bewegung in der ansonsten düsteren Kapsel.
    Glenn schluchzt leise in der Dunkelheit.
    Nahaufnahme des kreisenden Hebels, unterbrochen von extremen Nahaufnahmen von Glenns Gesicht; sein Schluchzen lässt die Innenseite seines Helms beschlagen.
    Aus dem Off ertönt eine vertraute Stimme: »Halt die Klappe.«
    In der Halbtotalen sehen wir die Konsole hinter Glenn aufschwingen, und Lillian Hellman klettert als blinde Passagierin aus einer Art Vorratsschrank. In einer ungeschnittenen Einstellung tritt sie in eine Luke, über der in Schablonenschrift zu lesen ist: ACHTUNG  – LUFTSCHLEUSE. Hellman sagt: »Wünsch mir alles Gute, Riesenbaby.« Sie holt tief Luft und schlägt mit der flachen Hand auf einen großen roten Knopf, über dem steht: ABSCHUSS. Eine Tür gleitet zu, versiegelt die Luftschleuse, und Lilly schießt in einer Dampfwolke aus der Kapsel in die Umlaufbahn. Sie trägt weder Helm noch Druckanzug, nur ein sportlich elegantes Ensemble aus Hose und Pulli von Adrian .
    Lilly treibt schwerelos im schwarzen Nichts des Weltraums, sie hält die Luft an und macht Bewegungen wie beim Kraulen. Die Arme kreisen, die Beine wedeln, so schwimmt sie an der Raumkapsel entlang bis zu einem kleinen Blechkasten, der dort draußen am Rumpf befestigt ist. Auf dem Kasten steht SOLARMODUL, und gelegentlich spritzen helle Funken daraus hervor. Immer noch die Luft anhaltend, die Backen aufgeblasen und die Stirn konzentriert zerfurcht, zieht Lilly einen Kugelhammer aus der Hüfttasche ihrer Hose, zu der sie farblich abgestimmte Stöckelschuhe von Orry-Kelly trägt. Ihre riesigen Ohrringe und der Türkis-Anhänger sind noch mit Lilly verbunden, treiben aber mangels Schwerkraft haltlos umher. Die Adern an Lillys Schläfen schwellen, sie packt den Hammer mit ihren blauen Fingern, holt aus und hämmert den Stahlkopf auf das Modul. Im Vakuum des Weltraums hören wir nichts, nur Stille und das unentwegte bumm-bumm , mit dem Lillys enormes Herz immer schneller und schneller schlägt. Der Hammer trifft das Modul ein zweites Mal. Funken fliegen. Das graue Metallgehäuse beult sich ein, graue Farbsplitter schweben von der Aufschlagstelle davon.
    Immer wieder schlägt der Hammer zu; mit jedem Schlag wird es lauter, und dann noch lauter, während wir überblenden ins Innere von Katherine Kenton s Küche, wo ich am Tisch sitze und ein von Lilly verfasstes Drehbuch mit dem Titel Rettung im Weltraum lese. Ich trage das schwarze Hausmädchenkostüm, darüber die Latzschürze. Auf dem Kopf das gestärkte Spitzenhäubchen. Die Hammerschläge, eine akustische Überleitung, entpuppen sich als reales Hämmern, das von irgendwo aus dem Stadthaus kommt.
    Die Schläge werden immer lauter und schneller. Schnitt auf das Kopfteil des Betts in Miss Kathies Schlafzimmer, und sogleich erkennen wir, das Hämmern kommt von diesem Kopfteil, es schlägt an die Wand. Der Paarungsakt findet knapp unterhalb des Bildrahmens statt, aber wir vernehmen das schwere Atmen eines Mannes und einer Frau, während Tempo und Lautstärke des Polterns sich noch mehr steigern. Bei jedem Schlag zucken die gerahmten Bilder an den Wänden. Die Vorhangquasten