Diva (DE)
Sahnekännchen.
Als ich sie kennenlernte, war Kathie Kenton ein Niemand. Eine Hollywood-Anwärterin. Hilfskellnerin in einem Steakhouse, die Speisekarten brachte und schmutzige Teller abräumte. Meine Aufgaben sind nicht die einer Stylistin oder Presseagentin, vielmehr habe ich sie zu einer Symbolfigur für Millionen Frauen herangezogen. Milliarden inzwischen. Ich mag keine Schauspielerin sein, aber ich habe ein Vorbild an Energie erschaffen, dem Frauen nacheifern können. Ein lebendes Beispiel für ihr eigenes unglaubliches Potenzial.
Ich sitze am Tisch und nehme einen silbernen Teelöffel von einer Untertasse. Ich halte mir den Löffel vor den Mund und hauche feuchten Atem aus, bis das Metall beschlagen ist. Ich senke den Löffel an den Saum meiner Dienstmädchenschürze und poliere das Silber zwischen den Falten des Stoffs.
In Hellmans Drehbuch sehen wir durch das Fenster der Weltraumkapsel Lillys nackte Schultern, sie bäumt sich vor Wonne auf, ihre Muskeln zucken und beben, während Glenn mit Lippen und Zunge zwischen ihren schwebenden schwerelosen Brüsten herumfährt. Das Traumbild verschwindet, als ihr keuchender Atem das Fensterglas beschlägt.
Ich poliere den Löffel und sage: »Bitte, tun Sie ihr nicht weh …« Ich lege den Löffel aufs Tablett zurück und sage: »Eher bringe ich Sie um, als dass ich zulasse, dass Sie Miss Kathie wehtun.«
Als ich mir mit zwei Fingern das gestärkte weiße Häubchen vom Kopf nehme, ziehen und zupfen die Haarnadeln an einzelnen Strähnen und reißen mir ein paar lange Haare aus. Ich stehe auf, hebe die Arme, mit der Haube in beiden Händen, sage: »Sie sind nicht so clever, wie Sie sich einbilden, junger Mann«, und setze das Häubchen mitten drauf auf diesen schönen Websterkopf.
1. AKT, VIERZEHNTE SZENE
Schnitt zu mir, in vollem Lauf, ich trage einen Trenchcoat über meinem Dienstmädchenkostüm, vorne offen, so dass mein schwarzes Kleid und die weiße Schürze zu sehen sind. Die Kamera fährt mit, während ich einen Weg im Central Park entlanghaste, irgendwo zwischen Dairy und Carousel , ich keuche mit offenem Mund. Im Gegenschuss sehen wir, dass ich auf die Gruppe der Kinderberg -Felsen zulaufe. In meiner Blickrichtung sehen wir mein Ziel, einen aus Backsteinen gebauten Pavillon in Form eines Stoppschilds, der hoch oben auf den Felsen steht.
Zwischenschnitt: Nahaufnahme des Telefons auf dem Tisch im Vorsaal von Miss Kathies Stadthaus. Das Telefon klingelt.
Schnitt zu mir, ich laufe, mein Haar flattert hinter meinem unbedeckten Kopf. Meine Knie stoßen die Schürze bei jedem Schritt hoch in die Luft.
Schnitt zum Telefon, es klingelt und klingelt.
Schnitt zu mir, wie ich Dauerläufern ausweiche. Ich weiche Müttern mit Kinderwagen und Leuten mit Hunden aus. Ich springe über Hundeleinen wie über Hürden. Der Pavillon auf dem Kinderberg vor mir wird immer größer, und wir hören das schauerliche Dampforgelgedudel des Karussells.
Schnitt auf das Telefon, das immer noch klingelt.
Als ich den Pavillon erreiche, sehen wir eine Ansammlung von Leuten, fast alles ältere Männer, die zu zweit an kleinen Tischen sitzen, jedes Paar über die schwarzen und weißen Figuren eines Schachspiels gebeugt. Einige Tische stehen im Pavillon. Andere stehen draußen unter dem überhängenden Dach. Das ist der Schachpavillon, erbaut von Bernard Baruch .
Schnitt zurück auf die Nahaufnahme des Telefons, das Klingeln reißt ab, als Finger ins Bild greifen und den Hörer abnehmen. Wir folgen dem Hörer zu einem Gesicht, meinem Gesicht. Wenn sie es einfacher haben wollen, stellen Sie sich Thelma Ritter s Gesicht vor, wie sie ans Telefon geht. In dieser zwischengeschnittenen Rückblende sehen wir mich sagen: »Haus Kenton.«
Wir sehen weiterhin mich, meine Reaktion am Telefon, und wir hören die Stimme meiner Miss Kathie sagen: »Komm bitte, schnell.« Übers Telefon sagt sie: »Beeil dich, er wird mich umbringen!«
Im Park winde ich mich zwischen den Schachspielern hindurch. Auf den meisten Tischen steht eine Uhr mit zwei Zifferblättern. Sobald ein Spieler eine Figur bewegt hat, schlägt er auf einen Knopf oben auf der Uhr, worauf der Sekundenzeiger einer der beiden Uhren stehen bleibt und der andere Sekundenzeiger weiterläuft. An einem Tisch sagt eine Altmänner-Version von Lex Barker zu einem alten Peter Ustinov : »Schach.« Und schlägt auf die Doppeluhr.
Am Rand der Menge sitzt meine Miss Kathie allein an einem Tisch, in dessen Oberfläche die schwarzen und weißen
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