Diva (DE)
ich bin Rechtshänder !«
In diesem Gegenschuss sehen wir auch, das Theater ist fast leer. King Vidor und Victor Fleming sitzen in der fünften Reihe und stecken flüsternd die Köpfe zusammen. Weiter hinten sitze ich im leeren Saal neben Terrence Terry , wir beide mit Säuglingen auf dem Schoß. Neben uns auf dem Boden strampeln und sabbern weitere Bälger in Weidenkörben. Pummlige rosa Händchen schütteln diverse Rasseln, die meisten Sitze in unserer Umgebung sind von Kindern besetzt.
»Hoffen wir, dass diese Show durchfällt«, sagt Terrence Terry und lässt einen glucksenden Waisen auf seinem Knie hüpfen. »Übrigens, wo steckt eigentlich unser letaler Lothario?«
Ich antworte, nach den gestrigen Ereignissen könne Webb unsere Miss Kathie nur noch hassen.
Auf der Bühne schreit Lilly Hellman: »Alle zuhören! Wir machen das noch mal.« Hellman schreit: »Noch mal von der Stelle, wo die Kamikaze -Flieger der Kaiserlichen Japanischen Armee sich auf Honolulu stürzen, um ihre tödliche Fracht sengenden Todes auf Constance Talmadge abzuwerfen.«
Prachtstück Webster wird zur Zeit im Doctors Hospital behandelt. Nur um dem Stadthaus zu entfliehen, ist Miss Kathie zur Probe gegangen, und Webster Carlton Westward III lässt ein paar kleinere Fleischwunden an Armen und Oberkörper verarzten.
Terry sagt: »Fingernägelkratzer?«
Im Haus, sage ich, sprechen seit Tagen Krankenschwestern vor. Nonnen und Fürsorgerinnen. Ein frisch ausrangierter Säugling nach dem anderen wird gebracht, und Miss Kathie will sich nicht entscheiden. Jedes dieser Babys weniger ein Geschenk des Himmels als vielmehr eine bezaubernde Zeitbombe. Egal wie sehr man eins liebt und knuddelt, es könnte sich immer noch zu Mercedes McCambdridge auswachsen. Oder es könnte einem immer noch das Herz brechen und Sidney Skolsky werden. Nach aller Zuwendung und Sorge und gewissenhafter Aufmerksamkeit kommt am Ende womöglich ein zweiter Noel Coward dabei heraus. Oder die Menschheit hat einen Alain Resnais am Hals. Man braucht sich Webb nur anzusehen, um zu erkennen, dass Miss Kathies Liebe ihn nie und nimmer erlösen wird.
Der Findling auf meinem Schoß trägt ein mit Perlen besetztes Armband, auf dem steht: HERRENLOSER MÄNNLICHER SÄUGLING NUMMER VIERUNDDREISSIG.
Absurde Idee, dass ich ein Kind großziehen soll, solange ich noch meine Miss Kathie zu bemuttern habe. Ein Baby, das ist doch ein unbeschriebenes Blatt, das ist ja, als wollte man einen Nachwuchsschauspieler für eine Rolle anlernen, die man nicht mehr spielen will. Man hofft natürlich, der Ersatz wird dem Stück gerecht werden, insgeheim aber betet man, zukünftige Kritiker werden sagen, man selbst habe die Rolle besser gespielt.
»Sieh mich nicht an«, sagt Terry und schaukelt einen Säugling. »Ich hab genug damit zu tun, mich selbst zu erziehen.«
Obwohl sie mehrmals einem möglichen Tod durch Busunfall oder Essen im Cub Room mit Lilly Hellman von der Schippe gesprungen ist, hat Miss Kathie diesen Webb in ihr Stadthaus einziehen lassen – nur damit wir die nächsten Fassungen seines Buchs besser überwachen können. Sie hat mir gestanden, seit sie wisse, dass Webster ein psychopathischer Mörder ist, ein skrupelloser hinterhältiger Killer, sei ihr Sex noch leidenschaftlicher als je zuvor.
Es war Webb, der Miss Kathie dieses Bühnenprojekt vorgeschlagen hat, der ihr das Buch zu lesen gegeben und ihr gesagt hat, sie wäre die ideale Besetzung für die forsche, draufgängerische Hellman; sie werde von Sammy Davis Jr. verführt und springe mit nichts als einer Flasche Sonnenschutz und dem Befehl, den Vormarsch der Kaiserlichen Armee aufzuhalten, mit dem Fallschirm über Waikiki Beach ab. Im weiteren Verlauf verliebe sie sich in Joi Lansing . Webb zufolge sei ihr für diese Hauptrolle der Tony Award sicher.
Terrence Terry zufolge hat Webster meine Miss Kathie lediglich wieder aufgebaut. Sie sei in den vergangenen Jahren in Vergessenheit geraten. Erstens, weil sie alle Film- und Bühnenprojekte abgelehnt habe. Zweitens, weil sie nicht auf ihr Gewicht und ihre grauen Haare geachtet habe. Eine Generation junger Leute wachse heran, die den Namen Katherine Kenton nie gehört habe und von Miss Kathies Werk nichts wisse. Nein, es wäre nicht gut für sie, wenn sie jetzt sterben würde, vorher müsse ihr noch ein erfolgreiches Comeback gelingen. Deshalb habe Webster Carlton Westward III sie dazu gebracht abzunehmen; sehr wahrscheinlich werde er sie drängen, zu einem
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