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Diverses - Geschichten

Diverses - Geschichten

Titel: Diverses - Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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krampfhaft, wie er seiner Verwirrung Herr werden konnte, ohne Helene zu enttäuschen.
    Ein plötzliches Geräusch ließ ihn zusammenfahren. Türen wurden zugeschlagen und geöffnet, bis rechts von ihm ein oranger Schein aus dem Gebäude drang, gefolgt von raschen Schritten.
    „Nun stell dich nicht an“, rief Mathilda hinter Isabelle her. „Du weißt, warum wir das veranstalten und kannst mir nicht erzählen, dass es so furchtbar für dich ist.“
    Isabelle fuhr herum. „Ich schnuppere an wildfremden, merkwürdigen Gestalten und das zur Belustigung von Film und Fernsehen. Sag mir nicht, dass ich mich anstelle. Wenn ich gewusst hätte …“
    Sie stoppte in ihrem Schritt. Der Moment, in dem sie Peter sah, war zugleich der Moment, in dem ein Windhauch den köstlichsten Duft zu ihr schickte. Unübertroffen in seiner Süße und zugleich von einer dunklen Schwermut, die mit unendlicher Zärtlichkeit ihre Sinne streichelte. Ihr Blick weitete sich. Sie erblickte die hohen Zweige, an denen unzählige weiße Blüten hafteten und zugleich die Gestalt, deren Arme sie mühsam umfingen.
    Große dunkle Augen fanden ihre und Isabelle stockte der Atem, als sich die fein geschwungenen Lippen in Erstaunen öffneten.
    Eine samtene Stimme drang leise an ihr Ohr, doch der Sinn der Worte entging ihr, als sie die zarten seidigen Blütenblätter bemerkte, die sich an seine Kleidung schmiegten, aus seinem Haar aufblitzten.
    „Entschuldigung. Ich … sollte nicht hier sein“, murmelte Peter und wich zurück, als die Frau einen Schritt auf ihn zuging.
    Mathilda verharrte im Hintergrund. Sie versuchte Isabelle Peters Anwesenheit, Helenes Idee zu erklären, doch ihre Worte verhallten ungehört.
    Isabelle streckte langsam ihre Hand aus und diesmal wich Peter nicht zurück.
    „Jasmin“, wisperte sie. „Jasmin hat gefehlt, ist es nicht so?“
    „Jasmin fehlt immer“, antwortete Peter zögernd, als Isabelles Augen aufleuchteten. Ihr dunkles Grau glänzte im orangen Licht, das sie wie ein sanfter Schimmer umgab, und Peter wusste, dass er nie etwas Schöneres gesehen hatte. Keine Blüte, keine noch so perfekte Rose glich dieser Frau, die so selbstbewusst, so elegant, so königlich erschien. Und die ihn zugleich ansah, als trüge er die Lösung für alle Geheimnisse des Universums in sich. Deren Hand immer noch ausgestreckt war, als suchte sie seine Hilfe, als bräuchte sie ihn und sonst niemanden.
    Peter bemerkte nicht, wie ihm ein Teil der Zweige aus den Armen rutschte, als er zögernd nach ihren Fingern tastete, als seine warmen Hände ihr schmales, kaltes Handgelenk berührte, bevor sie sich ineinander verschlangen.
    Isabelle schloss die Augen, als sein Duft sich entfaltete, sie liebkoste und schließlich umfing. Fast fühlte sie sich, als schwänden ihr die Sinne und als sie ihre Augen wieder öffnete, blickte sie in ein fragendes Gesicht, umrahmt von weißen Blütenblättern.
    „Bleib bei mir“, bat sie, noch ehe sie zu sich kommen konnte. „Ich möchte nicht mehr ohne dich sein.“
    Ein Laut hinter Isabelle ließ sie zusammenzucken, als sie aus den Augenwinkeln Mathilda auf sich zukommen sah. Die Freundin strahlte.
    „Ich verstehe nicht“, stieß Peter heiser hervor, ohne seinen Blick von Isabelle zu nehmen.
    „Das ist Schicksal“, jubilierte Mathilda. „Davon hätte ich nicht zu träumen gewagt, aber Helene hatte Recht. Ihr gehört zusammen.“
    Isabelle schluckte, blinzelte und versuchte ihre Gedanken zu ordnen, die wild durcheinanderwirbelten. Bilder und Düfte von nie zuvor empfundener Intensität beschleunigten ihren Herzschlag. Und Peter befand sich in ihrem Zentrum, er nahm ihre Gefühle für sich ein, wie sie es nie zuvor gekannt hatte.
    „Was ist mir dir?“, fragte sie leise, als Peter seinen Blick senkte.
    „Ich kann nicht“, antwortete er und seine Stimme brach. „Ich bin nicht, was du denkst.“
    Isabelle kam näher. Sie hob ihre verschlungenen Hände und legte seinen Arm um ihren Hals. Zwischen ihnen barsten die Knospen, brachten die Welt dazu stillzustehen, als sie flüsterte: „Du bist genau der, den ich gesucht habe“, flüsterte sie. „Was vorher war spielt keine Rolle. Die Zukunft existiert nicht. Aber jetzt halte ich dich fest und lasse nicht mehr los, solange du mich willst.“
    Als er seinen Kopf an ihrer Schulter barg, funkelten Blitzlichter, brandete der Applaus auf. Und der Duft des Jasmin füllte ihre Herzen und trug sie davon in die Schönheit der Nacht.

Unterwegs
    Der kleine Junge bemühte

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