Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Diverses - Geschichten

Diverses - Geschichten

Titel: Diverses - Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
Vom Netzwerk:
Vortrag und endlich etwas Ruhe.
     
    Die Kantine leerte sich langsam. Die meisten suchten das Weite, getrieben von dem Wunsch nach einer Zigarette oder etwas Stärkerem, das ihnen helfen konnte, den Tag zu überstehen.
    Bobby schnalzte verächtlich mit der Zunge. Unvorstellbar, wie jemand, der sein Leben dem Dienst an der Gemeinschaft widmen wollte, so verantwortungslos mit seinem Körper umgehen konnte.
    Zwei ältere Männer, die gerade eintraten, zogen seine Aufmerksamkeit auf sich.
    “Ich weiß, dass du mir nur helfen willst”, zischte der eine von ihnen zwischen den Zähnen hervor, und versuchte den Arm abzuschütteln, mit dem der andere versuchte, ihn zu stützen.” Aber ich wünschte, du würdest es bleiben lassen!”
    Der Sprecher trug dunkle Schatten unter den Augen, war unrasiert und offensichtlich hastig angekleidet, wie das schief zugeknöpfte Flanellhemd bewies. Der glasige Blick und die unsicheren Bewegungen, ließen keinen Zweifel daran, dass er unter massivem Alkoholeinfluss stand.
    “Jetzt trinkst du erst einmal einen Kaffee, Henning, und dann sprichst du mit den Kindern hier.” Auch bei dem anderen Mann schienen die Nerven blank zu liegen.
    “Irgendwann musst du doch wieder zu dir kommen, ich kann dir nicht ewig den Rücken freihalten.”
    “Du hast keine Ahnung, wovon du redest”, nuschelte der Blonde, gab aber dann den Kampf auf und ließ sich beinahe willenlos zu einem Sitz an der Theke führen, und sich eine Tasse mit dampfendem Inhalt aushändigen.
    “Du weißt nicht, wie das ist, Michael!”
    “Nein, ich weiß es wirklich nicht”, erwiderte dieser, ein wenig sanfter gestimmt. “Und ich bin froh, dass ich es nicht weiß. Aber das Leben muss schließlich weitergehen und...”, er zögerte. “Jede Trauer muss einmal ein Ende haben.”
     
    Henning schüttelte den Kopf und nippte an seinem bitteren Getränk, schob es jedoch sogleich angeekelt beiseite. Michael seufzte und lehnte sich zu ihm herüber. “Du weißt doch, dass dieser Vortrag schon vor Monaten zugesichert worden ist.” Er kratzte sich nachdenklich an der Schläfe.
    “Du weißt, ich würde es dir ja gerne abnehmen, aber mir fehlt einfach die notwendige Felderfahrung. Und diese Jungen brauchen einen Bericht aus erster Hand. Und dann weißt du doch, wie wenig Geduld ich mit Kindern habe, und du sie doch schon für den Einsatz trainiert...” Zu spät biss er sich auf die Zunge. Der Schleier, der sich wie eine eisgraue Wolke über Hennings Augen legte, sagte ihm deutlicher als jede Entgegnung es hätte tun können, in welches Fettnäpfchen er getreten war.
    Resignierend wandte er den Blick ab, beobachtete geistesabwesend den jungen Burschen, der geflissentlich aus dem Fenster sah, vollkommen bewusst den Eindruck erweckend, als würde er nicht zuhören. Ein Lächeln zuckte in seinen Mundwinkeln auf, obwohl ihm keineswegs danach zumute war, verschwand sofort wieder, als er den Ausdruck in der Miene des Studenten zu deuten begann.
    Er ergriff Hennings Hand und drückte sie kräftig, um den trauernden Freund aus seinen dunklen Gedanken zu reißen.
    “Ich habe einen Anzug und einen Rasierer im Auto. Zuerst einmal werden wir einen Menschen aus dir machen, und dann ziehst du das hier durch.”
    Energisch richtete er sich auf, zog den schmalen Mann auf seine Füße und schob ihn entschlossen Richtung Ausgang.
     
    Die Blicke des Jungen folgten den beiden Männern auf ihrem Weg, bohrten sich in Hennings Rücken, blieben schließlich an dem Wirrwarr ungekämmter Haare hängen. ‘Die anderen hatten recht. Es gab nichts, das dieses Wrack ihm noch würde beibringen können.’
    Einen Moment fragte er sich noch, was es wohl sein konnte, das einen Menschen derartig zu zerstören vermochte, aber schüttelte den Gedanken im selben Augenblick wieder ab.
    ’Niemand, und schon gar kein Soldat dieses Landes, hatte das Recht sich so gehen zu lassen, für so ein Verhalten gab es einfach keine Entschuldigung.’ Davon war er, blieb er überzeugt - zumindest solange bis Henning Meier begann, von seinem Leben und seinen Erfahrungen zu berichten.

Verlag:
BookRix GmbH & Co. KG
Einsteinstraße 28
81675 München
Deutschland

Tag der Veröffentlichung: 07.07.2013

http://www.bookrix.de/-sigridlenz

ISBN: 978-3-7309-3578-1

    BookRix-Edition, Impressumanmerkung
Wir freuen uns, dass Du Dich für den Kauf dieses Buches entschieden hast. Komme doch wieder zu BookRix.de um das Buch zu bewerten, Dich mit anderen Lesern auszutauschen oder selbst Autor zu

Weitere Kostenlose Bücher